fahri
31.03.2020, 11:59
(31.03.2020, 10:31)Lancelot schrieb: [ -> ]Hi fahri,
sorry für meinen aggressiven "rant"....
Kein Problem, ich kann da gut mit um
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Im Kern glaube ich sind wir näher beieinander als es auf den ersten Blick aussieht.
Du hast vollkommen Recht, es werden Ängste geschürt über die wirtschaftlichen Folgen, die das ganze aller
Voraussicht nach haben wird. Aber das betrifft eben auch die andere Seite der Medaille, sprich auch was die
Todeszahlen, die Folgen usw. betrifft wird ebenso übertrieben. Aktuell sprechen wir eben über 650 Tote
in DE. Jeder Einzelne ist zuviel, wenn man ihn verhindern kann - gar keine Frage.
Ich habe nur die Sorge, das wenn wir zu sehr auf dem Bremspedal stehen bleiben, wir irgendwann mit Kollateralschäden
rechnen müssen, die kaum jemand auf dem Schirm hat und sich in ganz andere Bereiche erstrecken. Einfach gesagt was nützt
es, wenn am Ende 100.000 Tote weniger zu verzeichnen sind bezüglich Corona, aber 50.000 Tote an anderen Stellen, die
direkt oder indirekt durch die Maßnahmen sterben zzgl. einem Land welches wirtschaftlich in Trümmern liegt ?
Das sich ein Politiker das Leben genommen hat, weil er kein Ausweg aus dem jetzigen Szenario mehr gesehen hat, mag
ein Einzelfall sein - hängt aber trotzdem damit zusammen. Ich nehme aber mal, weil es mich persönlich sehr betrifft,
ein einfaches weiteres Beispiel:
Die Schlagader meiner Mutter ist zu 70-80 % zu, sie läuft also massiv Gefahr einen Schlaganfall zu erleiden. Sie ist
"erst" 70, eigentlich auch noch zu jung zum sterben. Festgestellt hat man das bei einer Routine Untersuchung vor 14 Tagen
und innerhalb von ein paar Tagen unter Hochdruck einen Termin für eine OP gemacht, der wäre letzten Dienstag gewesen.
Diese OP ist abgesagt worden, wegen der Ansage von Herrn Spahn die Krankenhäuser frei zu halten.
Im Normalfall wäre sie heute entlassen worden und max zwei Tage auf Intensiv verblieben. Die beiden in Frage kommenden
Krankenhäuser hier oben im Norden denken - HEUTE - daran Kurzarbeit für Ärzte und Pflegepersonal anzumelden, weil
nach wie vor alle Betten weitestgehend leer sind !?
Natürlich ist das ein Einzelschicksal, mir schon klar, sollte sie nun versterben ist das eben auch ein möglicher Kollateralschaden, der so nicht
nötig ist. Je länger wir das aufrecht erhalten, desto mehr solcher Schäden werden entstehen.
Hier wird auf beiden Seiten (Wirtschaft und Gesundheit) mit Horroszenarien gearbeitet und irgendwie wird man das Gefühl nicht los,
das die Verhältnismässigkeit nicht stimmt. So genau, wie du es eben gerne darstellst oder dir auch wünscht, sind die Voraussagen der Wissenschaftler
eben auf beiden Seiten leider nicht.
Ich möchte auch mit keinem der Entscheidungsträger aktuell tauschen, gewinnen kann man in einer solchen Situation eben nicht,
aber ein wenig fehlt mir einfach die Abwägung ab wann wir vielleicht überreagieren mit diesen Maßnahmen. Vorsicht ist gut,
aber je mehr Tage vergehen, desto größer werden eben auch die von mir beschriebenen Schäden. Ich für meinen Teil denke,
das der 20.04 ein gut gewählter Termin ist, wir aber dann auch tatsächlich anfangen sollten zu lockern, vielleicht dann mit
regionalen Lockerungen usw. Ich komme aus Schleswig-Holstein, wir sprechen nach wie vor über ein paar hundert Infizierte
hier oben und einer Handvoll Toten - was mich eigentlich wieder zu dieser unsäglichen Zählweise führt. Jeder, bei dem Corona
diganostiziert wurde und danach aus welchem Grund auch immer stirbt, scheint in diese Statistiken mit reinzufallen. Das erklärt
auch die vermeintlich hohe Todeszahl derjeniger mit schweren Vorerkrankungen. Kein Mensch weiss ob diese nicht ohnehin an
Ihrer Grunderkrankung verstorben wären oder sogar sind. Das kann einen dann schon mal nachdenklich machen, da kann
ich mich auch nicht von frei machen, insbesondere wenn ich dann die aktuellen Gesamtzahlen in Relation sehe.
Ich weiss, das ich damit sicher anecke, und vielleicht ist auch der Frust/die Angst bezüglich der Sinnlosigkeit hinsichtlich der
Situation meiner Mutter im Moment größer als ich mir eingestehen möchte, aber dieses Gefühl habe ich schon seit Anfang an.