Apple ist jetzt wertvoller als alle Dax-Unternehmen zusammen
Der Abgesang auf den iPhone-Hersteller war verfrüht. Neben dem Konzerngewinn und der hohen Profitabilität treiben zwei weitere Faktoren den Aktienkurs.
[/url]Ulf Sommer
29.01.2020 - 15:11 Uhr 1 Kommentar
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[i]Apple[/i]
Der iPhone-Hersteller fährt seit mehr als einem Jahrzehnt Quartal für Quartal Nettoumsatzrenditen zwischen 20 und 30 Prozent ein.
(Foto: Reuters)
Düsseldorf Diese Konstellation gab es noch nie: Mit umgerechnet 1,26 Billionen Euro ist Apple an der Börse erstmals wertvoller als alle 30 Dax-Konzerne zusammen – diese kommen auf einen Börsenwert von 1,23 Billionen Euro.
Dabei hieß es über das von Steve Jobs vor 44 Jahren gegründete Unternehmen bereits, es habe gegenüber Facebook, Google, Amazon und Co. den Anschluss verloren. Der Konzern klammere sich zu sehr an sein Smartphone. Sinkende Umsätze und stagnierende Gewinne ließen Apple in der Gunst einiger Analysten sinken.
Bei den Anlegern ist das Unternehmen aber weiterhin gefragt: Infolge eines starken Weihnachtsgeschäfts mit dem neuen iPhone 11 und dem daraus folgenden besten Quartalsergebnis aller Zeiten legte die Aktie kräftig zu und kletterte auf über 295 Euro und damit ein Rekordniveau.
Wer nach den Gründen sucht, stößt auf der einen Seite auf einen Weltmarktführer für hochpreisige Smartphones mit exzellenten Renditen – auf der anderen Seite auf viele schwach wachsende deutsche Unternehmen in Branchen, die viele Anleger als unattraktiv einstufen.
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Apple fährt seit mehr als einem Jahrzehnt Quartal für Quartal Nettoumsatzrenditen zwischen 20 und 30 Prozent ein. Das heißt, von 100 Dollar Umsatz verbleiben stets 20 und 30 Dollar Reingewinn. Grund dafür ist die weltweit bekannte Marke. Sie erlaubt es, Apple, für ein gemessen an den Herstellungskosten eigentlich preiswerteres Produkt deutlich höhere Preise durchzusetzen – und das offenbar dauerhaft, trotz der Konkurrenz durch viele günstigere Anbieter.
Das gelingt deutschen Unternehmen wie Daimler mit seinen Mercedes-Limousinen oder Henkel mit seinen Waschmitteln nicht – trotz ebenfalls weltweit bekannter Marken. Deutschlands 30 Top-Unternehmen verdienen nicht nur sehr viel weniger als Apple – der iPhone-Riese kam im vergangenen Geschäftsjahr auf knapp 50 Milliarden Euro Reingewinn, was in Deutschland unerreicht ist.
Viel entscheidender für die meisten Investoren ist, dass bei den Dax-Konzernen vom Brutto weniger Netto hängenbleibt. Sie erwirtschaften im Schnitt Nettoumsatzrenditen von weniger als fünf Prozent. Das ist selbst im europäischen Vergleich mager.
Doch es gibt noch zwei weitere wichtige Gründe für Apples hohen Börsenwert. In den vergangenen zehn Jahren kaufte das Unternehmen für mehr als 300 Milliarden Dollar eigene Aktien auf – und vernichtete sie. Die Summe entspricht dem Nettogewinn aller 30 Dax-Konzerne in den vergangenen vier Jahren. Der Technologieriese griff dabei auf seine großen Kapitalpolster zurück, nahm also keine Schulden auf.
Die Folgen des Rückkaufbooms sind immer weniger Aktien: Die Zahl der handelbaren Apple-Aktien hat sich seit 2015 um ein Fünftel verringert. Der Aktieneinzug verknappt das verfügbare Angebot und treibt so den Kurs.
Obendrein erhöht sich der Gewinn je Aktie, was Anleger ebenfalls mit einem höheren Kurs honorieren. Dieser ist allein im Jahr 2019 um 63 Prozent gestiegen. Währenddessen stagnierte Apples Nettogewinn gegenüber 2018. Die Firma steigerte also ihren Börsenwert um rund 400 Milliarden Euro, ohne den realen Gewinn zu erhöhen.
Nicht nur bei Apple sind die Aktienkurse den Unternehmensgewinnen weit davongeeilt, sondern bei fast allen amerikanischen Technologie-Größen. Diese – und heruntergerechnet ihre Anteilsscheine – bezahlen Anleger inzwischen mit mehr als dem 25-fachen Jahresnettogewinn. Damit ist die Tech-Branche so hoch bewertet wie zuletzt vor mehr als einem Jahrzehnt kurz vor Ausbruch der Finanzkrise. IT-Größen wie Apple, aber auch Microsoft, sind heute doppelt so teuer wie noch vor zwei Jahren.
Euphorie dank Technologiebegeisterung
Analysten sind deshalb alarmiert. „Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind bereits sehr hoch und beruhen noch dazu auf optimistischen Annahmen der Investoren“, urteilt Seema Shah, Chefstrategin des amerikanischen Vermögensverwalters Principal Global Investors. Der bekannte Anleiheinvestor Bill Gross mahnte Anleger bereits, sie sollten sich auf ein Ende der hohen Kursgewinne einstellen.
Zentraler Treiber dieser Börseneuphorie sind die Technologiebegeisterung vieler Investoren und besonders die niedrigen Zinsen und das viele billige Geld. Es fließt vor allem in den amerikanischen Technologiesektor. Allein die fünf Giganten – neben Apple sind das Microsoft, Alphabet (Google), Facebook und Amazon – trugen 2019 gut 20 Prozent zum Kursanstieg des S&P bei, in dem die Aktien der 500 größten amerikanischen Unternehmen enthalten sind.
Der Dax hingegen hat mit SAP und Wirecard zwei Technologiekonzerne zu bieten. Das Walldorfer Softwareunternehmen SAP ist mit einem Börsenwert von 148 Milliarden Euro Deutschlands teuerstes Unternehmen. Der Zahlungsdienstleister Wirecard ist mit einem Kursplus von mehr als 25 Prozent seit Jahresbeginn der erfolgreichste Dax-Konzern.
Viele der bei Anlegern wenig beliebten Industriekonzerne, wie sie im Dax notieren, stecken dagegen im Umbruch, ganz besonders die Autobauer. Dass sie sich neu erfinden müssen, kostet viel Geld – und das Vertrauen vieler Anleger. Auch deshalb sind alle 30 Dax-Konzerne zusammen weniger wert als Apple.
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