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Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021
#57
Notiz 

RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021

Um einmal wieder von den ewigen nicht zielführenden Abschweifungen auf das Kernthema zurückzukommen:

Das Thema Besteuerung geistert ja schon mit starker Verschärfung seit über einem Jahr durch die Trader-Szene. Die Scholzschen Pläne zum Wegfall der Verlustverrechnung bei insolventen Unternehmen und totalen Forderungsausfällen ist seit mehr als einem Jahr Thema gewesen. Neu für mich war die Verlustobergrenze von T€ 10 bei Termingeschäften. Das hatte ich bisher nirgends gefunden.

Da mich kurz vor Weihnachten einige Emails zu diesem Thema erreichten, griff ich das Thema für mich nochmals auf. 

Das Urteil des BFH aus 2016 bzgl. Optionsprämienverfall - der ewige Dauerbrenner der Gesetzgebung - habe ich mir ausführlich durchgelesen. In diesem Urteil ging es in erster Linie um die Absetzung der Kreditzinsen, die der Käufer einer Kaufoption absetzen wollte. Sprich der Knabe kaufte sich kreditfinanzierte Optionen. In diesem Urteil geht es in erster Linie um die steuerliche Absetzung der Kreditzinsen und nicht um die Anerkennung der Verlustverrechnung der wertlos verfallenen Optionsprämien.

Der BFH hat in seinem Urteil aber klar gestellt, die Kreditzinsen für die Anschaffung der Optionen seien nicht absetzbar. Die Absetzung der wertlos verfallenen Option, stellte der BFH fest, sei jedoch mit den vollen Anschaffungskosten absetzbar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Auffassung des BFH, Optionen seien Aufwand bzw. Ausgaben, die vollkomen absetzbar sind.

Diese Auffassung sehe ich in soweit als interessant an, da dann Verluste aus Optionsgeschäften ebenfalls Aufwand bzw. Ausgaben darstellen würden. Dies wurde ja auch in dem Video in einem Nebensatz erwähnt. Es wäre letztlich so, als wenn ein Kleingewerbetreibender nur noch seine Einnahmen - sprich seinen Umsatz - komplett versteuern müßte und seine Ausgaben nicht mehr geltend machen dürfte. Wäre dies so, dann müßten hier mindestens 70% aller Handwerksbetriebe über Nacht ihre Tätigkeit in eine GmbH umwandeln oder schlicht ihren Laden dicht machen. Der Rattenschwanz, den das sich hier nach ziehen würde, könnte man nun hier beschreiben, spare ich mir aber. Außer der Tatsache, dass dann viele selbständige Handwerker in die 40 Wochen Stunden Regelung übergehen und es dadurch plötzlich mindestens 20% weniger verfügbare Handwerkerkapazitäten gibt. Selbständige, wie die meisten Handwerker, kennen keine 40-Stunden-Woche.

Darüberhinaus ist die Begründung etwas fragwürdig. "Um den Hochfrequenzhandel einzudämmen". Mein Hochfrequenzhandel sieht so aus, dass ich für das Eingeben einer Order etwa zwei Minuten veranschlage. Das dürfte bei mindestens 90% des betroffenen Handels von Privaten so aussehen. 

Aber zurück zu dem Anlass, warum ich mich hier nochmals so intensiv mit der Thematik die letzten Tage befasst hatte:
Es herrschte einfach Unklarheit darüber, was bereits beschlossen war und was nicht und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt. Stand erster Weihnachtsfeiertag war für mich, es handelt sich noch um Gesetzesentwürfe, die nicht beschlossen sind. Auf der Internet-Site des Bundesrats war in keinem der 52 Punkte der Tagesordnung diese Gesetzesänderung vermerkt, daher gab es für mich keinen Anlass, dies weiter zu verfolgen. Bis dann diese emails mit verschiedenen Informationen eingingen. Am ersten Weihnachtsfeiertag dann die email mit "Bundesrat hat Gesetzeseinführung bereits ab 2020" beschlossen. Am 30.12.19 erreichte mich dann bekanntes Video, welches auch hier im Forum veröffentlicht wurde.

Heute lese ich mir das ewig lange Sitzungsprotokoll der 984. Plenarsitzung des Bundesrates durch und finde mit keinem Wort diese Gesetzesänderung, wobei ich mir den ganzen Schnickschnack mit Masernschutzgesetz, Adoptivfreigabe, neue Beschaffungsmöglichkeiten im Verteidigungshaushalt, etc. einfach gespart habe, da die themenfremd sind. Interessant war lediglich die Forderung der CSU bzgl. Top 46 "Masterplan zum Schutz der Sparer und Sparerinnen" Wiedereinführung der Spekulationsfrist (wie vor 2009), Anhebung des Sparerfreibetrages, etc.

Ist hier jemand fündig geworden, wo dieser hier diskutierte Gesetzentwurf im Protokoll einer Bundesratssitzung oder etwas vergleichbarem steht?

Für mich hat das folgenden Hintergrund:
So wie es aktuell für mich aussieht, hat man hier in einer Nacht- und Nebel-Aktion noch schnell einen Gesetzentwurf gezimmert, um eine bestimmte Gesetzesgrundlage zu schaffen. Hat dabei aber nur eine Sache im Fokus gehabt. Wenn ich hier richtig liege, würden mich bestimmte nachträgliche Änderungen nicht überraschen.

Ich bin kein Jurist und kein Steuerberater, einige Passi sind aber aus meiner Sicht nicht eindeutig. Hier wäre die gesetzliche Kommentierung der Texte interessant. Im Internet fand ich bisher den Gesetzestext noch nicht. 

Insbesondere der Passus bzgl. wertloser Aktien "Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten" interpretiere ich so:
Nach §20 ESTG Abs. 1 gehören zu diesem Punkt Dividendenpapiere - sprich Aktien. Eine Übertragung an Dritte kann auch über eine Handelsplattform - sprich Börse oder Wertpapierplattform erfolgen. Wenn ich aber eine Aktie zu 100 EUR gekauft habe, die AG Insolvenz angemeldet hat, der Börsenkurs aber nunmehr 0,30 EUR beträgt, so ist dieses "Wirtschaftsgut" nicht wertlos, denn ich erziele ja einen Wert von 0,30 EUR - auch wenn in diesem Fall der Wertverlust erheblich wäre.

Wenn ich das richtig interpretiere, kann ich demnach meine Wertpaierverluste - trotz Insolvenz des Unternehmens - noch voll absetzen. Die große Frage ist nun, interpretiere ich das richtig?

In seiner Ursprungsform wollte der Finanzminister ja bei einer Insolvenz, dass man hier keine Verluste absetzen kann. Nach dem vorliegenden Gesetzestext ist das bei Aktien - nach meiner Interpretation - aber so nicht möglich und Verluste aus Aktien sind so lange absetzbar, so lange sie noch börsennotiert sind und ein handelbarer Kurs hierfür gestellt wird. Anders bei einer GmbH. Hier wäre der Totalausfall nach dem Gesetzestext nicht mehr absetzbar.  Ähnliches gilt ja inzwischen für das Crowdfunding.

So, von der etwas abschweifenden Hau-Drauf-Stammtisch-Diskussion, wollte ich hier wieder auf eine mehr sachliche Diskussion überleiten, denn der Hase liegt hier im Detail und vielleicht hat sich der eine oder andere ja einmal damit näher beschäftigt und kann mit mir hier in einen Dialog treten.


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RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021 - von Don Vladimir - 02.01.2020, 17:45
RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021 - von Fundi ist jetzt mal weg! - 16.10.2021, 12:12
RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021 - von Fundi ist jetzt mal weg! - 17.10.2021, 12:57
RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021 - von Fundi ist jetzt mal weg! - 18.02.2022, 20:47

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