Dieses Forum nutzt Cookies
Dieses Forum verwendet Cookies, um deine Login-Informationen zu speichern, wenn du registriert bist, und deinen letzten Besuch, wenn du es nicht bist. Cookies sind kleine Textdokumente, die auf deinem Computer gespeichert sind; Die von diesem Forum gesetzten Cookies düfen nur auf dieser Website verwendet werden und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Cookies auf diesem Forum speichern auch die spezifischen Themen, die du gelesen hast und wann du zum letzten Mal gelesen hast. Bitte bestätige, ob du diese Cookies akzeptierst oder ablehnst.

Ein Cookie wird in deinem Browser unabhängig von der Wahl gespeichert, um zu verhindern, dass dir diese Frage erneut gestellt wird. Du kannst deine Cookie-Einstellungen jederzeit über den Link in der Fußzeile ändern.

Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen
Notiz 

RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen

Zitat:Analyse des Reformbedarfs
Deutschland halbiert sein Bürokratieproblem
Die Regierung in Berlin hat die Bürokratiekosten für Unternehmen jahrelang künstlich aufgebläht. Nun hat sie ein realistischeres Bild.

André Kühnlenz 21.01.2025

In Kürze:
  • Die Bürokratiekosten in Deutschland wurden jahrelang überhöht dargestellt.
  • Eine Revision reduzierte den zusätzlichen Erfüllungsaufwand nachträglich erheblich.
  • Unternehmen klagen und fordern mehr Digitalisierung.
  • Trotz gestiegener Bürokratiekosten sank der Erfüllungsaufwand im Umsatzvergleich.
Die Regierung in Berlin hat die Bürokratiekosten für Unternehmen jahrelang künstlich aufgebläht. Nun hat sie ein realistischeres Bild. Es ist das grosse Thema im deutschen Wahlkampf. Nach drei Jahren Stagnation brauche das Land die grosse Wirtschaftswende, heisst es in vielen Wahlkampfreden zur vorgezogenen Bundestagswahl im Februar. Gerade bei Konservativen und Liberalen steht neben den üblichen Steuersenkungen ein Thema weit oben auf der Liste der Forderungen: die überbordende Bürokratie.

Die mangelnde Digitalisierung in Deutschland ist tatsächlich kein grosses Geheimnis. Im Vergleich zu anderen Ländern liesse sich sehr viel «Papierkram» sicher schneller und einfacher bewältigen, auch die Genehmigungsverfahren oder die Gründung von Unternehmen könnten erheblich beschleunigt werden – daran besteht kein Zweifel. Und darüber klagen nicht nur die Unternehmen, auch die Bürger schimpfen jeden Tag, wenn sie auf die Ämter gehen.

Wer allerdings die Chancen bewerten will, die ein Bürokratieabbau zur Beendigung der Stagnation haben könnte, sollte einen Schritt zurücktreten. Und nicht darauf schauen, was im Wahlkampf am lautesten von den Kandidaten gefordert wird. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn Verbände und wirtschaftsnahe Fachleute gerne nach dem Motto agieren «Verschwende niemals eine gute Krise». Wenn sich jetzt die Chance bietet, die Digitalisierung voranzutreiben oder Steuern zu senken, wird die Wirtschaft erfreut sein.

Unternehmensumsatz steigt um 60% auf 6200 Mrd. €
Interessanterweise herrscht gerade bei Unternehmern, Managern und ihren Interessenvertretern aber nicht selten eine bemerkenswerte Einseitigkeit vor. In Zeiten schrumpfender Betriebsgewinne stehen natürlich alle Kosten auf dem Prüfstand – nicht nur die Lohnkosten. Gleichwohl sollten diejenigen, die am lautesten über Bürokratie klagen, nicht vergessen, dass mit der Inflation auch der Umsatz gestiegen ist. Von 2011 bis 2023 nominal um fast 60% auf fast 6200 Mrd. €, wie Daten des Statistikamtes Destatis zeigen. Schliesslich haben die Unternehmen die Preise in der Inflationsphase selbst erhöht, um die gestiegenen Kosten besonders für Energie an die Kunden weiterzugeben und so ihre Margen zu retten.

Was nun noch dazukommt: In Deutschland wurden die direkten Bürokratiekosten jahrelang zu hoch ausgewiesen. Dabei geht es um den sogenannten Erfüllungsaufwand, damit sind der messbare Zeitaufwand und die Kosten der Regelungen der Bundesministerien gemeint. Seit 2011 wird dieser Erfüllungsaufwand in Deutschland erhoben und vom Normenkontrollrat gesammelt. Die Behörde, die dem Justizministerium unterstellt ist, veröffentlicht jedes Quartal ein Update zu den gesammelten Daten. Bisher war klar, dass der Erfüllungsaufwand seit 2011 bis Anfang Oktober 2024 um rund 16 Mrd. € gestiegen ist.
   

Nach einer ausserordentlichen Revision der Daten, die zu Beginn dieses Jahres veröffentlicht wurde, lag der zusätzliche Aufwand Mitte 2024 aber doch bei nur 7,5 Mrd. €. Für die vergangenen Jahre wurde der zusätzliche Erfüllungsaufwand also um 8,5 Mrd. € reduziert, um mehr als 50%. Wie der Normenkontrollrat auf Anfrage von «Finanz und Wirtschaft» mitteilt, ging dies auf einen Beschluss der Staatssekretäre aller Ministerien der damaligen Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP vom September 2024 zurück.

Die Spitzenbeamten hatten begonnen, die technischen Empfehlungen des Normenkontrollrats zur besseren Messung des Erfüllungsaufwands umzusetzen. Die Revision um 8,5 Mrd. € betrifft vor allem zwei Gesetze aus dem Ressort des Arbeitsministeriums: das Tarifautonomiestärkungsgesetz vom März 2014 und das Mindestlohnerhöhungsgesetz vom Februar 2022. Allein für die Mindestlohnerhöhung wurde damals für die Unternehmen zunächst ein zusätzlicher Aufwand von 5,7 Mrd. € pro Jahr veranschlagt.

Falsche Kosten als Bürokratieaufwand verbucht
Wie sich aber herausstellte, waren darin die Kosten der Lohnerhöhung selbst und andere Kosten enthalten, die im Endeffekt nichts mit dem bürokratischen Aufwand zu tun haben. Durch die jüngste Anpassung steht jetzt für die Unternehmen ein bürokratischer Mehraufwand von nur noch 0,07 Mrd. € zu Buche. Ähnlich reduzierte sich der Erfüllungsaufwand für das Tarifautonomiestärkungsgesetz von 3,2 auf 0,3 Mrd. €. Gemessen am Umsatz von rund 6200 Mrd. € also verschwindend klein.

Bleibt die Frage, wie hoch der gesamte Aufwand für die deutsche Wirtschaft ist. Der Normenkontrollrat sammelt zwar seit 2011 die Schätzungen aus den Ministerien zum zusätzlichen Aufwand der Bundesgesetze. Er erhebt aber nicht den tatsächlichen Aufwand in der Wirtschaft. Das Statistikamt Destatis erfasst in einer eigenen Datenbank zumindest die Bürokratiekosten, die allein aus Informationspflichten der Unternehmen entstehen. Wie der Normenkontrollrat aber betont, sind diese Kosten nur ein Teil davon, was er unter dem Erfüllungsaufwand versteht, der auch alle anderen Kosten der Gesetze und Regulierungen erfasst.

Dennoch eignet sich diese Kostenschätzung des Statistikamtes als Mindestgrösse für den Vergleich mit dem Umsatz der Unternehmen. Der Umsatz entspricht ungefähr dem gemessenen Produktionswert der Unternehmen aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Wie das Justizministerium in Berlin auf Anfrage mitteilt, misst Destatis per Ende 2024 Bürokratiekosten im Wert von 66,6 Mrd. €. Im Vergleich zu dieser Summe machen die 7,3 Mrd. € (per Anfang 2025) zusätzlicher Erfüllungsaufwand des Normenkontrollrats seit 2011 einen Anstieg um 11% aus. Das ist weit weniger als die 60%, um die der nominale Umsatz der Unternehmen seitdem gestiegen ist.

   

Die logische Folge ist: Der Anteil des Erfüllungsaufwands ist seitdem gesunken. Die 66,6 Mrd. € per Ende 2024 entsprechen 1,2% des Umsatzes der Unternehmen. Werden davon die neu aufgelaufenen Belastungen zurückgerechnet, die der Normenkontrollrat derzeit ausweist, lag diese Umsatzquote auf ihrem Höhepunkt 2012 bei 1,6%. Obwohl also der Aufwand nominal in Euro gestiegen ist, gab es wegen des enormen Anstiegs des Umsatzes tatsächlich einen positiven Effekt auf die Gewinnmargen. Dies gilt auch, wenn die tatsächlichen Kosten, die sich aus den Gesetzen ergeben, höher ausgefallen sind.

Bürokratieababau zeigt erst nach Jahren Früchte
Dieses Ergebnis passt zu anderen Berechnungen. So hat das Ifo-Institut im Herbst eine Studie veröffentlicht, in der es einen eigenen Bürokratieindex präsentiert hat. Er basiert auf der «Doing Business»-Umfrage der Weltbank und soll die Bürokratielast umfassender abbilden als nur die direkten Kosten, die Bundesgesetze mit sich bringen, wie der Normenkontrollrat sie sammelt. Zum Beispiel auch den Aufwand für Genehmigungen, Steuererklärungen oder den Export und den Import.

Die Ifo-Forscher kommen zu dem überraschenden Schluss, dass sich von 2006 bis 2022 nicht viel verändert hat. Sie schreiben: «Darüber hinaus stagniert der Bürokratieaufwand in Deutschland in den letzten fünfzehn Jahren, im Gegensatz zu anderen OECD-Ländern, die eine signifikante Reduktion über die Zeit aufweisen.» Die Ifo-Ökonomen erhoffen sich auf Basis ihrer Modellrechnung aber, dass eine ähnlich gross angelegte Reform wie in den anderen Ländern nach einigen Jahren einen Schub von fast 150 Mrd. € Wirtschaftsleistung jedes Jahr bringen wird.
https://www.fuw.ch/deutschland-halbiert-...3587052970

__________________
Kinder wollen nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln entzündet werden.


Nachrichten in diesem Thema
RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen - von saphir - Gestern, 19:48

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
Notiz Sozialversicherungen Deutschland Ca$hmandt 121 60.149 Vor 50 Minuten
Letzter Beitrag: Spaceman
Notiz Deutschland Steuerlich verlassen atze2000 692 303.901 03.08.2022, 12:53
Letzter Beitrag: Gast

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste