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Roman "Der Dreh der Inkarnation" von McCarthy. Habe den Titel zuerst falsch verstanden, dachte an irgendwas religiöses, Inkarnation als Mensch-Geist-Übergang oder ähnliches. Aber es ging ganz profan um den Dreh, die Produktion eines Science-Fiction-Films mit Namen Inkarnation. Darin sind die Titelhelden ineinander verliebt und in Machtkämpfe verwickelt und finden schliesslich eine Lösung aus der Situation. Klingt nach einer langweiligen Variante von Star Wars, aber das ist nur die Rahmenhandlung des Romans, die eigentliche Stärke ist das Drumherum. Es wird hart daran gearbeitet, die Situationen möglichst wahrheitsgetreu zu zeigen (was stellt der Sonnenwind mit einem Raumschiff wirklich an?), Wissenschaftler sind in die Konzeption, Bearbeitung, Konzeption, den Dreh und die Bearbeitung (kleiner Höhepunkt das Kapitel über Post-Produktion, eine unterschätzte Handwerkskunst des Render Wrangler) eingebunden. Dabei geht es mit dem Tech-Sprech gehörig zur Sache. Wie ist dass wenn sich Fachleute unterhalten? Man versteht nur Bahnhof und kann im besten Fall Analogien zu Dingen herleiten, die irgendwie vertraut sind, bspw. frühere Industrietechniken oder Naturereignisse. Das ist so gewollt, aber selbst diese Ebene ist nur schmückendes Beiwerk. Interessant wird es wenn die Physiker vom Thema abschweifen und neue Gedankengänge entwickeln, beste Form und Ausführung des Bewusstseinstroms.
Beispiel: während einer Messung im Windkanal mit einer ausführlichen Beschreibung der technischen Apparaturen und Messvorgänge sind die Angestellten voll bei der Sache. Die Messwerte und Videos werden auch gebraucht um für einige Filmszenen authentische Situationen herzustellen. Während der Messung singen einige der Statisten ein altes Lied vor sich hin. Der Beobachter kann es identifizieren und auf die Zeit der Pestepidemien im Mittelalter zurückdatieren. Die Romanfigur findet eine direkte Verbindung des Liedes zu einem Holländer der damals zum ersten Mal in Kontakt mit Tulpen kam. Von da ist es ein kleiner Schritt zur Tulpenblase. Die Romanfigur denkt darüber nach, dass die damaligen Regulierungsbehörden zu einem bestimmten Zeitpunkt den Handel mit Tulpenzwiebeln komplett verboten hatten.
Faktencheck: der Autor hat in einem Nebensatz tradierte Erzählformen der Spekulationsblase neu bewertet. Selbst im Film Wall Street 2 wird der Standpunkt von Mackay (Autor aus dem 19. Jahrhundert, bekannt für "Popular delusions and the Madness of crowds") unkritisch übernommen. Zeit für eine marktrationelle Neubewertung der Marktereignisse? Selbst Wikipedia grenzt die traditionelle Deutung von moderneren Ansichten ab.
Es gibt im Roman noch weitere spannende Handlungsstränge, insgesamt sehr lesenswert.
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