(06.04.2019, 18:29)cubanpete schrieb: Das Geld ist ein Tauschmittel und wird als solches genutzt bis jemand seine Schulden zurückzahlt. Weil, Geld ist nichts weiter als ein Schuldschein, das gleiche wie eine Schuldverschreibung, Obligation oder Bond. Nur ohne Zins, auch ohne Negativzins und das ist verschiedenen Institutionen ein Dorn im Auge, sie wollen das Bargeld deswegen abschaffen.
Ich dachte ich mache mal einen separaten Thread dazu auf. Es geht um die obige Aussage; ich habe stellvertretend mal cubanpete zitiert, aber diese Sichtweise ist ja bei extrem vielen Menschen verbreitet, gerade auch bei sehr kundigen, gut informierten Menschen.
Ich halte die Sichtweise allerdings für falsch. Man muss unterscheiden zwischen Zentralbankgeld/Bargeld und Giralgeld/Buchgeld auf dem Bankkonto. Das Giralgeld auf meinem Bankkonto ist immer "nur" eine Forderung an die Bank auf Auszahlung von Bargeld (Zentralbankgeld). Da dieser Forderung fast immer nachgekommen wird, gilt es für viele Menschen als das gleiche - ist es aber nicht. Soweit ist die eingangs geschilderte Sichtweise richtig. So gut wie alles Geld liegt nämlich "nur" in Form von Giralgeld vor; der Großteil davon wird durch die Geldschöpfung per Kreditvergabe seitens der Geschäftsbanken erzeugt - aus dem Nichts.
Wenn ich das Geld aber abgehoben habe und bspw. 50 EUR in den Händen halte, dann ist mir nicht klar, wo die "Schuld" ist. Wer hat eine Verbindlichkeit und wer hat eine Forderung in Bezug auf diesen 50 EUR-Schein?
Das mag früher mal so gewesen sein, als man das Geld bei der Bank oder Zentralbank jederzeit in Gold umtauschen konnte. Das Gold war die eigentliche Kernwährung und ein Geldschein war sozusagen die verbriefte Forderung auf dieses Gold. Für die ausgebende Bank auf der anderen Seite war es eine Verbindlichkeit, denn sie musste jederzeit das Gold bereitstellen können.
Das Gold als Kernwährung jedoch war im Grunde eine Sache ohne Schuldverhältnis, man könnte auch sagen: Ein reines "Aktivum". Wenn ich eine Unze Gold in der Hand halte, dann gibt es da schließlich keinerlei Schuldverhältnis - ebenso wenig wie bei dem 50 EUR Schein von heute. Ich kann mit dem Schein rein gar nichts von der ausgebenden Bank fordern. Für die Bank stellt es also auch keine Verbindlichkeit dar.
Das Zentralbankgeld/Bargeld hat meiner Ansicht nach in unserem heutigen System denselben Stellenwert wie das physische Gold auf der Hand von damals.
Jetzt mag man einwenden: Es ändert doch nichts. Der Großteil des Geldes liegt auf der Bank, ist also "nur" Giralgeld. Jedoch macht es einen sehr großen Unterschied.
Hier ein ganz extremes überspitztes Beispiel: Sogar mit nur einer einzigen Euro-Münze (1€) kann ich unendlich viele Schulden zurückzahlen, also auch 1 Million oder 1 Milliarde EUR. Wieso? Weil der Euro sich ja nicht auflöst, wenn ich ihn an meinen Gläubiger zahle. Der Gläubiger wird den Euro fast immer auf die eine oder andere Weise wieder in den Kreislauf zurückleiten - und sei es, dass er ihn auf die Bank einzahlt und die den Euro wieder in Umlauf bringt. Durch die Erbringung von Arbeitsleistung oder den Verkauf von Sachen kann ich wieder in den Besitz des Euros kommen und denselben Euro nochmal verwenden.
Der Unterschied besteht in der Geldebene: Auf der Giralgeld- bzw. Schuldverhältnis-Ebene wird die Forderung meines Gläubigers verringert, wenn ich ihm den Euro gebe. Dieses Geld, welches nur spiegelbildlich in Form von Guthaben bzw. Schulden existiert, verpufft einfach. Es löst sich auf. Die Bilanz wird nämlich um genau den 1€ verkürzt, den ich meinem Gläubiger zurückgezahlt habe. Die Tilgung von Schulden vernichtet Geld.
Aber eben nur auf der Ebene des Geldes, welches durch Kredite geschaffen wurde. Das echte zugrundeliegende Geld interessiert sich dafür überhaupt nicht. Und das ist nunmal das Zentralbankgeld/Bargeld. Der 1€ wandert einfach weiter. Er verschwindet jedoch nicht, nur weil die Schuld damit zurückgezahlt/reduziert wurde.
Wenn ich in früheren Zeiten jemandem meine Schulden in physischem Gold zurückgezahlt habe, dann wurde gleichfalls meine Schuld reduziert, aber das physische Gold blieb erhalten.
Wenn das alles soweit stimmt, dann ist es doch Blödsinn, wenn behauptet wird, dass jedem Geldvermögen auch immer eine gleich hohe Schuld gegenübersteht. Dadurch wird aber meiner Einschätzung nach beim gemeinen Bürger/Laien der Eindruck erweckt, dass Sparen irgendwie ... ein Nullsummenspiel ist. Und das ist ja ein fataler Fehlschluss.
Mal abgesehen davon: Es ist sowieso irrelevant, weil die meisten (großen) Vermögen nicht in Geld gebunden sondern in Sachwerten angelegt sind.