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Normale Version: Bayer
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Es wird dezeit oft gesagt: "Die Marktkapitalisierung von Bayer ist weniger als die Bewertung von Monsanto beim Kauf".

Damit wird suggeriert, dass man quasi Bayer geschenkt bekommt, wenn man jetzt kauft. Das ist aber natürlich ein Trugschluss: schließlich war es keine Fusion, sondern Bayer hat Monsanto gekauft, d.h., durch den Kauf von Monsanto hat sich der Wert von Bayer nicht geändert, lediglich ist Geld in Assets getauscht worden. Und der Kaufpreis war immens.


Der Hinweis auf den Wert der Assets bringt auch nicht viel. Eher muss man die Marktkapitalisierung mit dem Buchwert von Bayer vergleichen. Und der Buchwert je Aktie liegt bei ca. 50 € (Stand Ende 2018). Da sind die Risiken der US-Klagen sicher nicht in voller Höhe abgebildet.

Kaietan

(28.03.2019, 10:07)Banker schrieb: [ -> ]Das ist zwar noch überhaupt nicht abzusehen ob es so kommt. Da müssten erstmal ein paar mehr Verfahren in verschiedenen Gerichtszuständigkeiten bis zum Ende durchprozessiert werden. Aber es zeigt sich schon, dass das finanzielle Risiko erheblich scheint.

Es zeigt sich heute morgen aber auch, dass die Märkte  nicht mehr panisch reagieren. Kurs aktuell bei 3 Prozent im Minus könnte ein Zeichen dafür sein, dass schon vieles befürchtet und eingepreist wurde.

10 Tage mit 3% Minus machen insgesamt auch 30% Kursverlust. Frown 

In der von mir ja schon häufiger bemühten, sehr ähnlich gelagerten Lipobay-Krise ist der Kurs der Bayer-Aktie im finalen "Endspurt" von Q1/2002 bis Q1/2003 innerhalb von 12 Monaten langsam und schrittweise von 40€ auf 10€ gefallen. Ich behaupte mal, dass da sehr viele kleine Kursverlusten von etwa 3% dabei waren, denn ein massiver Kursrutsch von -50% oder mehr auf einen Schlag ist für mich nicht erkennbar. Und wie ebenfalls schon mehrfach von mir geschrieben: Der Albtraum endete damals erst, als man sich mit über der Hälfte der Kläger geeinigt hatte. Und bis das in diesem Fall passiert ist, wird noch sehr viel Wasser den Rhein heruntergeflossen sein und es wird noch viele 3% Kursverluste gegeben haben...

Seinerzeit war das fragliche Produkt (Baycol/Lipobay) übrigens ebenfalls von den Behörden zugelassen worden. Zu Beginn der Krise machte man von Konzernseite noch derartige Statements: "Auf die Nebenwirkungen haben wir bei den Anträgen auf Zulassung hingewiesen und auch im Beipackzettel war dies deutlich hervorgehoben". Das alles schützt dich aber natürlich nicht vor Schadenersatzklagen.

Thor3

Die Analogie mit Lipobay liegt nahe, aber damals waren es doch eben die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, welche so fatal waren. Bayer selbst agierte damals doch proaktiv, kontaktierte die FDA, nahm Lipobay vom Markt.

Glyphosat wird doch nun nachgesagt, dass es bei korrekter Anwendung krebserregend sei, was die FDA und alle möglichen sonstigen Behörden weltweit so nicht sehen. Lediglich die IARC kam zu einer sehr kontroversen andersartigen Einschätzung.

Kaietan

(28.03.2019, 11:09)Thor3 schrieb: [ -> ]Die Analogie mit Lipobay liegt nahe, aber damals waren es doch eben die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, welche so fatal waren. Bayer selbst agierte damals doch proaktiv, kontaktierte die FDA, nahm Lipobay vom Markt.

Glyphosat wird doch nun nachgesagt, dass es bei korrekter Anwendung krebserregend sei, was die FDA und alle möglichen sonstigen Behörden weltweit so nicht sehen. Lediglich die IARC kam zu einer sehr kontroversen andersartigen Einschätzung.

Ja, die Nebenwirkungen traten gehäuft auf, wenn es eine co-Medikation mit Fibraten gab. Die in den USA verwendete Dosierung war jedoch schlichtweg zu hoch. Deswegen gab es dort deutlich gehäufter Nebenwirkungen, die hier in Europa in dem Maße nicht beobachtet wurden.

Im Grundsatz ist die Vorgeschichte aber egal: Wenn du ein Produkt in Umlauf bringst, das den Anwender schädigt, kannst du dafür haftbar gemacht werden. Auch wenn die Behörden dir den Vertrieb genehmigt haben und du das Produkt dann auch zeitnah vom Markt nimmst, schützt dich das nicht vor Schadenersatzansprüchen. Die Frage, ob Glyphosat korrekt angewendet tatsächlich carcinogen wirkt, ist in der Tat umstritten. Meiner Meinung nach sprechen die meisten Daten eher dagegen. Aber wenn die Sache vor den Gerichten erst einmal eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat, dann hilft dir das nur wenig.

Erschwerend dürfte meiner Meinung nach die Abgabepraxis in den USA sein: Wenn du im Baumarkt (habe ich selbst gesehen) das Präparat als Hochkonzentrat im Gebinde von Behältern, die mehrere Gallonen enthalten, palettenweise abgibst, dann musst du dich nicht wundern, wenn Kunden sich vergiften. Denn wie immer macht die Dosis das Gift. Und die Kombination "riesiges Volumen" und "hochkonzentrierter Wirkstoff" abgegeben an Hinz und Kuntz gibt dem Hersteller halt eine gewisse Verantwortung, selbst dann, wenn der Kunde sich vergiftet, weil er die Anleitung nicht sorgfältig genug studiert hat. Das dürfte die Rückzugsposition für die Kläger sein, falls die Gerichte den Standpunkt treten, bei korrekter Anwendung seien keine carcinogenen Effekte zu erwarten. Ich habe jedenfalls vor einigen Jahren spontan Magenkrämpfe bekommen, als ich die Roundup-Türme im Kassenbereich gesehen habe (und die Krämpfe stellten sich dann Jahre später wiederum ein, als ich gehört habe, dass Bayer Monsanto übernehmen möchte).

Thor3

(28.03.2019, 11:42)Kaietan schrieb: [ -> ]
(28.03.2019, 11:09)Thor3 schrieb: [ -> ]....

... 
Erschwerend dürfte meiner Meinung nach die Abgabepraxis in den USA sein: Wenn du im Baumarkt (habe ich selbst gesehen) das Präparat als Hochkonzentrat im Gebinde von Behältern, die mehrere Gallonen enthalten, palettenweise abgibst, dann musst du dich nicht wundern, wenn Kunden sich vergiften. Denn wie immer macht die Dosis das Gift. Und die Kombination "riesiges Volumen" und "hochkonzentrierter Wirkstoff" abgegeben an Hinz und Kuntz gibt dem Hersteller halt eine gewisse Verantwortung, selbst dann, wenn der Kunde sich vergiftet, weil er die Anleitung nicht sorgfältig genug studiert hat. Das dürfte die Rückzugsposition für die Kläger sein, falls die Gerichte den Standpunkt treten, bei korrekter Anwendung seien keine carcinogenen Effekte zu erwarten. ... 

In der Tat mag dies das Rückzugsgefecht werden!


Dazu heute in der NZZ (wohl wieder paywall?):
https://www.nzz.ch/wirtschaft/bayer-toch..._2019-3-28

" ... Die Anwälte von Bayer wiederum hatten bis zuletzt versucht, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass sich Monsanto stets verantwortungsvoll verhalten habe. Keine einzige Regulierungsbehörde weltweit sei zu dem Schluss gekommen, dass Roundup Krebs verursache, sagte Anwalt Brian Stekloff. Die amerikanische Umweltbehörde EPA habe Roundup weiter zugelassen.

Stekloff bemühte sich, die Glaubwürdigkeit des Klägers in Abrede zu stellen; dieser habe selbst gesagt, er habe in all den Jahren, in denen er den Unkrautvernichter versprüht hatte, höchstens zweimal auf das Etikett geschaut. Selbst wenn die Geschworenen fänden, Roundup brauchte eine Krebswarnung auf dem Etikett, hätte Hardeman diese nicht gelesen, argumentierte der Anwalt. .... "


edit:
Und ich hoffe doch, dass die weltweit einzig negative Beurteilung von Glyphosate von der IARC, wie im link von Reuters spannend dokumentert, dann doch noch mal auseinander genommen wird in späteren Prozessen:

https://www.reuters.com/investigates/spe...lyphosate/
(28.03.2019, 10:07)Banker schrieb: [ -> ]Bayer wurde jetzt also in dem aktuell anhängigen Verfahren zu 5 Millionen USD Schadensersatz und 75 Millionen USD Strafzahlung verurteilt. Bayer geht in Revision, anschließend müsste der Richter Schadensersatz und Strafzahlung festsetzen und auch dagegen kann und wird Bayer in Revision gehen.

Bis das also Dingfest ist, dürfte noch einges Wasser den Rhein runter fließen.

Nimmt man aber im worst case die Strafzahlung von 5 Millionen USD pro Fall und multipliziert das mit den 11.000 offensichtlich vergleichbaren Fällen, dann käme man auf eine Gesamtsumme von 55 Mrd. USD, die im Feuer stehen. Von manchen Analysten werden Summen zwischen 15 und 30 Milliarden Dollar genannt.

Das ist zwar noch überhaupt nicht abzusehen ob es so kommt. Da müssten erstmal ein paar mehr Verfahren in verschiedenen Gerichtszuständigkeiten bis zum Ende durchprozessiert werden. Aber es zeigt sich schon, dass das finanzielle Risiko erheblich scheint.

Es zeigt sich heute morgen aber auch, dass die Märkte  nicht mehr panisch reagieren. Kurs aktuell bei 3 Prozent im Minus könnte ein Zeichen dafür sein, dass schon vieles befürchtet und eingepreist wurde.

Mehr Informationen:
https://www.handelsblatt.com/unternehmen...53354.html
https://www.handelsblatt.com/unternehmen...53406.html

Meine Rechnung sieht da anders aus:

11.000 Kläger * 80 Mio US$ = 880 Mrd US$.

+ Rechtskosten: kann leicht einige Mrd US$ ausmachen.

+ "Management Attention": die Aufarbeitung bindet immens das Management - das steht dann nicht für die normale Geschäftsfeldentwicklung zur Verfügung.

Banker

(28.03.2019, 15:26)Guhu schrieb: [ -> ]Meine Rechnung sieht da anders aus:

11.000 Kläger * 80 Mio US$ = 880 Mrd US$.

+ Rechtskosten: kann leicht einige Mrd US$ ausmachen.

+ "Management Attention": die Aufarbeitung bindet immens das Management - das steht dann nicht für die normale Geschäftsfeldentwicklung zur Verfügung.

Das unterstellt, dass die Punitive Damages in jedem Einzelfall in der Höhe zugesprochen und von höchster Instanz bestätigt werden. Das ist eigentlich nicht zu erwarten.

Es ist eigentlich auch nicht zu erwarten, dass es bei allen 11.000 Verfahren zu einem Schuldspruch kommt. Wenn Bayer erstmal dämmert, dass sie keine Chance haben, dann wird es Vergleichszahlungen geben. Und die werden nicht in der Höhe der Punitive Damages anfallen sondern im Bereich der klassischen Schadensersatzansprüche.

Bei 880 Mrd. USD kannst du den Laden ja gleich direkt zu machen. Rolleyes
Wie gesagt, wenn das eine Poison Pill war dan war es Selbstmord. Ich wundere mich was denn das Management für negative Folgen bei einem Aufkauf befürchtet hat? Ist da was in den Büchern das nicht raus darf? Oder waren die Manager einfach so dumm und haben geglaubt mit diesem Aufkauf zwar ein schlechtes Geschäft zu machen aber wenigstens andere Aufkäufer fern zu halten? Und warum will Bayer einen potentiellen Aufkäufer fern halten?

Ich würde und werde die Finger von diesem Papier lassen. Poison Pills sind vor allem Gift für die Aktionäre.

Blaues Hufeisen

(28.03.2019, 10:53)Kaietan schrieb: [ -> ]
(28.03.2019, 10:07)Banker schrieb: [ -> ]Das ist zwar noch überhaupt nicht abzusehen ob es so kommt. Da müssten erstmal ein paar mehr Verfahren in verschiedenen Gerichtszuständigkeiten bis zum Ende durchprozessiert werden. Aber es zeigt sich schon, dass das finanzielle Risiko erheblich scheint.

Es zeigt sich heute morgen aber auch, dass die Märkte  nicht mehr panisch reagieren. Kurs aktuell bei 3 Prozent im Minus könnte ein Zeichen dafür sein, dass schon vieles befürchtet und eingepreist wurde.

10 Tage mit 3% Minus machen insgesamt auch 30% Kursverlust. Frown 

Rechnerisch nicht ganz korrekt :)
(28.03.2019, 15:32)Banker schrieb: [ -> ]
(28.03.2019, 15:26)Guhu schrieb: [ -> ]Meine Rechnung sieht da anders aus:

11.000 Kläger * 80 Mio US$ = 880 Mrd US$.

+ Rechtskosten: kann leicht einige Mrd US$ ausmachen.

+ "Management Attention": die Aufarbeitung bindet immens das Management - das steht dann nicht für die normale Geschäftsfeldentwicklung zur Verfügung.

Das unterstellt, dass die Punitive Damages in jedem Einzelfall in der Höhe zugesprochen und von höchster Instanz bestätigt werden. Das ist eigentlich nicht zu erwarten.

Es ist eigentlich auch nicht zu erwarten, dass es bei allen 11.000 Verfahren zu einem Schuldspruch kommt. Wenn Bayer erstmal dämmert, dass sie keine Chance haben, dann wird es Vergleichszahlungen geben. Und die werden nicht in der Höhe der Punitive Damages anfallen sondern im Bereich der klassischen Schadensersatzansprüche.

Bei 880 Mrd. USD kannst du den Laden ja gleich direkt zu machen. Rolleyes

Du hattest ja von worst case geschrieben. Und worst case ist worst case, nicht best case.
Im übrigen - wer sagt denn, dass sich die Anzahl der Klagen nicht nich erhöht?