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Das Tief von 23mar2020
#16
Notiz 

RE: Das Tief von 23mar2020

ich habe schon mehrere grosse Crashs erlebt und habe mit meinen Aktienportfolio auch schon sehr gelitten;
der erste Crash, der mich hart getroffen hat, fand am 19.10.1987 statt; damals war ich zwar nur Student, hatte aber alle meine Ersparnisse v.a. in US- und japan. Aktien investiert.

Neben weiteren herben Baissen (z.B. Golfkrieg zu Beginn der 1990er oder 1998 Russland/Asienkrise) habe ich primär die New-Economy-9/11-Krise der Jahre 2000-2003 sowie die Finanzkrise der Jahre 2007-2009 in prägender Erinnerung.

Letztere war, wie wir alle wissen, die grösste Aktienbaisse seit dem 2. Weltkrieg; in der Extremperspektive vom Höchst- zum Tiefpunkt tauchten die weltweiten Aktien um fast 60%.

Das war klar das schlimmste, das ich als Investor in über 30 Jahre erlebt habe. Es fand eine eigentliche "Aktienschmelze" statt, in der die Investoren jedes Vertrauen verloren hatten. 
Es herrschte Angst & Panik. Viele (auch Privat-)Investoren mussten damals ihre Aktien wg. zu hoher Kredite, PKs wegen eines abgeschmolzenen Deckungsgrades und Versicherungen wegen zu geringer Eigenmittel im dümmsten Moment verkaufen oder zwangsverkaufen. Darüber hin aus verloren viele Anleger auf Tiefständen die Nerven und warfen ihre Aktien aus Angst vor einem weiteren Kurszerfall auf den Markt.
Die historische Baisse dauerte 22 Monate !, bis der Tiefpunkt erreicht war.

Ich dachte damals im März 2009, dass es mind. 5 Jahre dauern wird, bis die horrenden Verluste wider aufgeholt sein würden. Doch es kam anders. Als Optimist war ich damals zu pessimistisch.

Bereits nach 46 Monaten, also weniger als 4 Jahre nach Erreichen des Tiefpunktes im Mar 2009, war alles wieder wettgemacht und Anleger mit einem gut diversifizierten Aktienportfolio erreichten einen neuen Höchststand.
 Obwohl ich als hartgesottener Antizykliker überzeugt war, dass die Korrektur masslos übertrieben war, habe ich die rasche Rückkehr zum früheren Höchststand bei Weitem unterschätzt.
Wer den Mut und das Geld hatte, in dieser Baisse antizyklisch nachzukaufen, hat natürlich noch rascher wieder neue Höchststände erreicht...

Die Finanzkrise 2007-2009 waren zwar Zwischendurch sehr schmerzlich aber für mich die besten Lehrjahre. Folgende Erkenntnisse erscheinen mir wichtig:

-man soll sich nicht vor Krisen fürchten. Mit etwas Geduld werden sie schnell vergessen sein
-nach grösseren Börsenkorrekturen befinden sich die Aktienmärkte in einer Übertreibungsphase. Zwar wissen wir nicht, wann der Tiefpunkt erreicht sein und der Markt drehen wird. Es lohnt sich jeoch, ruhig zu bleiben und die Nerven zu behalten
-in grossen Krisen wechseln die Aktien von den schwachen zu den starken Händen. Und ich versichere euch: die starken Hände werden auf Dauer gewinnen.
-immer genügend Liquidität haben (muss ja nicht immer Cash sein, kann auch in T-Notes geparkt sein) und stark genug sein, dann in Aktien zu investieren, wenn die Nacht am dunkelsten ist
-Nassim Taleb, sein "The Black Swan" wurde auch hier im Forum schon oft zitiert, betr. extrem seltene Ereignisse. Ich bin allerdings der Meinung, dass der Begriff "Black Swan" inzwischen fast schon inflationäre Verwendung findet. So haben Marktbeobachter aber auch einige hier im Forum, die Corona-Krise als "Black Swan" betitelt...Aber mit Verlaub: soll den jetzt jeder Börsenrückschlag, der 20% übersteigt, quasi als Jahrhundertereignis deklariert werden, das es eigentlich gar nicht hätte geben dürfen ? 

Börseneinbrüche von 20,30 oder auch mehr % sind Ereignisse, die immer mal wieder vorkommen.
 Als "Black Swan" würde ich am ehesten die Grosse Depression der 1930er bezeichnen; damals stürzte der US Aktienmarkt um 89% in die Tiefe und es dauerte knapp 15 Jahre, bis der alte Höchststand wider erreicht wurde (was angesichts der dramatischen Verluste erstaunlich kurz ist)

-auch kenne ich genügend Kritiker, welche den jap. Aktienmarkt gern als Beispiel zitieren, um die langfr. hohen Risiken der Aktienanlage zu "beweisen". So stand der jap. Aktienmarkt auch 30 Jahre nach seinem per Ende 1989 erreichten Höchststand noch weit hinter diesem zurück. Dieser Tatbestand ist aber in keiner Weise ein Argument dafür, dass Aktien auch über eine Frist von 20 oder 30 Jahre riskant & verlustreich sein können. 
Vielmehr ist das schlechte Dasein der jap. Börse über mehrere Jahrzehnte ein Votum dafür, dass sich internationale Diversifikation nicht nur empfiehlt, sondern sogar aufdrängt.

Wenn die Verluste in grossen Krisen Realität werden, gibt es sofort wieder überall Propheten, die darüber orakeln, wie lange die Krise denn diesmal dauern könnte; diskutiert wird, wie ja auch im vergangenen Frühjahr, ob die Börsen und die Konjunktur einen L-, U-, V- oder W-artigen Verlauf nehmen würden.
Natürlich ist das reine Kaffeesatzleserei. 
Niemand weiss, wie lange es dauert, bis die Verluste jeweils wieder wettgemacht sind.

Aber:
aufgrund der Geschichte lässt sich aber sicherlich sagen, dass es i.d.R. einige wenige Jahre dauert, bis die alten Höchststände wieder erreicht sind.

Und manchmal geht's eher. 
Wie im Corona-Crash, mit -35% in weniger als einem Monat (!). Im August 2020, also nur 5 Monate nach Erreichen des Tiefstandes, waren die Verluste wieder wettgemact und die erdbebenartigen Verluste des März 2020 waren vergessen...

Und ich bin sicher, auch hier im Forum wird irgendwann wieder ein Thread eröffnet mit dem Datum des neuen Tiefst (im Rückspiegel..).
Denn die nächste Krise ist nur eine Frage der Zeit, denn nach der Krise ist immer auch vor der Krise.
Nur weiss niemand, wie viel Zeit dazwischen liegt, während der eine ausgeprägte Börsenhausse mut neuen Höchstständen zu ernten ist.

Und Cuba,  um Deine Frage zu beantworten:  schlechte Nachrichten sind der beste Freund mutiger Investoren - ja, mir ist es ganz gut ergangen seit dem "Tief" vom 23.3.2020


Nachrichten in diesem Thema
Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 10:25
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Honnete - 18.03.2021, 10:35
RE: Das Tief von 23mar2020 - von rienneva - 18.03.2021, 11:57
RE: Das Tief von 23mar2020 - von EMEUV - 18.03.2021, 12:18
RE: Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 12:32
RE: Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 12:19
RE: Das Tief von 23mar2020 - von pjf - 18.03.2021, 12:33
RE: Das Tief von 23mar2020 - von EMEUV - 18.03.2021, 12:47
RE: Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 13:00
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Ste Fan - 18.03.2021, 12:50
RE: Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 13:08
RE: Das Tief von 23mar2020 - von fahri - 18.03.2021, 16:40
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Vahana - 18.03.2021, 18:58
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Päda - 18.03.2021, 20:45
RE: Das Tief von 23mar2020 - von cubanpete - 18.03.2021, 21:55
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Päda - 20.03.2021, 19:20
RE: Das Tief von 23mar2020 - von F.I.A.S.C.O. - 18.03.2021, 23:10
RE: Das Tief von 23mar2020 - von mmmmmax - 19.03.2021, 00:04
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Vahana - 19.03.2021, 00:25
RE: Das Tief von 23mar2020 - von Jlagreen - 22.03.2021, 09:31

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