(21.01.2019, 15:26)Solventix schrieb: [ -> ]Zudem wurden die Wähler von den Brexiteers damals gezielt belogen.
Ich erinnere mich daran, dass die CDU mal versprochen hat, die Mehwertsteuer nicht zu erhöhen und dann trat sie in eine Koalition mit der SPD ein... Damals hat auch niemand die Wahl anfechten wollen. Demokratie ist in dieser Hinsicht wie die Unterzeichnung eines Vertrages: Nur der geschriebene Text, auch das Kleingedruckte, zählen. Nebenabsprachen sind egal und es erinnert sich später niemand mehr daran...
Solventix schrieb:Unter diesen Umständen wäre ein neues Referendum sicher die fairste Lösung. Falls es denn tatsächlich Volkes Wille sein sollte, die EU zu verlassen, warum haben die Brexit-Befürworter dann so eine Angst vor einem erneuten Referendum?
Nur sozusagen "für die Akten", aber das Argument, das sich hinter dieser rhetorischen Frage verbirgt, ist ungültig.
Dass die Brexiters sich vor einer zweiten Volksabstimmung fürchten (unterstellt, dies sei tatsächlich der Fall, es gibt sogar Leute, die sich darauf freuen würden mit der Aussage, jetzt gewinnen sie noch deutlicher), bedeutet nicht, diese hätten den Verdacht, bei der ersten Volksabstimmung wäre nicht eindeutig "Volkes Wille" herausgekommen,
Beispielsweise könnte es sein, dass die EU den Brexit so hart wie möglich gemacht hat und deshalb viele "eigentlich Brexiters" kalte Füße bekommen. Der Volkswille kann damals Pro Brexit gewesen sein und sich jetzt gewandelt haben usw.usf.
(21.01.2019, 16:11)cubanpete schrieb: [ -> ]Irland wurde von der EU gerettet, war komplett pleite wenn ich mich korrekt erinnere.
Grade Irland gehört zu den Staaten, die in mehrfacher Hinsicht und teils massiv von der EU profitieren. Durch niedrige Steuern, EU-Hilfsgelder usw.usf. haben sie Unternehmen angelockt und damit die Basis für einen wirtschaflichen Aufschwung geschaffen. Die Iren werden daher wahrscheinlich nicht aus der EU austreten. Das ist aber klar.
Ich will den Iren ihren Beitrag zu dieser Erfolgsstory nicht absprechen. Portugal, Süditalien und andere Länder haben ja auch durch die EU-Mitgliedschaft nicht diesen Aufstieg hingelegt.
cubanpete schrieb:Ein "harter" Brexit dürfte England weniger schaden als ein jahrzehntelanger Hickhack um ein einigermassen annehmbares Austrittsabkommen.
Die Grundüberlegung ist schon mal realistisch.
Die Frage ist allerdings, ob es sich für die Briten nicht wirklich mehr auszahlen würde, einfach in der EU zu verbleiben. Klar, die Kalkulation müsste bei einem neuen Eintritt des Königreichs neu aufgemacht werden. Stichwort "Britenrabatt", Förderung und dergleichen. Diese Vorteile waren größtenteils historisch bedingt und niemand wird erwarten, dass diese 1:1 wiederhergestellt werden.
cubanpete schrieb:Aber es gibt den Engländern und Europa auch eine zweite Chance vielleicht etwas weniger "aufzublasen" und etwas einfachere (und vor allem billigere) Lösungen zu suchen.
Wie ich schon mehrfach hier geschrieben haben: Aus einer
strategischen Perspektive ist es im Interesse der EU, die Kosten für den Austritt so hoch wie möglich zu machen. Also z. B. künftige Handelsabkommen mit den Briten zu erschweren, den Handel mit den eigenen Handelspartnern bewusst (aber verdeckt) sogar zu sabotieren, den Wiedereintritt möglichst hart und unattraktiv zu machen.
Das ist keine Gehäßigkeit, sondern eine
einfache, rationale Überlegung:
Wenn ich möchte, dass möglichst viele Leute einem Verein beitreten, liegt es dann in meinem Interesse, den Austritt leicht und den Eintritt schwer zu machen oder umgekehrt?
Es ist doch offensichtlich, dass aus Sicht von jemanden, der die Gruppen zusammenhalten will, die Kosten für den Austritt so hoch wie möglich sein müssen. Diese
Strategie ist aus seiner Sicht optimal, alles andere kann dagegen zur Verhandlungsmasse werden, wie eben Britenrabatt, Rechtssituation in anderen Ländern und die dortige Wirtschaft.
Seltsamerweise scheint das Verhalten der EU diesem strategischen Kalkül zu entsprechen.
(Übrigens, unsere Gesellschaft geht ganz selbstverständlich auch nach diesem Schema vor, wenn sie eine Gemeinschaft von Menschen möglichst langlebig machen will. Beispielsweise bei der Ehescheidung.)
(21.01.2019, 22:25)Bucketeer schrieb: [ -> ]es geht doch gar nicht um volkswirtschaftliche Fakten. Es geht um Autonomie und Gefühle...
Wer das nicht bemerkt, blickt gar nichts mehr!
Wir können den Wählern alle nur vor den Kopf gucken. Es kann auch sein, dass da völlig irrationale Gedankengänge vorherrschten (Wiederherstellung des Ruhms des alten Empire durch Austritt) oder die Wähler sich nix dabei gedacht haben.
Viele wichtige europäische Firmen liegen in Irland, wie sieht es da aus?