(03.04.2024, 20:52)saphir schrieb: [ -> ]Kannst du das mal näher erklären?
Was soll man da tiefer erklären?
Es ist eben nicht so, dass die Leute "spontan" angefangen haben, so zu sprechen. Es kommt von Oben. Es wird durch Autoritätspersonen wie Lehrer, Beamte usw. aufgedrängt.
Und es macht das Lesen umständlicher und ist insbesondere schlecht für Vorleseprogramme und dergleichen.
saphir schrieb:Aber verbreitet wird es doch von Menschen bzw. wodurch kam es in den Umlauf?
Ich bin kein Experte. Letztlich keine Ahnung.
Aber dieser Gendersprache kam meines Erachten im Umlauf als Konsequenz aus einer bestimmten
Ideologie Theorie darüber, wie die menschliche Psyche im Allgemeinen funktioniert.
Insbesondere geht es um die Theorie des sog. "Primings". Das ist ein angeblicher psychologischer Effekt, der darin bestehen soll, dass z. B. Leistungen in einem Test unterschiedlich sind, je nachdem, ob den Versuchspersonen gesagt wurde, sie wären gut.
Historisch gesehen geht es auf ein Experiment von
Rosenthal zurück. Dabei wurden Lehrern gesagt, dass einige zufällig ausgewählte Schüler hochbegabt seien und bald einen Entwicklungsschub machen würden. Anschließend wurde angeblich festgesellt, dass sich die Leistungen der Schüler tatsächlich verbessert habe. Ich habe vor langer Zeit mal einen Bericht gelesen, der Zweifel an diesem Experiment weckt.
Der Effekt bestand dann aber darin, dass die Lehrer bewusst oder unbewusst diesen Kindern mehr Aufmerksamkeit, vielleicht auch Förderung, schenkten.
Beim Priming geht es meines Wissen darum, dass der Versuchsleiter in einer fingierten Testsituation gegenüber den Versuchspersonen so eine Aussage macht wie
"Frauen schneiden in diesem Test in der Regel schlechter ab" und anschließend schneiden die weiblichen Versuchspersonen wirklich schlechter ab.
Dies wird dann in einer Art Analogieschluss oder Spekulation auf die Sprache übertragen. Die Idee ist, dass Menschen (egal welchen Geschlechtes) beim generischen Maskulinum in erster Linie an Männer denken. Zum Beispiel beim Wort "Ärzte" oder "Fußballspieler". Dort kommt dann das Bild einer Gruppe von Männern aus, die als Ärzte praktizieren oder eben Profi-Fußballer sind.
Dies würde, analog eben zum Priming, dazu führen, dass Frauen weniger erfolgreich sind.
Und dies wiederum wird durch das Gendern bekämpft.
Das witzige daran ist nun, die gesamte Theorie rund um das Priming steckt in dem, was man in der Sozialpsychologie die
Reproduktionskrise nennt.
Die Sozialpsychologie steht nämlich vor einer Reihe von methodischen Problemen, u. a. gibt es die Tendenz, nur positive Ergebnisse zu publizieren. Studien, bei denen es kein statistisches Ergebnis gab, werden in der Regel nicht publiziert. Dies führt dazu, dass mitunter die Daten statistisch "massiert" werden, um möglichst ein Ergebnis zu haben.
Zudem finden viele psychologische Studien an Studenten der Psychologie selbst statt, jedenfalls an Personen aus den akademischen Milieu.
Jedoch ist dieses Milieu nicht zwangsläufig repräsentativ für die Gesamtbevölkerung, schon deshalb, weil z. B. jeder Psychologiestudent die Theorie des Primings usw. selbst kennt. Er nimmt also an einem Experiment zur Prüfung eines Effektes teil, den er wahrscheinlich selbst schon kennt und zu dem er eine Meinung hat.
Es gibt zudem den Verdacht, dass manche Studien schlicht gefälscht sein könnten und/oder von den Psychologen absichtlich in eine bestimmte Richtung interpretiert werden, um z. B. nicht als uninteressante Elfenbeinturmtätigkeit, sondern als gesellschaftlich relevant zu erscheinen.
Das sind natürlich methodische Probleme und sie bedeuten nicht, dass die Theorie von Priming oder seine Anwendung auf die Sprache falsch sein muss.
Methodische Zweifel lassen uns erst Mal ohne Ergebnis zurück.
Jedoch gibt es zumindest ein stichhaltiges Argument, auch inhaltlich an der These zu zweifeln. Bei einem Arzt denken wir an einen Mann, oder?
Dennoch sagen Statistiken, dass ca.
2/3 aller Medizinstudenten weiblich sind. Beim Lehrer denken wir ebenfalls an einen Mann und dennoch ist die Lehrerin das verbreitetere Klischee.
Bei einem Psychologen zeigen uns Hollywoodfilme bis heute einen mittelalten bis älteren, bärtigen Mann, der seinen Patienten auf die Couch legt. Dennoch heißt es dann:
"Im Wintersemester 2016/17 zählte die Psychologie mit über 75.000 Studierenden zu den zehn beliebtesten Studienfächern in Deutschland. Allerdings sind Männer deutlich unterrepräsentiert. Etwa 75 Prozent der Studierenden sind weiblich. Das berichtet der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP)."
Forschung und Lehre, Psychologie:
Männermangel in der Psychologie. (Hervorgehoben von mir!)
Falls es also wirklich einen
Primingeffekt durch die Sprache gibt, der die Leistungen von Frauen irgendwie einschränken soll oder die von Männern verbessern soll, dann stehen wir vor der Herausforderung, solche Dinge wie oben gemäß dieser Theorie zu erklären.
Die Quellen, die ich gewählt habe, sind jetzt einfach schnell aus dem Internet geholt... War nicht mal aufwändig...