Zitat:Konjunktur in der Krise
Gibt es 2025 Hoffnung für die Wirtschaft?
Stand: 06.01.2025 12:32 Uhr
Die deutsche Wirtschaft stagniert, die Konjunktur lahmt - und die Prognosen der Wirtschaftsforscher für das neue Jahr sehen mau aus. Hoffnungslos aber ist die Lage nicht. Was kann die Konjunktur 2025 beleben?
Von Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion
Der berühmte Blick in die Glaskugel fällt für die deutsche Wirtschaft derzeit düster aus. Mit Wahrsagerei aber haben die bitteren Prognosen für das neue Jahr wenig zu tun. Volkswirtinnen und Volkswirte beziehen sich auf konkrete Daten: Sie schauen in die Auftragsbücher der Unternehmen, betrachten die Konsumstimmung, die Exportlage oder die Erwartungen von Führungskräften.
Gertud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, sieht die Lage zum Jahreswechsel so: "Seit zwei Jahren haben wir gar kein Wachstum mehr, und wenn wir in die Details schauen, dann wächst nur noch der Staatskonsum. Die privaten Komponenten sind im Rückwärtsgang. Entsprechend ist die Stimmung auch bei den Konsumenten und Unternehmen schlecht."
Deutschland bleibt Europas "kranker Mann"
Und das spiegelt sich in den Prognosen wider. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) etwa geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2025 weiter stagniert und nur um 0,1 Prozent wächst. Etwas optimistischer ist die Industriestaatengemeinschaft OECD, die von einem Plus von 0,7 Prozent ausgeht. Damit aber ist Deutschland im Kreis der Industrienationen das Schlusslicht.
Deutschland sei wirtschaftlich gesehen weiterhin der kranke Mann Europas, so Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank: "Wir gucken in ein Jahr, das geprägt sein wird von Handelskriegen, Handelsspannung, von einer US-Wirtschaft, die deutlich attraktiver wird, sodass wir sehen können, dass deutsche Unternehmen sich immer mehr in Richtung USA orientieren werden. Wir haben immer noch einen Krieg in Europa. Wir haben immer noch Unsicherheit bei der Energiepolitik. Und wir haben aktuell noch keine neue Bundesregierung."
Neue Regierung und Konsum als Wirtschaftsmotor?
Und dennoch: Trotz der Misere gibt es auch die Hoffnung, dass es nach der Bundestagswahl Ende Februar wirtschaftlich wieder bergauf geht. "Die Hoffnung bleibt, dass wir im Laufe des Jahres so was wie einen Brustlöser bekommen von der nächsten Bundesregierung. Ein Investitionspaket, gepaart mit Strukturreformen. Und dann könnte es in der zweiten Jahreshälfte endlich auch mal wieder ein bisschen aufwärts gehen mit der deutschen Wirtschaft", so Brzeski.
Hoffnung für die Konjunktur aber geht auch vom Konsum aus. Während die Inflation zurückgegangen ist, sind die Löhne zuletzt teilweise deutlich gestiegen. Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, betont, noch aber hielten die Haushalte ihr Geld sehr stark zusammen - aus Sorge über die Zukunft. "Trotzdem denke ich, wird es so sein, dass zumindest ein Teil dieser Einkommen auch in die Konsumnachfrage fließen wird, das könnte die Konjunktur stützen."
Chancen und Unsicherheiten beim Export
Auch den Export macht Fuest weiterhin als Stärke der deutschen Wirtschaft aus: "Es ist richtig, dass bestimmte Exportmärkte schwieriger werden - China, eventuell auch die USA. Aber das heißt ja nur, dass wir uns neue Exportmärkte suchen müssen. Wir müssen zusehen, dass der EU-Binnenmarkt nicht vergessen wird; da gibt es noch viele Hindernisse, gerade im Dienstleistungsbereich. Also, da gibt es durchaus Chancen - und die sollten wir nutzen."
Und so hängt das Schicksal der deutschen Konjunktur durchaus auch von globalen Entwicklungen ab. Vor allem Donald Trump als neuer US-Präsident spielt eine entscheidende Rolle.
Was, wenn alles anders kommt?
Die Befürchtungen sind groß. Es könne aber auch anders kommen, betont Helaba-Chefvolkswirtin Traud: "Vielleicht arbeiten die internationalen Staaten und Organisationen auch besser wieder zusammen. Vielleicht geht die geopolitische Spannung zurück. Die Planungssicherheit würde sich erhöhen. Vielleicht kommt auch noch technologischer Fortschritt, das bedeutet: ein Anstieg der globalen Produktivität."
Für die deutsche Wirtschaft könnte das heißen, dass das Wachstum im besten Fall auch die Marke von einem Prozent erreicht - und sich die dunklen Wolken aus der Glaskugel der Wirtschaft nach und nach verziehen.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/wir...g-100.html
Zitat:Im Falle einer Großen Koalition
Wirtschaftsweise warnt vor "Reformstillstand"
Stand: 27.12.2024 10:20 Uhr
Die Vorsitzende des Sachverständigenrats Wirtschaft, Schnitzer, befürchtet einen Reformstau, sollte es im Bund eine Große Koalition geben. Es gebe viele inhaltliche Differenzen zwischen Union und SPD.
Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Monika Schnitzer, warnt vor den wirtschaftlichen Folgen einer großen Koalition. "Union und SPD kommen aus unterschiedlichen Welten, die nicht so leicht zusammenfinden." Es drohe ein Reformstillstand - und weiterer Wohlstandsverlust, sagte die Ökonomin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Aufgabe einer neuen Regierung sei es vor allem, Unsicherheit zu reduzieren.
Reform der Schuldenbremse "ganz wichtig"
Schnitzer unterstrich noch einmal ihre Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse. Die nächste Bundesregierung werde nicht darum herumkommen. Schon leichte Reformen könnten für einen erheblichen Spielraum sorgen. Besonders wichtig bei einer Reform der Schuldenbremse sei die gesetzliche Festlegung, "dass das zusätzliche Geld ausschließlich für zukunftsorientierte Investitionen - Verteidigung, Infrastruktur, Bildung - ausgegeben wird".
Ein Rentenpaket dürfe davon nicht bezahlt werden. Schon in der Vergangenheit hatte Schnitzer sich kritisch zur aktuellen Rentenpolitik geäußert. So würde der Staat ihrer Expertise nach "um eine Erhöhung des Rentenalters auf 70 Jahre nicht herumkommen". Im Mai diesen Jahres schlug sie außerdem vor, die Rente nicht mehr an die Löhne, sondern an die Inflation anzupassen.
Schnitzer seit zwei Jahren Chefin der "Wirtschaftsweisen"
Schnitzer ist seit 2020 Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Der Sachverständigenrat wird auch die "Wirtschaftsweisen" genannt. Schnitzer ist seit zwei Jahren deren Vorsitzende.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/kon...n-100.html
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