Zitat:Batterie leer, Börsenstandort Deutschland mit noch weniger Energie!
So lässt sich der katastrophale Restrukturierungsplan von VARTA AG zusammenfassen. Er sieht per speziellem Gesetz vor, dass die Aktionäre entschädigungslos ausscheiden. Es wäre nach der Sanierung des Autozulieferers LEONI der zweite Fall, bei dem sich Anleger betrogen fühlen müssen. Und es ist absehbar, dass der Schaden weit über Varta und Leoni hinausgeht. Bleibt die Politik tatenlos, droht der Kapitalmarkt seine wichtige Finanzierungsfunktion zu verlieren.
Das Problem hat 6 Buchstaben: StaRUG. StaRUG steht für Gesetz zur Stabilisierung und Umstrukturierung. Das 2021 auf EU-Initiative in Kraft getretene Gesetz soll insolvenzbedrohten aber überlebensfähigen Firmen helfen, sich zu restrukturieren ohne dabei formell Insolvenz beantragen zu müssen. StaRUG ist eine Art deutsche Chapter 11-Restrukturierung – eine aktionärsfeindliche Version davon – eine Katastrophe für die hiesige Aktienkultur.
Denn bei einem Sanierungsplan nach StaRUG können Aktionäre übergangen werden, wenn sich einzelne Gläubigergruppen einigen und das Eigenkapital auf null herabsetzen. Ich möchte nicht Aktionäre schützen, die sich verzockt haben. Aber selbst die haben das Recht, in einem transparenten Prozess eine Restrukturierung zu begleiten. Sollte sich herausstellen, dass die Schulden tatsächlich die Assets massiv übersteigen, dann heißt es game over.
Wie gefühlt unfair die Restrukturierung bei Varta läuft, macht die Rolle des Großaktionärs Michael Tojner deutlich. Der ist der einzige Altaktionär, der bei Varta 2.0 wieder mitmachen darf. Dabei war er es, der mit dafür gesorgt hat, dass Varta 2021 und 2022 gut 200 Millionen Euro an Dividenden ausgeschüttet hat. Geld, das der hoch verschuldeten Batteriefirma heute fehlt. Und Tojner hat nicht nur Dividenden kassiert, sondern zwischen 2019 und 2022 noch kräftig Kasse gemacht und gut 4 Mio. Varta-Aktien verkauft.
Sollte StaRUG bei Varta durchgezogen werden, wäre es die Blaupause für weitere Enteignungen. Eine Katastrophe für finanzschwache Firmen. Anleger würden aus Angst vor weiteren Enteignungen die Aktien solcher Firmen verkaufen und den Wert der Aktien in den Boden rammen. Kapitalerhöhungen wären dann schon allein wegen des niedrigen Börsenkurses nicht mehr möglich, weil Altaktionäre komplett verwässert werden müssten. Ein Teufelskreis!
Die Politik muss handeln und Aktionären faire Rechte bei der Restrukturierung einräumen. Tojners Reaktion ist an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung hat er betont, wie weh ihm das Aus der Kleinanleger tue. „Ich unterrichte seit mehr als 20 Jahren an der Wirtschaftsuniversität Wien, und die mangelnde Kapitalmarktorientierung in Europa ist eines meiner Hauptthemen, weil sie Unternehmenswachstum und kontinentale Wettbewerbsfähigkeit verhindert.“
Die Fälle Varta und Leoni kann Tojner in seine Vorlesung einbauen. Hoffen wir, dass keine weiteren Fälle dazukommen.
Autor:
Holger Zschäpitz
Leitender Redakteur WELT
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