Zitat:Autobauer kündigt Sparkurs an:
VW-Krise: Was muss die Politik jetzt tun?
Katharina Schuster
05.09.2024 | 04:47
Alarmstimmung bei VW: Der Konzern plant einen Umbau. Mitarbeiter sorgen sich um ihre Jobs. Was der Autobauer die letzten Jahre falsch gemacht hat und was die Politik tun kann.
Krisenstimmung in Wolfsburg: Europas größter Autobauer hat angekündigt, den Sparkurs bei VW noch einmal zu verschärfen. Erstmals seit 30 Jahren könnte es Entlassungen geben. Hintergrund ist die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens.
Ob die Entlassungen bei VW unvermeidbar sind und was die Politik tun kann, darauf haben zwei Experten Antworten.
Sind Entlassungen bei VW unvermeidbar?
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält Werksschließungen und Entlassungen bei Volkswagen für wahrscheinlich unvermeidbar. Volkswagen habe sehr erfolgreiche Jahre gehabt, jetzt gebe es Zeiten, in denen man sich neu aufstellen müsse, stellt Marcel Fratzscher im ZDF heute journal update fest.
Volkswagen habe in den letzten zehn Jahren einige große Fehler gemacht. Diese müsse VW jetzt korrigieren. Dafür brauche es "erst einmal eine Konsolidierungsphase, damit man wieder mehr investieren kann in neue Technologie".
Welche Fehler hat VW gemacht?
VW hatte viele gute Jahre mit hohen Verkaufszahlen. Ein Grundproblem sei, dass der Konzern und überhaupt die deutsche Auto-Industrie diese Zeit nicht genutzt habe, um sich einen Plan zu machen, was nach dem Verbrenner-Fahrzeug kommt, macht Ökonom Jens Südekum im ZDF heute journal klar. "Da waren andere einfach schneller", sagt Südekum, der auch SPD-Mitglied ist.
So sieht das auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Volkswagen habe immer einen riesigen Vorteil bei der Dieseltechnologie gehabt und das sehr gut ausgenutzt, sagt Marcel Fratzscher im ZDF. Volkswagen stand für hohe Qualität und Verlässlichkeit. Das führte zu einem hohen Marktanteil weltweit.
Erster Fehler:
Doch dann kam die E-Mobilität und Volkswagen setzte weiter auf den Verbrenner-Motor. Den Umstieg habe VW "verschlafen", so Fratzscher. Deshalb verliere der Konzern massiv an Marktanteilen und wenn man in die Zukunft schaue, sei die Prognose nicht gut.
Zweiter Fehler:
40 Prozent der Erträge von Volkswagen kommen noch immer aus China, so Fratzscher. Man habe sich von einem Markt viel zu abhängig gemacht und damit auch erpressbar. Das räche sich jetzt, weil VW im Bereich E-Autos wenig anzubieten hat, gerade im niedrig-preisigen Segment. Das machen die Chinesen selber.
Trägt die Politik eine Verantwortung?
Die Probleme seien nicht erst in den letzten drei Jahren entstanden, macht DIW-Präsident Fratzscher im ZDF heute journal update klar. Die Automobilbranche in Deutschland befinde sich bereits seit 2018 in einer Rezession.
Die Politik ist nicht an den Problemen von Volkswagen verantwortlich.
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident
Und deswegen sollte die Politik auch nicht mit Subventionen oder politischen Vorgaben versuchen Einfluss auszuüben, so Fratzscher. Denn: Die Entscheidung, was Volkswagen wieder voranbringe, sei eine betriebswirtschaftliche. Sie müsse vom Management getroffen werden. Der Staat solle nicht anfangen, selber Unternehmer zu werden.
Insgesamt sei das Wettbewerbsumfeld für die deutsche Industrie schwieriger geworden, macht darüber hinaus Ökonom Südekum klar. Der wichtige Markt in China würde nicht mehr so funktionieren wie früher. Die Chinesen stellen ihre eigenen Elektroautos her.
Was muss die Politik tun?
"Was wir jetzt vor allem brauchen, ist ein klares Signal auch der Bundesregierung, was Elektromobilität angeht", sagt Ökonom Südekum. Es brauche den "Markthochlauf von Elektroautos", also die zukünftige Verbreitung von Elektrofahrzeugen in einem oder mehreren Fahrzeugmärkten.
Wichtig sei es laut Südekum, dass sich die Politik um eine funktionierende öffentliche Ladestruktur kümmere. "Viele kaufen auch deshalb kein E-Auto, weil sie sich nicht sicher sein können bei der Reichweite oder der Verfügbarkeit von Ladepunkten", sagt Südekum.
DIW-Präsident Fratzscher wünscht sich von der Politik vor allem gute Rahmenbedingungen.
Dazu gehören laut Fratzscher:
mehr Investitionen in eine gute Infrastruktur
mehr Investitionen in Digitalisierung
mehr Investitionen in Fachkräfte und Innovation
Unternehmen würden wettbewerbsfähig nicht weil sie staatlich gelenkt werden, sondern weil sie "die besten Entscheidungen treffen, was sie langfristig voranbringt".
https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaf...o-100.html
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