RE: Änderungen §20 EStG - Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2020/2021
| 19.10.2020, 18:57 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.10.2020, 18:58 von boersenkater.)(19.10.2020, 01:29)Penseur schrieb: Entscheidend finde ich bei dem Zustandekommen des Gesetzes vor Weihnachten, dass der Entwurf (Drucksache 19/15876 vom 11.12.2019) viel harmloser war, als die entgültige Fassung des Gesetzes vom 21.12.2019. Die wollte wohl keiner, aber als die SPD bemerkte, dass diese Fassung beinhaltete, dass praktisch kein Privatanleger in 2021 Termingeschäfte anfassen darf (ohne in eine riesige Steuerfalle zu laufen, die Privatinsolvenz bedeuten kann, ohne eigentlich Verlust gemacht zu haben...) verteidigen sie das Gesetz natürlich mit Leib und Seele, weil sie genau das ja immer erreichen wollten. Einige schlaue Leute im Finanzausschuss des Bundesrates haben wohl gemerkt, dass dieses Gesetz womöglich verfassungswidrig ist und auch sonst für erhebliches Chaos sorgt, gerade auch bei den Finanzämtern oder auf gut deutsch das Gesetz vollkommener Schwachsinn ist (im Ausland packen sich alle an den Kopf, was da in D erlassen wird) und der Bundesrat hat das Gott sei Dank auch so gesehen. Nun geht das aber alles weiter und wird ganz schön kompliziert...
Drucksache 19/15876 vom 11.12.2019
Also ich habe das Teil mal überflogen und dabei nichts bzgl. Verlustbeschränkung von Terminmarktgeschäften gesehen.
(Wie gesagt habe ich es nur überflogen und kann es sicher auch übersehen haben)
Aber es geht grundsätzlich in erster Linie um die Beschränkung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungsmöglichkeiten.
Also im Grunde um die Verhinderung von Steuerbetrug wie bei Cum-Ex und bei den Umsatzsteuer-Karussellen.
Die Parlamentarier sind mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen vollkommen richtig Gesetze zu verabschieden
die Cum-Ex und Umsatzsteuer-Karusselle und somit Diebstahl von Steuergeldern verhindern.
Die Verlustbeschränkung von Terminmarktgeschäften wurde den Parlamentariern (so denke ich) in der entgültigen Fassung
ohne deren Wissen untergeschoben. Das hat überhaupt nichts mit der Verhinderung von grenzüberschreitenden
Steuergestaltungsmöglichkeiten zu tun um die es im Grunde ging.
Die Empfehlung des Bundesrats vom 09.10.2020 dies wieder zu streichen korrigiert diesen Irrtum.
Begründung:
Der Bundesrat spricht sich für die Streichung der 2019 (BGBl. I 2019, 2875)
geschaffenen neuen Verlustverrechnungsbeschränkungen im Bereich der
Einkünfte aus Kapitalvermögen aus.
Die administrative Umsetzung dieser Vorschriften ist verfassungsrechtlich
bedenklich und stellt die Finanzverwaltung zudem vor nahezu unlösbare
Aufgaben.
Mit der Neuausrichtung der Besteuerung ab dem Jahr 2009 wurde –
höchstrichterlich bestätigt – das Grundprinzip einer symmetrischen
Berücksichtigung von Gewinnen und Verlusten innerhalb der Kapitaleinkünfte
eingeführt.
Die neuen Vorschriften brechen mit diesem Grundprinzip. Die
Verlustverrechnungsbeschränkungen sind so restriktiv, dass sie in der
Fachliteratur als ein klarer Verstoß gegen das verfassungsrechtlich
maßgebende Nettoprinzip bewertet werden.
Aus Sicht des Bundesrates verhindert bereits die Grundkonzeption der
Abgeltungssteuer Steuergestaltungen. Sie schließt aus, dass Verluste aus
Kapitaleinkünften mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden können. Eine
solch gravierende Restriktion ist den anderen Einkunftsarten fremd. Innerhalb
der Kapitaleinkünfte ist hingegen grundsätzlich eine symmetrische Behandlung
von Gewinnen und Verlusten geboten.
Anders gesagt - die Grundkonzeption der Abgeltungssteuer verhindert Steuerbetrug wie es mit
CumEx und Umsatzsteuerkarussellen möglich ist/war. Die Verlustverrechnungsbeschränkungen
verstossen gegen das verfassungsrechtlich massgebende Nettoprinzip.
Von daher ist der einzig logische Schritt die Sätze 5 und 6 wieder zu streichen. Der Finanzausschuss
des Bundesrates hat dies empfohlen und in der Bundesrats-Abstimmung wurde das mehrheitlich bestätigt.
Jetzt heißt es abwarten und Tee trinken. Alles andere ist mehr oder weniger sinnlose Spekulation.
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