12.12.2019, 10:42
"Zombie-Unternehmen"
Kein Entrinnen vor der Pleite
Stand: 12.12.2019 06:45 Uhr
Experten sind alarmiert: In Europa gibt es immer mehr Zombie-Firmen, die nur noch künstlich mithilfe von Neuschulden am Leben gehalten werden. Schuld daran ist die EZB.
Von Angela Göpfert, boerse.ARD.de
Droht uns eine Zombie-Apokalypse? Sollte man sich jetzt besser in einem Einkaufszentrum verschanzen? Fachleute geben Entwarnung. Tatsächlich besorgniserregend ist aber die rasant steigende Zahl so genannter Zombie-Unternehmen...
Verheerende Statistiken
Nach Angaben des Bankhauses Metzler sind heute mehr als zwölf Prozent aller börsennotierten Unternehmen sogenannte Zombie-Firmen. Vor knapp 30 Jahren lag dieser Anteil bei nur zwei Prozent.
Auch in Deutschland sind es nicht wenige Unternehmen, die sich trotz guter Wirtschaftslage in den letzten Jahren auf dieser Vorstufe zur Insolvenz befinden. Nach Berechnungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sind derzeit 7,9 Prozent und damit jedes 13. Unternehmen hierzulande als "nicht kreditwürdig" einzustufen. In absoluten Zahlen entspricht dies knapp 295.000 betroffenen Firmen....
Und was hat die EZB damit zu tun?
Doch wer ist dafür verantwortlich? Experten sind sich einig: Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Sprießen der Zombie-Kultur in Europa maßgeblich befördert.Denn was für die Film-Zombies das Fleisch und Blut unschuldiger Opfer ist, sind für die Zombies der Unternehmenswelt günstige Kredite. Mit ihren extrem niedrigen Zinsen senkte die EZB unter ihrem ehemaligen Chef Mario Draghi die Last der Schuldenbedienung und ermöglichte so auch wenig profitablen Unternehmen das Überleben.
Alle Augen auf Lagarde
Von der heutigen Ratssitzung – der ersten unter der neuen EZB-Chefin Christine Lagarde – erwarten sich Anleger nun Klarheit über den weiteren geldpolitischen Kurs der Notenbank...
Keine "schöpferische Zerstörung"
Zombie-Firmen unterbinden nämlich die "schöpferische Zerstörung" im Sinne Schumpeters. Der Selbstreinigungsprozess der kapitalistischen Wirtschaft findet nicht statt...
Es fehlt nicht viel zur Pleite
Doch nicht nur das Kapital wird fehlgelenkt – auch die Arbeitskräfte. Diese könnten in anderen Unternehmen weit produktiver tätig sein. Die logische Folge: Je mehr Zombie-Unternehmen, desto geringer das Wachstumspotenzial der Wirtschaft.
Zumal diese Zombie-Firmen per definitionem permanent von der Pleite bedroht sind. Die Experten der Wirtschaftsauskunftei Creditreform warnen: "Zombie-Unternehmen sind der Humus künftiger Insolvenzentwicklung." Für das kommende Jahr rechnen die Creditreform-Experten mit einem Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland auf 19.800 Fälle....
Kein Happy End?
Was die meisten Zombie-Filme gemeinsam haben, ist das Fehlen eines Happy End – es gibt einfach kein Entrinnen. Das wird auch die EZB letzten Endes einsehen müssen.
Für die mehr als überfällige Marktbereinigung und Befreiung der Wirtschaft von ineffizienten Zombie-Unternehmen braucht es eine Erhöhung der Zinsen. So schmerzhaft dies im Einzelfall auch sein mag.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boe...s-101.html
Kein Entrinnen vor der Pleite
Stand: 12.12.2019 06:45 Uhr
Experten sind alarmiert: In Europa gibt es immer mehr Zombie-Firmen, die nur noch künstlich mithilfe von Neuschulden am Leben gehalten werden. Schuld daran ist die EZB.
Von Angela Göpfert, boerse.ARD.de
Droht uns eine Zombie-Apokalypse? Sollte man sich jetzt besser in einem Einkaufszentrum verschanzen? Fachleute geben Entwarnung. Tatsächlich besorgniserregend ist aber die rasant steigende Zahl so genannter Zombie-Unternehmen...
Verheerende Statistiken
Nach Angaben des Bankhauses Metzler sind heute mehr als zwölf Prozent aller börsennotierten Unternehmen sogenannte Zombie-Firmen. Vor knapp 30 Jahren lag dieser Anteil bei nur zwei Prozent.
Auch in Deutschland sind es nicht wenige Unternehmen, die sich trotz guter Wirtschaftslage in den letzten Jahren auf dieser Vorstufe zur Insolvenz befinden. Nach Berechnungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sind derzeit 7,9 Prozent und damit jedes 13. Unternehmen hierzulande als "nicht kreditwürdig" einzustufen. In absoluten Zahlen entspricht dies knapp 295.000 betroffenen Firmen....
Und was hat die EZB damit zu tun?
Doch wer ist dafür verantwortlich? Experten sind sich einig: Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Sprießen der Zombie-Kultur in Europa maßgeblich befördert.Denn was für die Film-Zombies das Fleisch und Blut unschuldiger Opfer ist, sind für die Zombies der Unternehmenswelt günstige Kredite. Mit ihren extrem niedrigen Zinsen senkte die EZB unter ihrem ehemaligen Chef Mario Draghi die Last der Schuldenbedienung und ermöglichte so auch wenig profitablen Unternehmen das Überleben.
Alle Augen auf Lagarde
Von der heutigen Ratssitzung – der ersten unter der neuen EZB-Chefin Christine Lagarde – erwarten sich Anleger nun Klarheit über den weiteren geldpolitischen Kurs der Notenbank...
Keine "schöpferische Zerstörung"
Zombie-Firmen unterbinden nämlich die "schöpferische Zerstörung" im Sinne Schumpeters. Der Selbstreinigungsprozess der kapitalistischen Wirtschaft findet nicht statt...
Es fehlt nicht viel zur Pleite
Doch nicht nur das Kapital wird fehlgelenkt – auch die Arbeitskräfte. Diese könnten in anderen Unternehmen weit produktiver tätig sein. Die logische Folge: Je mehr Zombie-Unternehmen, desto geringer das Wachstumspotenzial der Wirtschaft.
Zumal diese Zombie-Firmen per definitionem permanent von der Pleite bedroht sind. Die Experten der Wirtschaftsauskunftei Creditreform warnen: "Zombie-Unternehmen sind der Humus künftiger Insolvenzentwicklung." Für das kommende Jahr rechnen die Creditreform-Experten mit einem Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland auf 19.800 Fälle....
Kein Happy End?
Was die meisten Zombie-Filme gemeinsam haben, ist das Fehlen eines Happy End – es gibt einfach kein Entrinnen. Das wird auch die EZB letzten Endes einsehen müssen.
Für die mehr als überfällige Marktbereinigung und Befreiung der Wirtschaft von ineffizienten Zombie-Unternehmen braucht es eine Erhöhung der Zinsen. So schmerzhaft dies im Einzelfall auch sein mag.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boe...s-101.html