(26.04.2021, 11:01)fahri schrieb: [ -> ]Zitat:Speculatius schrieb:
Was ist denn von der aktuellen Lage in Indien zu halten?
Alles halb so schlimm?
Oder - um das neue Corona-Modewort zu verwenden - ein "Gamechanger" im negativen Sinne für die weltweite Pandemie?
Bin kein Experte, aber die Lage in Indien ist insofern erstmal unkritisch, so lange es der EU usw. gelingt, die Einreisen hierher auf das Minimum mit entsprechender Quarantäne zu begrenzen.
Eine komplette Vermeidung der Ausbreitung von Varianten mit Selektionsvorteil wird mit ziemlicher Sicherheit nicht gelingen. Dafür müsste mehr Aufwand bei der Einreisekontrolle ins Land oder die EU betrieben werden, was aktuell meines Wissens nicht der Fall ist. Man muss davon ausgehen, dass auch diese Variante inzwischen schon weltweit unterweg ist, sofern sie Vorteile gegenüber den bereits etablierten Varianten hat.
(26.04.2021, 11:01)fahri schrieb: [ -> ]Je öfter ein Virus sich "kopiert", desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Mutationen, die das bisherige Impfen unwirksam machen oder zumindest die Wirksamkeit stark einschränken. Eine Mutation gibt es, die den Schutz ziemlich aushebelt, die wird aber noch in "Schach" gehalten, da sie sich scheinbar nicht so gut repliziert wie die bisherigen Varianten.
Ja. Es gibt eine Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Mutationen und deren Kombinationen pro Viruskopie. Je mehr Viruskopien erzeugt werden, desto mehr Varianten. In der Regel haben die Mutationen deutliche Fitnessnachteile und setzen sich daher bei einem bereits gut etablierten Infektionsgeschehen so gut wie nie durch. Die Stunde der Varianten schlägt, sobald die Spielregeln geändert werden. Das passiert zum Beispiel wenn ein Wirkstoff genutzt wird, der dem ursprünglichen Virus zusetzt, wenn sich eine gewisse Immunität in der Bevölkerung etabliert hat, oder wenn sie durch Impfung erreicht wird. Dann haben manche Varianten den sogenannten Selektionsvorteil, da sie in der Lage sind, unter diesen geänderten Spielregeln besser zu funktionieren als die vorher breit etablierten Viruslinien. Zum Beispiel, weil sie der Immunantwort zumindest in Teilen entkommen.
Ob es bei einem Impfstoff mit dem ja doch recht großen Spikeprotein, das ja viele Erkennungsstellen für das Immunsystem bietet, so einfach möglich ist, der Immunantwort komplett zu entkommen wird man sehen. Sehr einfach scheint es nicht zu sein, denn sonst hätten wir aufgrund der großen globalen Verbreitung des Virus derartige Varianten in den Gebieten mit hoher Impfquote schon gesehen. Negativ: Allerdings konnte im Labor gezeigt werden, dass die Domäne des Spikeproteins, die an den menschlichen Rezeptor bindet, um in die Zellen zu gelangen, eine sehr große Variabilität verträgt. Ich erinnere an eine Aussage, dass 50% der Aminosäuren ausgetauscht werden können, ohne diese Funktion des Spikeproteins zu zerstören. Wenn das so ist, dann wäre es wohl nur eine Frage der notwenigen Viruskopien, bis sich zufällig die geeigneten Kombinationen von Mutationen gefunden haben. Eventuell beschleunigt, weil Zwischenstufen mit ein oder 2 Mutationen schon einen Selektionsvorteil haben und auf einer so schon optimierten Basis dann weitere Mutationen hinzugefügt werden können. Global so schnell wie möglich impfen und die Zahl der Neuinfektionen so gering wie möglich halten sind probate Mittel, um so ein Szenario zu vermeiden. Parallel dazu müssen Impfstoffe entwickelt werden, die die in der Realität schon etablierten Varianten ausschalten, gegen die die aktuellen Impfstoffe nur eingeschränkt wirken. Mit denen werden wir alle eine Folgeimpfung erhalten. Die dafür notwendigen Forschungsarbeiten laufen aktuell schon.
Denkbar ungünstig ist es, wenn das Virus in einer zweiten, dritten oder vierten Welle mit einer hohen Zahl Neuinfektionen und einer eventuell schon leicht angepassten Variante durch eine Bevölkerung rauscht, die bereits ein gewisses suboptimales Niveau an Immunität erworben hat. Das scheint vor allem für die oft nur schwache Immunität zu gelten, die durch eine Erstinfektion mit sehr harmlosen Verlauf ausgelöst wurde. Auf Deutsch: "Einfach laufen lassen" und weil es so gut war, bei der nächsten Welle nochmal "einfach laufen lassen", ist eine denkbar schlechte Idee. Das ist bei diesem Virus potienziell der Nährboden für sehr hässliche Varianten. Siehe Brasilien, Südafrika oder jetzt Indien.