RE: Grundsatzdiskussion(en)-Qualität,Quantität,Aktivität,beste Beiträge des Forums
| 02.10.2021, 09:24
Kapitel 3
02:19 Uhr
Es waren einfach ganz andere Zeiten als heute. Die Internetblase war geplatzt und wir mitten im Bärenmarkt.
Alle waren ratlos wie es weitergeht. Langfristanlage? Hat sich keiner dafür interessiert - ging ja fortlaufend in
Salamitaktik bergab. Es gab immer wieder "Fake-Böden" nach denen es mehrere Tage oder auch mal wenige
Wochen aufwärts ging bevor es wieder böse abwärts ging.
Man ist immer wieder in die ehemaligen Börsenstars wie z.B. Amazon oder Infineon eingestiegen und hat auf die
Fresse bekommen wenn man zu lange drin blieb. Swing-Trading war das Thema, das Ding. Und für die richtig
harten Day-Trading. Hart vor allem deshalb weil man unterwegs war wie man es sich heute kaum noch vorstellen
kann. Mit 64kbits-ISDN-Leitung und als es das gab mit gebündelter ISDN-Leitung und dann mit einer 128kbits
Geschwindigkeit. Da ist einem fast schwindlig geworden als es plötzlich doppelt so schnell lief. Heute habe ich eine
50Mbits - Leitung. Also einfach mal fast 800 mal schneller als damals.
Hardware und Software waren auch dementsprechend. Windows98 und Windows2000 weil das stabiler lief.
Computer-Abstürze (Bluescreen of Death) waren fast an der Tagesordnung. Echtzeit-Daten die ständig hängen
geblieben sind. Chartsoftware die sich immer wieder aufgehängt hat. Alltag. Von daher - Daytrading war wirklich
nur was für die Harten.
Kann mich noch erinnern wie das bei mir war. Habe Bankkaufmann gelernt und war dann nach meiner Ausbildung
zuerst in der Finanzdienstleistungsbranche und dann in der durchstartenden IT-Branche unterwegs. Vertrieb,
Verkauf, Kundenberatung, Account-Manager. Hab ein paar Jahre richtig gutes Geld verdient, mit etwas über
Mitte 20 ein abbezahltes Häuschen und ordentlich Geld auf der hohen Kante gehabt. Hab viel gearbeitet, viel
verdient und einfach keine Zeit es für sinnloses Zeug auszugeben. Ausser vielen geilen Techno-Parties am Wochen-
ende und jedes Jahr das eine oder andere Techno-Festival die Geld gekostet haben, hatte ich keine Zeit für andere
Hobbies.
Was tun sprach Zeus und ich habe überlegt was ich mit dem Geld anfangen soll. War ja vom Fach und wollte mein
Geld nicht länger für ein paar mickrige Prozent auf dem Girokonto oder ein paar mickrigen Prozent mehr auf dem
Sparbuch oder Tagesgeldkonto lassen. Hab mir 6 Wochen lang jede Finanzzeitschrift gekauft die ich irgendwo finden
konnte. DM, Capital, Wirtschaftswoche, Finanzen, Der Aktionär, verschiede Fondsmagazine. Hab die dann jeden
Abend studiert, mir Notizen gemacht, viel nachgedacht und mir einen Plan gestrickt.
Es war noch die gute alte Zeit de D-Mark. Der Euro stand vor der Tür. Es war 1998 und ich habe mein Geld auf
fünf verschiedene Fonds verteilt. Internationale Wachstumswerte, Europäische Small-Caps, Europäische Small-
and Midcaps, Deutsche Aktien, Deutsche Mid-Caps. So von der Richtung her. Weiß nicht mehr wie die alle hießen.
Waren alles METZLER-Fonds. Die europäischen und deutschen Fonds habe ich in erster Linie wegen der Euro-
Einführung gekauft. Wechselkurse fallen weg. Gut für alle Unternehmen die breit in Europa aufgestellt waren.
Hatte noch Beziehungen und die damals ohne Ausgabe-Aufschlag bekommen. Sonst hätte ich noch 5%
Ausgabeaufschlag abdrücken müssen.
Dann wieder arbeiten - Vollgas. Hab meine Fonds monatelang nicht angeschaut - und war ganz erschrocken als ich
es doch tat das die Gesamtperfomance bei minus 3 oder 4 Prozent war. Egal. Langfristanlage. Ich hatte zu dem
Zeitpunkt nicht mal einen PC daheim - nur einen Firmenlaptop mit dem ich natürlich nichts privates gemacht habe.
Die Kurse habe ich mir per Fax-Abruf geholt. Manmanman was für Zeiten das waren.
Dann 1999 ging es richtig ab. Das Internet war in aller Munde. AOL-CDs gab es an jeder Ecke oder mehrmals im
Monat als Wurfsendung im Briefkasten. ALDI hat PCs verkauft. Wenn die im Angebot waren, standen die Kunden
früh auf und standen in langen Schlangen vorm ALDI wo sie auf die Eröffnung warteten. Es gab Berichte von sich
prügelnden Kunden die sich die PCs gegenseitig aus den Händen gerissen haben.
Und meine Fonds - sind abgegangen wie Luzie. Dazu habe ich weiter noch sehr gut verdient - war ja der Grund
warum ich in den Vertrieb wollte. Mein Chef meinte wenn es die Möglichkeit gäbe mich zu klonen würde er sofort
nochmal 10 von mir einstellen. Zu meiner Arbeit meinte er "Sie sind kein 100prozenter sondern ein 110prozenter".
War einfach immer gut vorbereitet, hab gut beraten und dementsprechend auch meine Ziele nicht nur erreicht
sondern übererfüllt und dementsprechend auch Provisionen und Boni kassiert. Ich habe in einem Jahr das mehrfache
von dem verdient was meine Eltern zu ihren besten Zeiten in einem Jahr verdient haben.
Das Geld habe ich dann zu einem großen Teil ausserhalb der Börse investiert. Und einen Teil dann im Herbst 1999
auch noch in Aktien - vor allem Neuer Markt - NEMAX und NEMAX50 - aber auch ein paar USA-Aktien die ich über
die Berliner Börse gekauft habe. Insgesamt waren das über 30 Einzelwerte. Gekauft per Fax- und Telefon-Order.
Ein halbes Jahr später im März 2000 waren die das doppelte Wert. Die Fonds hatten eine Gesamtperfomance von
um die 300%. Unterm Strich hatte ich plötzlich mehr Geld als meine Eltern in mehreren Jahrzehnten verdient haben.
Mir war das alles nicht mehr so ganz geheuer. Auf der einen Seite konnte man an der Tanke Titelseiten von Zeitungen
sehen auf denen von Putzfrauen die mit Aktien zu Millionäre werden lesen. INTERNETBOOM, AKTIENBOOM.
Auf der anderen Seite war auch immer wieder was von Blase und Übertreibung zu lesen. In den Wochen davor hatte
ich immer wieder Tage in denen meine Fond- und Aktieninvestments - das Depot gesamt einfach mal so 5-stellig zugelegt
haben. Aber es waren immer wieder auch ein paar Werte dabei die rot eingefärbt waren. Mittlerweile hatte ich auch
einen PC - selbst konfiguriert und zusammenbauen lassen und alle meine Werte in ein Musterdepot eingepflegt was
ich dann auch fast täglich verfolgt habe.
Mir war mulmig. Ich wollte raus - aus allem. Also einen Verkaufsauftrag an METZLER für alle Fonds gefaxt.
Und dann an den Rechner gesessen und angefangen die Verkaufsaufträge über das Internet (beim Online-Broker zu
dem ich meine Aktien inzwischen übertragen hatte) einzugeben. Mit einer ISDN-Leitung. Mit PIN und TAN-Listen.
Bin ein paar mal rausgeflogen und hatte die Schnauze voll. Hab das ganze dann telefonisch erledigt. Boah.
Das ging über eine Stunde. Das Mädel auf der anderen Seite war total aufgeregt und zittrig in der Stimme.
War wohl ziemlich beeindruckt von dem Depot. Musste dann jeden Auftrag mündlich durchgegeben - sie hat jeden
Auftrag mündlich wiederholt und ich musste das bestätigen. Wurde natürlich auch alles auf Band aufgezeichnet.
Wie gesagt - ging über eine Stunde. Sie war jeden Fall total aufgeregt und total verwirrt das ich alles verkaufe.
Mein Bauchgefühl hat sich nicht getäuscht. Ging nicht mehr richtig ab. Meine Verkäufe waren nicht am absoluten
hoch - aber auch nicht weit weg. Ging dann kurze Zeit später runter und dann nochmal hoch. Doppeltop.
Danach ging das Platzen der Blase los.
Das totale Gemetzel. Einige Firmen waren einfach weg. Oder plötzlich nur noch einen Bruchteil wert. Es gab dann
auch Bilder von ganzen Halden verschrotteter Computer und Server von Firmen die es nicht mehr gab oder die
sich zusammengeschrumpft haben. Server und Computer die noch wenige Wochen und Monate vorher für
zigtausende Euro und Dollar gekauft wurden haben sich auf den Strassen und Höfen gestapelt.
Und die Zeitungen - "Das Internet ist tot" - "Das Ende des Internets"
02:19 Uhr
Es waren einfach ganz andere Zeiten als heute. Die Internetblase war geplatzt und wir mitten im Bärenmarkt.
Alle waren ratlos wie es weitergeht. Langfristanlage? Hat sich keiner dafür interessiert - ging ja fortlaufend in
Salamitaktik bergab. Es gab immer wieder "Fake-Böden" nach denen es mehrere Tage oder auch mal wenige
Wochen aufwärts ging bevor es wieder böse abwärts ging.
Man ist immer wieder in die ehemaligen Börsenstars wie z.B. Amazon oder Infineon eingestiegen und hat auf die
Fresse bekommen wenn man zu lange drin blieb. Swing-Trading war das Thema, das Ding. Und für die richtig
harten Day-Trading. Hart vor allem deshalb weil man unterwegs war wie man es sich heute kaum noch vorstellen
kann. Mit 64kbits-ISDN-Leitung und als es das gab mit gebündelter ISDN-Leitung und dann mit einer 128kbits
Geschwindigkeit. Da ist einem fast schwindlig geworden als es plötzlich doppelt so schnell lief. Heute habe ich eine
50Mbits - Leitung. Also einfach mal fast 800 mal schneller als damals.
Hardware und Software waren auch dementsprechend. Windows98 und Windows2000 weil das stabiler lief.
Computer-Abstürze (Bluescreen of Death) waren fast an der Tagesordnung. Echtzeit-Daten die ständig hängen
geblieben sind. Chartsoftware die sich immer wieder aufgehängt hat. Alltag. Von daher - Daytrading war wirklich
nur was für die Harten.
Kann mich noch erinnern wie das bei mir war. Habe Bankkaufmann gelernt und war dann nach meiner Ausbildung
zuerst in der Finanzdienstleistungsbranche und dann in der durchstartenden IT-Branche unterwegs. Vertrieb,
Verkauf, Kundenberatung, Account-Manager. Hab ein paar Jahre richtig gutes Geld verdient, mit etwas über
Mitte 20 ein abbezahltes Häuschen und ordentlich Geld auf der hohen Kante gehabt. Hab viel gearbeitet, viel
verdient und einfach keine Zeit es für sinnloses Zeug auszugeben. Ausser vielen geilen Techno-Parties am Wochen-
ende und jedes Jahr das eine oder andere Techno-Festival die Geld gekostet haben, hatte ich keine Zeit für andere
Hobbies.
Was tun sprach Zeus und ich habe überlegt was ich mit dem Geld anfangen soll. War ja vom Fach und wollte mein
Geld nicht länger für ein paar mickrige Prozent auf dem Girokonto oder ein paar mickrigen Prozent mehr auf dem
Sparbuch oder Tagesgeldkonto lassen. Hab mir 6 Wochen lang jede Finanzzeitschrift gekauft die ich irgendwo finden
konnte. DM, Capital, Wirtschaftswoche, Finanzen, Der Aktionär, verschiede Fondsmagazine. Hab die dann jeden
Abend studiert, mir Notizen gemacht, viel nachgedacht und mir einen Plan gestrickt.
Es war noch die gute alte Zeit de D-Mark. Der Euro stand vor der Tür. Es war 1998 und ich habe mein Geld auf
fünf verschiedene Fonds verteilt. Internationale Wachstumswerte, Europäische Small-Caps, Europäische Small-
and Midcaps, Deutsche Aktien, Deutsche Mid-Caps. So von der Richtung her. Weiß nicht mehr wie die alle hießen.
Waren alles METZLER-Fonds. Die europäischen und deutschen Fonds habe ich in erster Linie wegen der Euro-
Einführung gekauft. Wechselkurse fallen weg. Gut für alle Unternehmen die breit in Europa aufgestellt waren.
Hatte noch Beziehungen und die damals ohne Ausgabe-Aufschlag bekommen. Sonst hätte ich noch 5%
Ausgabeaufschlag abdrücken müssen.
Dann wieder arbeiten - Vollgas. Hab meine Fonds monatelang nicht angeschaut - und war ganz erschrocken als ich
es doch tat das die Gesamtperfomance bei minus 3 oder 4 Prozent war. Egal. Langfristanlage. Ich hatte zu dem
Zeitpunkt nicht mal einen PC daheim - nur einen Firmenlaptop mit dem ich natürlich nichts privates gemacht habe.
Die Kurse habe ich mir per Fax-Abruf geholt. Manmanman was für Zeiten das waren.
Dann 1999 ging es richtig ab. Das Internet war in aller Munde. AOL-CDs gab es an jeder Ecke oder mehrmals im
Monat als Wurfsendung im Briefkasten. ALDI hat PCs verkauft. Wenn die im Angebot waren, standen die Kunden
früh auf und standen in langen Schlangen vorm ALDI wo sie auf die Eröffnung warteten. Es gab Berichte von sich
prügelnden Kunden die sich die PCs gegenseitig aus den Händen gerissen haben.
Und meine Fonds - sind abgegangen wie Luzie. Dazu habe ich weiter noch sehr gut verdient - war ja der Grund
warum ich in den Vertrieb wollte. Mein Chef meinte wenn es die Möglichkeit gäbe mich zu klonen würde er sofort
nochmal 10 von mir einstellen. Zu meiner Arbeit meinte er "Sie sind kein 100prozenter sondern ein 110prozenter".
War einfach immer gut vorbereitet, hab gut beraten und dementsprechend auch meine Ziele nicht nur erreicht
sondern übererfüllt und dementsprechend auch Provisionen und Boni kassiert. Ich habe in einem Jahr das mehrfache
von dem verdient was meine Eltern zu ihren besten Zeiten in einem Jahr verdient haben.
Das Geld habe ich dann zu einem großen Teil ausserhalb der Börse investiert. Und einen Teil dann im Herbst 1999
auch noch in Aktien - vor allem Neuer Markt - NEMAX und NEMAX50 - aber auch ein paar USA-Aktien die ich über
die Berliner Börse gekauft habe. Insgesamt waren das über 30 Einzelwerte. Gekauft per Fax- und Telefon-Order.
Ein halbes Jahr später im März 2000 waren die das doppelte Wert. Die Fonds hatten eine Gesamtperfomance von
um die 300%. Unterm Strich hatte ich plötzlich mehr Geld als meine Eltern in mehreren Jahrzehnten verdient haben.
Mir war das alles nicht mehr so ganz geheuer. Auf der einen Seite konnte man an der Tanke Titelseiten von Zeitungen
sehen auf denen von Putzfrauen die mit Aktien zu Millionäre werden lesen. INTERNETBOOM, AKTIENBOOM.
Auf der anderen Seite war auch immer wieder was von Blase und Übertreibung zu lesen. In den Wochen davor hatte
ich immer wieder Tage in denen meine Fond- und Aktieninvestments - das Depot gesamt einfach mal so 5-stellig zugelegt
haben. Aber es waren immer wieder auch ein paar Werte dabei die rot eingefärbt waren. Mittlerweile hatte ich auch
einen PC - selbst konfiguriert und zusammenbauen lassen und alle meine Werte in ein Musterdepot eingepflegt was
ich dann auch fast täglich verfolgt habe.
Mir war mulmig. Ich wollte raus - aus allem. Also einen Verkaufsauftrag an METZLER für alle Fonds gefaxt.
Und dann an den Rechner gesessen und angefangen die Verkaufsaufträge über das Internet (beim Online-Broker zu
dem ich meine Aktien inzwischen übertragen hatte) einzugeben. Mit einer ISDN-Leitung. Mit PIN und TAN-Listen.
Bin ein paar mal rausgeflogen und hatte die Schnauze voll. Hab das ganze dann telefonisch erledigt. Boah.
Das ging über eine Stunde. Das Mädel auf der anderen Seite war total aufgeregt und zittrig in der Stimme.
War wohl ziemlich beeindruckt von dem Depot. Musste dann jeden Auftrag mündlich durchgegeben - sie hat jeden
Auftrag mündlich wiederholt und ich musste das bestätigen. Wurde natürlich auch alles auf Band aufgezeichnet.
Wie gesagt - ging über eine Stunde. Sie war jeden Fall total aufgeregt und total verwirrt das ich alles verkaufe.
Mein Bauchgefühl hat sich nicht getäuscht. Ging nicht mehr richtig ab. Meine Verkäufe waren nicht am absoluten
hoch - aber auch nicht weit weg. Ging dann kurze Zeit später runter und dann nochmal hoch. Doppeltop.
Danach ging das Platzen der Blase los.
Das totale Gemetzel. Einige Firmen waren einfach weg. Oder plötzlich nur noch einen Bruchteil wert. Es gab dann
auch Bilder von ganzen Halden verschrotteter Computer und Server von Firmen die es nicht mehr gab oder die
sich zusammengeschrumpft haben. Server und Computer die noch wenige Wochen und Monate vorher für
zigtausende Euro und Dollar gekauft wurden haben sich auf den Strassen und Höfen gestapelt.
Und die Zeitungen - "Das Internet ist tot" - "Das Ende des Internets"
__________________