19.10.2022, 19:17
Marktbericht
Vor neuen US-Daten
DAX-Anleger in der Warteschleife
Stand: 19.10.2022 18:25 Uhr
Die Anleger haben sich nach dem Zwischenspurt der vergangenen Tage heute sehr zurückgehalten. Im Vorfeld des neuen Konjunkturberichts der US-Notenbank wollte sich niemand mehr aus dem Fenster lehnen.
Nach zwei stürmischen Gewinntagen ging es heute an der Börse deutlich ruhiger zu. Der DAX beendete den Handel bei unstetem Verlauf und nach mehreren Vorzeichenwechseln letztlich bei 12.741 Punkten, ein leichter Tagesverlust von 0,19 Prozent. Das Tageshoch lag bei 12.819, das Tief bei 12.705 Zählern. Damit ist der mächtige Zwischenspurt von rund 700 Punkten seit Anfang der Woche erst einmal zum Halten gekommen, was aber nach einer solchen Bewegung nicht ungewöhnlich ist.
Zitat:Warten auf das "Beige Book"
Zumal sich die Anleger vor dem am Abend erwarteten Konjunkturbericht der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), im Fachjargon "Beige Book" genannt, bedeckt hielten - was aktuell auch für die US-Märkte gilt. Der Bericht ist ein weiteres Puzzle-Teil bei der Beurteilung, ob die Fed sich mit weiterhin aggressiven Zinserhöhungen gegen die hohe Inflation stellen wird, oder ob sie womöglich eine gemäßigtere Gangart einschlagen kann. Für die Märkte ist eine weitere Zinserhöhung um 75 Basispunkte durch die Fed im November bereits ausgemachte Sache. Der Bericht wird ab 20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit erwartet.
Für eine nachhaltige Bodenbildung an den Aktienmärkten sei aber eine wirkliche Trendwende bei der Teuerungsrate vonnöten, sagte Analyst Christian Henke vom Broker IG.
Auch von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird in Anbetracht einer Euro-Inflation von fast zehn Prozent auf ihrer Sitzung am 27. Oktober eine Erhöhung um weitere 75 Basispunkte erwartet. Die Inflation in der Eurozone wurde für den September in einer zweiten Schätzung vom Statistikamt Eurostat heute von 10,0 auf 9,9 Prozent leicht nach unten korrigiert. Der aktuelle EZB-Leitzins liegt bei 1,25 Prozent und damit deutlich unter dem Niveau in den Vereinigten Staaten (3,0 bis 3,25 Prozent).
Zitat:Kursfeuerwerk bei Netflix
Mehr und mehr rücken derzeit neue Unternehmensergebnisse in den Fokus der Anleger, die Berichtssaison der Unternehmen kommt in Fahrt. Stürmisch begrüßt werden dabei die Geschäftszahlen des Videostreaming-Dienstes Netflix, die bereits gestern nach Börsenschluss veröffentlicht wurden. Netflix hat im dritten Quartal dank erfolgreicher Serien wesentlich besser abgeschnitten als erwartet. Im Vierteljahr bis Ende September verbuchte der Streaming-Riese unterm Strich 2,4 Millionen neue Bezahlabos. Damit erreichte Netflix im Jahresvergleich ein Nutzerwachstum von 4,5 Prozent und übertraf sowohl die eigene Prognose von einer Million Neukunden als auch die des Finanzmarkts deutlich.
Zitat:Deutsche Industrie mit vollen Auftragsbüchern
Die deutsche Industrie verzeichnet trotz der sich eintrübenden Konjunktur einen Auftragsbestand in Rekordhöhe. Im August stieg der preisbereinigte Wert der vorliegenden Bestellungen um 0,3 Prozent im Vergleich zum Juli. Gemessen am Vorjahresmonat August 2021 gab es ein Plus von 11,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete damit seit Februar 2022 jeden Monat einen neuen Höchststand an offenen Aufträgen.
Zitat:US-Immobilienmarkt kühlt ab
Das Wohnungsbaugeschäft in den USA ist im September deutlich abgeflaut. Die Zahl der neu begonnenen Projekte fiel hochgerechnet auf das gesamte Jahr um 8,1 Prozent auf 1,439 Millionen, wie das Handelsministerium mitteilte. Im August waren es nach unten revidierten Zahlen 1,566 Millionen. Ökonomen hatten für September lediglich einen Rückgang auf lediglich 1,475 Millionen erwartet. Die Zahl der Baugenehmigungen stieg zugleich - und zwar um 1,4 Prozent auf annualisiert 1,564 Millionen.
Der Baubranche macht zu schaffen, dass mit den steigenden Zinsen auch die Hypotheken teurer werden. Die kräftig gestiegenen Preise für Holz und Baumaterialien sorgen für zusätzlichen Kostendruck
Zitat:Öl im Überangebot
Auch am Ölmarkt blicken die Anleger heute Richtung Vereinigte Staaten. Der von der Regierung im März angekündigte Verkauf von 180 Millionen Barrel Rohöl (rund 29 Milliarden Liter) aus der eigenen strategischen Reserve ist fast abgeschlossen. Damit wollen die USA den Weltmarktpreis tendenziell drücken. Aber auch Sorgen wegen einer sinkende Kraftstoff-Nachfrage in China wegen der schwächelnden Konjunktur belasten den Ölpreis. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet derzeit 90,75 Dollar, ein Plus von 0,7 Prozent.
Zitat:Siemens Gamesa erhält Großauftrag
Im Fokus standen auch Siemens Energy, die höhere Gewinne am Ende allerdings nicht halten konnten und unverändert schlossen. Die Konzerntochter Siemens Gamesa hat eine Vereinbarung über den Bau von Offshore-Windanlagen über mehr als ein Gigawatt in Taiwan unterzeichnet. Die drei Projekte über insgesamt 1044 Megawatt seien der größte Auftrag für Seeanlagen in Taiwan bislang, teilte das Unternehmen mit. Im Auftrag enthalten sind zudem Serviceleistungen über 15 Jahre, mit Option auf Verlängerung auf 20 Jahre. Siemens Gamesa will dazu seine Produktion in Taiwan vergrößern.
Zitat:ASML mit Rekordbestellungen
Der niederländische Chipausrüster ASML hat im dritten Quartal besser abgeschnitten als erwartet und Rekordbestellungen in den Auftragsbüchern. Bei einem Umsatz von 5,8 Milliarden Euro erzielte der Konzern einen Quartalsgewinn von 1,7 Milliarden Euro und übertraf damit die Analystenschätzungen. Der Auftragseingang erreichte 8,9 Milliarden Euro. Trotz der Schwäche des Endmarktes für Speicherchips sei "die Nachfrage nach unseren Systemen insgesamt weiterhin stark", so Firmenchef Peter Wennink. Von den US-Sanktionen gegen chinesische Technologieunternehmen erwarte er für ASML keine großen Auswirkungen.
Zitat:Apple drosselt offenbar iPhone-Produktion
Laut einem Medienbericht verringert der Technologiekonzern nur wenige Wochen nach dem Produktstart die Herstellung des iPhone 14 Plus. Der US-Technologie-Konzern habe mindestens einem Zulieferer in China mitgeteilt, vorerst keine Teile mehr für dieses Modell zu produzieren, berichtet der Branchendienst "The Information" unter Berufung auf Insider. Wegen der schwächelnden Konjunktur und der gestiegenen Inflation sind Smartphone-Verkäufe weltweit rückläufig.
Zitat:Procter & Gamble bekommt den starken Dollar zu spüren
Der US-Konsumgüterhersteller und Henkel-Konkurrent Procter & Gamble spürt zunehmenden Gegenwind durch hohe Kosten für Rohstoffe, Material und Logistik sowie den starken Dollar. Das Unternehmen zeigte sich daher bei seiner Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 vorsichtiger.
So geht das Management nun vom unteren Ende der Ergebnisprognose aus, wie Procter & Gamble heute in Cincinnati mitteilte. Der Konsumgüterkonzern hat bislang ein Ergebnis je Aktie auf Vorjahresniveau und bestenfalls ein Wachstum von bis zu vier Prozent in Aussicht gestellt. Dabei geht das Management jetzt von Belastungen von 3,9 Milliarden Dollar vor Steuern für das Geschäftsjahr (per Ende Juni) aus. Ende Juli waren es noch rund 3,3 Milliarden Dollar.
Allein der starke Dollar schlage mit 1,3 Milliarden zu Buche, teure Rohstoffe belasteten mit 2,4 Milliarden Dollar, hieß es. Im ersten Geschäftsquartal (per Ende September) stiegen die Umsätze um ein Prozent auf 20,6 Milliarden Dollar, wie der Konzern mit bekannten Marken wie Ariel-Waschmittel, Pampers-Windeln oder Braun-Rasierer weiter mitteilte. Das Ergebnis je Aktie sank um zwei Prozent auf 1,57 Dollar. Damit schlug sich Procter & Gamble besser als von Analysten erwartet, die Aktie legt daher zu.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/fin...s-291.html