31.01.2024, 22:43
Der wichtigste Erfolg der letzten 4 Jahre war der Beschluss des FG RLP vom 05.12.2023 gegen Binding bzw. für AdV. Ich will daher hier mal 2 Zusammenfassungen des Beschlusses einstellen:
Kurzzusammenfassung der Entscheidung des FG RLP aus dem Beschluss vom 05.12.2023 zu ADV für die Bindingsteuer
Link: https://www.datev.de/dnlexom/client/app/...nt/5025793
Leitsatz: vorläufige Prüfung - Bindingsteuer führt zu Ungleichbehandlung ohne Vorliegen eines sachlichen Rechtfertigungsgrunds
1. Antrag des Ehepaars zulässig
- Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Bindingsteuer erheblich
- Gründe zur Vorlage des Aktienbindings ans BVerfG passen auch zur Bindingsteuer
- schwerer Eingriff beim Antragsteller, da auf echten Gewinn von 23K Steuer von 60K fällig
- Auswirkung der Verlustverrechnungsregelung wegen der doppelten Begrenzung (sachlich und betragsmäßig) erheblich
- AdV hier haushaltsmäßig irrelevant
- Interesse der Antragsteller an AdV vorrangig
2. Antrag auf AdV auch begründet
FG hat ernstliche Bedenken an Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung
Vorbemerkung:
- gemäß Vorgaben aus früheren BFH-Urteilen Rechtmäßigkeit des ESt-Bescheides ernstlich zweifelhaft
- CFD sind TG
- Bindingsteuer umfasst besonderen Verlustverrechnungskreis für Verluste aus TG und jährliche Abzugsgregrenze von 20K mit TG-Gewinnen und Stillhalterprämien
- Verlustvortrag in Folgejahren mit je 20K analog abtragbar
- versagt Verluste aus TG zwar nicht generell, aber erst bei späteren Gewinnen und zeitlich gestreckt abziehbar
- Gesetzesbegründung der Ungleichbehandlung:
spekulativer Charakter der TG (begrenzte Laufzeit und Hebeleffekte) und hohe Gewinne oder Totalverluste möglich
- Ziel: Investitionsvolumen und daraus resultierende Verlustrisiken begrenzen
- kein sachlich rechtfertigender Grund für die verfassungswidrige Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips da
- System der Abgeltungstuer verfassungsgemäß
- aber nicht eine sachliche und betragsmäßige Begrenzung der Verlustverrechnung, denn d.h. asymmetrische Besteuerung von Gewinnen und Verlusten ohne sachliche Gründe
- zu prüfen ist allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln)
- Gesetzgeber muss sachgerecht regeln
- Art. 3 Abs. 1 GG = Grundsatz der Steuergerechtigkeit = Besteuerung gemäß wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
- Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn kein vernünftiger Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung findbar
- es reicht "objektive Willkür", d.h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung
- unter Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung muss Regelung belastungsgleich sein
- besondere sachliche Gründe sind z.B. außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke, Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen oder Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse
- nicht dazu zählt rein fiskalischer Zweck
- Gesetzgeber darf bei der Belastung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen = allein wegen dieser Härten kein Verstoß gegen Gleichheitssatz
- Gesetzgeber darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, der typische Fall ist der Maßstab
- Vorteile der Typisierung müssen verhältnismäßig zur Ungleichheit der steuerlichen Belastung sein
Entscheidung und Gründe des FG:
erhebliche Bedenken, dass Bindingsteuer mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar
- Bindingsteuer behandelt Verluste aus TG anders als andere Verluste
- kein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür da
- nicht schlüssig, weshalb Sofortversteuerung nur für Gewinne greife
- Verweis auf spekulativen Charakter (wegen Laufzeit und Hebel) von TG in Gesetzesbegründung (Verlusten bei TG wahrscheinlicher) reicht nicht als Grund
- mehr oder weniger risikoreiche Kapitalanlagen existieren eben
- gemäß objektivem Nettoprinzip sind Gewinne und Verluste steuerlich gleichzubehandeln
- evtl. drohende Steuerausfälle keine Rechtfertigung für Bindingsteuer
- Versteuerung des Gewinns vollumfänglich im Zeitpunkt des Zuflusses nicht folgerichtig bei Begrenzung der Anerkennung der Verluste
- asymmetrische Besteuerung einzelner (geglückter) Geschäfte
- bzgl. des Sicherungscharakters der TG gibts Wertungswiderspruch
- Bevorteilung von "Kleinanlegern" im Gegensatz zu "größeren" Anlegern
- entgegen realitätsgerechter Typisierung werden große Teile der Betroffenen "ausgeblendet"
- nicht erkennbar, wie "Investitionsvolumen und die darauf für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen" begrenzt würde
- es wird nur steuermindernde Nutzung erlittener Verluste begrenzt, Sofortversteuerung der (ggf. hohen) Gewinne bleibt
- erst dadurch das Risiko, keine Gewinne generieren zu können - wonach fiskalische Motivation gegeben
- betragsmäßige Grenze inakzeptabel, da Verluste korrespondierend zu Gewinnen zu berücksichtigen
- Verlustverrechnungsbeschränkung birgt Gefahr, dass Verlustberücksichtigung faktisch ausgeschlossen
- Totalverlust des Vermögens nur durch positive Kapitalerträge aus anderen Einzelanlagen ausgleichbar
- aber dazu auch noch die 20K-Grenze und der Verlustverrechnungskreis hinderlich
- kein Schutz des Anlegers vor Verlustrisiko, sondern des Fiskus vor den Folgen für das Steueraufkommen (aber das unbeziffert)
- nicht folgerichtig, spekulationsbedingte hohe Gewinne bei Zufluss voll zu versteuern, aber Verluste nur jährlich begrenzt und ggf. - je nach Lebenserwartung des Stpfl. - gar nicht anzuerkennen
(bei Verlust von 1 Mio. müsste bei 10K-Grenze der Stpfl. 100 Jahre leben und in jedem Jahr hinreichende Gewinne erzielen)
- Definitiveffekt ist bei einer 20K-Grenze definitiv da
- alleiniger Abzug in folgenden VZ muss tatsächlich zum Scheitern der Verlustverrechnung führen
- z.B. bei Umzug ins Ausland, Tod oder Ausstieg aus Kapitalanlage
- bedeutet mit objektivem Nettoprinzip nicht zu vereinbarender Belastungsüberhang
- Verrechnungsgrenze führt im Streitfall zu einem unverhältnismäßigen und widersinnigen Ergebnis, da Antragsteller auf 23K Gewinn ESt von 60K zahlen muss
- Antragsteller muss aus anderen Einnahmen die widersinnig hohe ESt zahlen
- Entscheidung des BVerfG zum Aktienbinding hat auch Auswirkungen auf die für TG geregelte zeitlich gestreckte Verlustnutzung
- Bindingsteuer noch weit fragwürdiger als Aktienbinding
- bzgl. der 20K-Grenze gehts über Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Aktienveräußerungen hinaus
- Gründe aus Vorlagebeschluss zum Aktienbinding auf Bindingsteuer übertragbar
- BFH dazu: bei typisierender Betrachtung nicht zu erwarten, dass Aktienverluste langfristig auszugleichen sind - somit droht neben Liquiditäts- und
Zinsnachteil auch ganze oder teilweise Nichtberücksichtigung des Verlusts
- gilt analog bei Bindingsteuer
- BFH: Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG (Wahl zwischen verschiedenen Kapitalanlagen) beeinträchtigt, da Verlustuntergang, wenn Stpfl. keine Aktien mehr kauft
- Verluststreckung führt dazu, Verlustaktien unnötig weiter zu halten
- gilt analog bei der Bindingsteuer für TG
- Anstatt "Kleinanleger" vor "spekulativen Geschäften" zu schützen (Gesetzesbegründung), gilt das Gegenteil: Stpfl. muss weiter TG tätigen, um Gewinne zur Anrechnung der Altverluste zu erzielen
- Grenze führt eher dazu, dass TG ausgerechnet für Kleinanleger attraktiv bleiben
- Haushaltsrisiken sind direkte Folge der Besteuerung von TG = bewusstes Eingehen dieser Risiken vom Gesetzgeber durch die Besteuerung von TG
- fiskalisches Ziel rechtfertigt Ausschluss einer Verlustberücksichtigung nicht
- somit AdV zu gewähren
Nun etwas umgestellt die Gründe des FG:
Liste der Gründe des FG RLP aus dem Beschluss vom 05.12.2023 für die Verfassungswidrigkeit der Bindingsteuer
Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG = Grundsatz der Steuergerechtigkeit = Besteuerung gemäß wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
1. kein sachlich rechtfertigender Grund für Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips
- Ungleichbehandlung von Verluste aus TG gegenüber anderen Verluste ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund
- Verweis auf spekulativen Charakter (wegen Laufzeit und Hebel) von TG in Gesetzesbegründung reicht nicht
- nicht erkennbar, wie "Investitionsvolumen und die darauf für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen" begrenzt würde
- Anstatt "Kleinanleger" vor "spekulativen Geschäften" zu schützen (Gesetzesbegründung), gilt das Gegenteil: Stpfl. muss weiter TG tätigen, um Gewinne zur Anrechnung der Altverluste zu erzielen
- Grenze führt eher dazu, dass TG ausgerechnet für Kleinanleger attraktiv bleiben
- Haushaltsrisiken sind direkte Folge der Besteuerung von TG = bewusstes Eingehen dieser Risiken vom Gesetzgeber durch die Besteuerung von TG
- evtl. drohende Steuerausfälle keine Rechtfertigung für Bindingsteuer
2. Nettoprinzip verletzt
- gemäß objektivem Nettoprinzip sind Gewinne und Verluste steuerlich gleichzubehandeln
- Versteuerung des Gewinns vollumfänglich im Zeitpunkt des Zuflusses nicht folgerichtig bei Begrenzung der Anerkennung der Verluste
- betragsmäßige Grenze inakzeptabel, da Verluste korrespondierend zu Gewinnen zu berücksichtigen
- es wird nur steuermindernde Nutzung erlittener Verluste begrenzt, Sofortversteuerung der (ggf. hohen) Gewinne bleibt
- asymmetrische Besteuerung einzelner (geglückter) Geschäfte
- bzgl. des Sicherungscharakters der TG gibts Wertungswiderspruch
- Verlustverrechnungsbeschränkung birgt Gefahr, dass Verlustberücksichtigung faktisch ausgeschlossen
- z.B. bei Umzug ins Ausland, Tod oder Ausstieg aus Kapitalanlage
- bedeutet mit objektivem Nettoprinzip nicht zu vereinbarender Belastungsüberhang
- Definitiveffekt ist bei einer 20K-Grenze definitiv da
- Verrechnungsgrenze führt im Streitfall zu einem unverhältnismäßigen und widersinnigen Ergebnis, da Antragsteller auf 23K Gewinn ESt von 60K zahlen muss
- Antragsteller muss aus anderen Einnahmen die widersinnig hohe ESt zahlen
3. unzulässige Typisierung
- Bevorteilung von "Kleinanlegern" im Gegensatz zu "größeren" Anlegern
- entgegen realitätsgerechter Typisierung werden große Teile der Betroffenen "ausgeblendet"
4. Gebot der Folgerichtigkeit verletzt
- nicht folgerichtig, spekulationsbedingte hohe Gewinne bei Zufluss voll zu versteuern, aber Verluste nur jährlich begrenzt und ggf. - je nach Lebenserwartung des Stpfl. - gar nicht anzuerkennen
(bei Verlust von 1 Mio. müsste bei 10K-Grenze der Stpfl. 100 Jahre leben und in jedem Jahr hinreichende Gewinne erzielen)
5. analoge Rechtssprechung des BFH zum Aktienbinding
- Bindingsteuer noch weit fragwürdiger als Aktienbinding
- bzgl. der 20K-Grenze gehts über Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Aktienveräußerungen hinaus
- Gründe aus Vorlagebeschluss zum Aktienbinding auf Bindingsteuer übertragbar
- bei Aktienbinding droht neben Liquiditäts- und Zinsnachteil auch ganze oder teilweise Nichtberücksichtigung des Verlusts
- gilt analog bei Bindingsteuer
- BFH: Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG (Wahl zwischen verschiedenen Kapitalanlagen) beeinträchtigt, da Verlustuntergang, wenn Stpfl. keine Aktien mehr kauft
- Verluststreckung führt dazu, Verlustaktien unnötig weiter zu halten
- gilt analog bei der Bindingsteuer für TG
Kurzzusammenfassung der Entscheidung des FG RLP aus dem Beschluss vom 05.12.2023 zu ADV für die Bindingsteuer
Link: https://www.datev.de/dnlexom/client/app/...nt/5025793
Leitsatz: vorläufige Prüfung - Bindingsteuer führt zu Ungleichbehandlung ohne Vorliegen eines sachlichen Rechtfertigungsgrunds
1. Antrag des Ehepaars zulässig
- Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Bindingsteuer erheblich
- Gründe zur Vorlage des Aktienbindings ans BVerfG passen auch zur Bindingsteuer
- schwerer Eingriff beim Antragsteller, da auf echten Gewinn von 23K Steuer von 60K fällig
- Auswirkung der Verlustverrechnungsregelung wegen der doppelten Begrenzung (sachlich und betragsmäßig) erheblich
- AdV hier haushaltsmäßig irrelevant
- Interesse der Antragsteller an AdV vorrangig
2. Antrag auf AdV auch begründet
FG hat ernstliche Bedenken an Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung
Vorbemerkung:
- gemäß Vorgaben aus früheren BFH-Urteilen Rechtmäßigkeit des ESt-Bescheides ernstlich zweifelhaft
- CFD sind TG
- Bindingsteuer umfasst besonderen Verlustverrechnungskreis für Verluste aus TG und jährliche Abzugsgregrenze von 20K mit TG-Gewinnen und Stillhalterprämien
- Verlustvortrag in Folgejahren mit je 20K analog abtragbar
- versagt Verluste aus TG zwar nicht generell, aber erst bei späteren Gewinnen und zeitlich gestreckt abziehbar
- Gesetzesbegründung der Ungleichbehandlung:
spekulativer Charakter der TG (begrenzte Laufzeit und Hebeleffekte) und hohe Gewinne oder Totalverluste möglich
- Ziel: Investitionsvolumen und daraus resultierende Verlustrisiken begrenzen
- kein sachlich rechtfertigender Grund für die verfassungswidrige Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips da
- System der Abgeltungstuer verfassungsgemäß
- aber nicht eine sachliche und betragsmäßige Begrenzung der Verlustverrechnung, denn d.h. asymmetrische Besteuerung von Gewinnen und Verlusten ohne sachliche Gründe
- zu prüfen ist allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln)
- Gesetzgeber muss sachgerecht regeln
- Art. 3 Abs. 1 GG = Grundsatz der Steuergerechtigkeit = Besteuerung gemäß wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
- Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn kein vernünftiger Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung findbar
- es reicht "objektive Willkür", d.h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung
- unter Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung muss Regelung belastungsgleich sein
- besondere sachliche Gründe sind z.B. außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke, Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen oder Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse
- nicht dazu zählt rein fiskalischer Zweck
- Gesetzgeber darf bei der Belastung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen = allein wegen dieser Härten kein Verstoß gegen Gleichheitssatz
- Gesetzgeber darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, der typische Fall ist der Maßstab
- Vorteile der Typisierung müssen verhältnismäßig zur Ungleichheit der steuerlichen Belastung sein
Entscheidung und Gründe des FG:
erhebliche Bedenken, dass Bindingsteuer mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar
- Bindingsteuer behandelt Verluste aus TG anders als andere Verluste
- kein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür da
- nicht schlüssig, weshalb Sofortversteuerung nur für Gewinne greife
- Verweis auf spekulativen Charakter (wegen Laufzeit und Hebel) von TG in Gesetzesbegründung (Verlusten bei TG wahrscheinlicher) reicht nicht als Grund
- mehr oder weniger risikoreiche Kapitalanlagen existieren eben
- gemäß objektivem Nettoprinzip sind Gewinne und Verluste steuerlich gleichzubehandeln
- evtl. drohende Steuerausfälle keine Rechtfertigung für Bindingsteuer
- Versteuerung des Gewinns vollumfänglich im Zeitpunkt des Zuflusses nicht folgerichtig bei Begrenzung der Anerkennung der Verluste
- asymmetrische Besteuerung einzelner (geglückter) Geschäfte
- bzgl. des Sicherungscharakters der TG gibts Wertungswiderspruch
- Bevorteilung von "Kleinanlegern" im Gegensatz zu "größeren" Anlegern
- entgegen realitätsgerechter Typisierung werden große Teile der Betroffenen "ausgeblendet"
- nicht erkennbar, wie "Investitionsvolumen und die darauf für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen" begrenzt würde
- es wird nur steuermindernde Nutzung erlittener Verluste begrenzt, Sofortversteuerung der (ggf. hohen) Gewinne bleibt
- erst dadurch das Risiko, keine Gewinne generieren zu können - wonach fiskalische Motivation gegeben
- betragsmäßige Grenze inakzeptabel, da Verluste korrespondierend zu Gewinnen zu berücksichtigen
- Verlustverrechnungsbeschränkung birgt Gefahr, dass Verlustberücksichtigung faktisch ausgeschlossen
- Totalverlust des Vermögens nur durch positive Kapitalerträge aus anderen Einzelanlagen ausgleichbar
- aber dazu auch noch die 20K-Grenze und der Verlustverrechnungskreis hinderlich
- kein Schutz des Anlegers vor Verlustrisiko, sondern des Fiskus vor den Folgen für das Steueraufkommen (aber das unbeziffert)
- nicht folgerichtig, spekulationsbedingte hohe Gewinne bei Zufluss voll zu versteuern, aber Verluste nur jährlich begrenzt und ggf. - je nach Lebenserwartung des Stpfl. - gar nicht anzuerkennen
(bei Verlust von 1 Mio. müsste bei 10K-Grenze der Stpfl. 100 Jahre leben und in jedem Jahr hinreichende Gewinne erzielen)
- Definitiveffekt ist bei einer 20K-Grenze definitiv da
- alleiniger Abzug in folgenden VZ muss tatsächlich zum Scheitern der Verlustverrechnung führen
- z.B. bei Umzug ins Ausland, Tod oder Ausstieg aus Kapitalanlage
- bedeutet mit objektivem Nettoprinzip nicht zu vereinbarender Belastungsüberhang
- Verrechnungsgrenze führt im Streitfall zu einem unverhältnismäßigen und widersinnigen Ergebnis, da Antragsteller auf 23K Gewinn ESt von 60K zahlen muss
- Antragsteller muss aus anderen Einnahmen die widersinnig hohe ESt zahlen
- Entscheidung des BVerfG zum Aktienbinding hat auch Auswirkungen auf die für TG geregelte zeitlich gestreckte Verlustnutzung
- Bindingsteuer noch weit fragwürdiger als Aktienbinding
- bzgl. der 20K-Grenze gehts über Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Aktienveräußerungen hinaus
- Gründe aus Vorlagebeschluss zum Aktienbinding auf Bindingsteuer übertragbar
- BFH dazu: bei typisierender Betrachtung nicht zu erwarten, dass Aktienverluste langfristig auszugleichen sind - somit droht neben Liquiditäts- und
Zinsnachteil auch ganze oder teilweise Nichtberücksichtigung des Verlusts
- gilt analog bei Bindingsteuer
- BFH: Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG (Wahl zwischen verschiedenen Kapitalanlagen) beeinträchtigt, da Verlustuntergang, wenn Stpfl. keine Aktien mehr kauft
- Verluststreckung führt dazu, Verlustaktien unnötig weiter zu halten
- gilt analog bei der Bindingsteuer für TG
- Anstatt "Kleinanleger" vor "spekulativen Geschäften" zu schützen (Gesetzesbegründung), gilt das Gegenteil: Stpfl. muss weiter TG tätigen, um Gewinne zur Anrechnung der Altverluste zu erzielen
- Grenze führt eher dazu, dass TG ausgerechnet für Kleinanleger attraktiv bleiben
- Haushaltsrisiken sind direkte Folge der Besteuerung von TG = bewusstes Eingehen dieser Risiken vom Gesetzgeber durch die Besteuerung von TG
- fiskalisches Ziel rechtfertigt Ausschluss einer Verlustberücksichtigung nicht
- somit AdV zu gewähren
Nun etwas umgestellt die Gründe des FG:
Liste der Gründe des FG RLP aus dem Beschluss vom 05.12.2023 für die Verfassungswidrigkeit der Bindingsteuer
Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG
- Art. 3 Abs. 1 GG = Grundsatz der Steuergerechtigkeit = Besteuerung gemäß wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
1. kein sachlich rechtfertigender Grund für Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips
- Ungleichbehandlung von Verluste aus TG gegenüber anderen Verluste ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund
- Verweis auf spekulativen Charakter (wegen Laufzeit und Hebel) von TG in Gesetzesbegründung reicht nicht
- nicht erkennbar, wie "Investitionsvolumen und die darauf für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen" begrenzt würde
- Anstatt "Kleinanleger" vor "spekulativen Geschäften" zu schützen (Gesetzesbegründung), gilt das Gegenteil: Stpfl. muss weiter TG tätigen, um Gewinne zur Anrechnung der Altverluste zu erzielen
- Grenze führt eher dazu, dass TG ausgerechnet für Kleinanleger attraktiv bleiben
- Haushaltsrisiken sind direkte Folge der Besteuerung von TG = bewusstes Eingehen dieser Risiken vom Gesetzgeber durch die Besteuerung von TG
- evtl. drohende Steuerausfälle keine Rechtfertigung für Bindingsteuer
2. Nettoprinzip verletzt
- gemäß objektivem Nettoprinzip sind Gewinne und Verluste steuerlich gleichzubehandeln
- Versteuerung des Gewinns vollumfänglich im Zeitpunkt des Zuflusses nicht folgerichtig bei Begrenzung der Anerkennung der Verluste
- betragsmäßige Grenze inakzeptabel, da Verluste korrespondierend zu Gewinnen zu berücksichtigen
- es wird nur steuermindernde Nutzung erlittener Verluste begrenzt, Sofortversteuerung der (ggf. hohen) Gewinne bleibt
- asymmetrische Besteuerung einzelner (geglückter) Geschäfte
- bzgl. des Sicherungscharakters der TG gibts Wertungswiderspruch
- Verlustverrechnungsbeschränkung birgt Gefahr, dass Verlustberücksichtigung faktisch ausgeschlossen
- z.B. bei Umzug ins Ausland, Tod oder Ausstieg aus Kapitalanlage
- bedeutet mit objektivem Nettoprinzip nicht zu vereinbarender Belastungsüberhang
- Definitiveffekt ist bei einer 20K-Grenze definitiv da
- Verrechnungsgrenze führt im Streitfall zu einem unverhältnismäßigen und widersinnigen Ergebnis, da Antragsteller auf 23K Gewinn ESt von 60K zahlen muss
- Antragsteller muss aus anderen Einnahmen die widersinnig hohe ESt zahlen
3. unzulässige Typisierung
- Bevorteilung von "Kleinanlegern" im Gegensatz zu "größeren" Anlegern
- entgegen realitätsgerechter Typisierung werden große Teile der Betroffenen "ausgeblendet"
4. Gebot der Folgerichtigkeit verletzt
- nicht folgerichtig, spekulationsbedingte hohe Gewinne bei Zufluss voll zu versteuern, aber Verluste nur jährlich begrenzt und ggf. - je nach Lebenserwartung des Stpfl. - gar nicht anzuerkennen
(bei Verlust von 1 Mio. müsste bei 10K-Grenze der Stpfl. 100 Jahre leben und in jedem Jahr hinreichende Gewinne erzielen)
5. analoge Rechtssprechung des BFH zum Aktienbinding
- Bindingsteuer noch weit fragwürdiger als Aktienbinding
- bzgl. der 20K-Grenze gehts über Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Aktienveräußerungen hinaus
- Gründe aus Vorlagebeschluss zum Aktienbinding auf Bindingsteuer übertragbar
- bei Aktienbinding droht neben Liquiditäts- und Zinsnachteil auch ganze oder teilweise Nichtberücksichtigung des Verlusts
- gilt analog bei Bindingsteuer
- BFH: Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG (Wahl zwischen verschiedenen Kapitalanlagen) beeinträchtigt, da Verlustuntergang, wenn Stpfl. keine Aktien mehr kauft
- Verluststreckung führt dazu, Verlustaktien unnötig weiter zu halten
- gilt analog bei der Bindingsteuer für TG