RE: Deutsche an der Börse
| 12.04.2021, 12:05 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.04.2021, 14:14 von SimpleSwing.)(12.04.2021, 05:43)pjf schrieb: Interessantes Thema.Kleines Offtopic zuerst: Die Stromkosten sind nicht die Kosten für die Transaktionen alleine (aka Überweisung im Bankensystem) sondern beinhalten die Kosten des Aufrechterhalten des gesamten Systems (also vergleichbar mit dem Betreiben des gesamten weltweiten Bankennetzwerks mitsamt allem was dazu gehört (Angestellt, Gebäude, Software, Automaten,...)
Eigentlich finde ich real life und Forum gar nicht so unterschiedlich. Ich erkenne überall immer die gleichen drei Stereotypen.
Kategorie 1: Erfolgreich, finanziell unabhängig, alles paletti. Kenne ich in RL wenige, hier im Forum vermute ich es auch nur von wenigen. Diese Leute laufen dann aber nicht mit Goldkettchen rum und protzen mit tiefergelegten Autos, die sind eher dezent.
Die wenigen, die ich wirklich kenne, haben ganz unterschiedlich Geschäftsmodelle. Firma, Immobilien, Aktien, usw. Aber ich kenne auch nur wenige.
Zu dieser Kategorie gehören aber vor allem auch die, die einfach zufrieden sind, egal, wieviel sie haben!!! Und davon kenne ich tatsächlich deutlich mehr. Und das ist auch einfacher zu lernen. (Oder auch nicht.)
Kategorie 2: Glücksritter. 10mal auf rot gesetzt, 10mal rot gekommen. "Ich weiß, wie es 'geht'". Ja, sie wissen es und gehen dann wieder...
Kategorie 3: Und das sind leider fast alle. "Wir wissen, wie es wirklich funktioniert! Wie es GANZ wirklich funktioniert":
Dieses Buch. So sind die Risikoassettklassen. DGI. China. Emerging Markets. Coins (Nebensatz: Ein Geschäftsmodell, dass für ein paar hundert Transaktionen mehr Strom verbraucht als Simbabwe in einen ganzen Jahr - ist keins).
Tut mir leid, das sind wirklich fast alle. Sowohl die Analysten als auch viele Foristen hier.
Ist nur komisch, dass diese Kategorie nach mehreren Dekaden an der Börse immer noch nicht finanziell unabhängig ist.
Da ist was schief gelaufen. Corona, Lehmann Brothers, Neuer Markt. Alle sind gegen einen, obwohl man es doch verstanden hat. Wieso nur?
Ich persönlich kann von allen drei lernen, deshalb bin ich hier. Aber im RL sind mir Kategorie 2 und 3 einfach zu anstrengend.
Ich liebe die Leute, die zufrieden sind mit dem, was sie haben. Mit denen will ich mich umgeben.
Was den Bereich der Kategorien betrifft:
Ich denke Aktien machen keinen Unterschied zu allem, wo sich Menschen in unserer Gesellschaft vergleichen oder versuchen.
Ich bleib ja gerne bei meinen Sportvergleichen.
Wenn du in manchem Tennisverein einer Diskussion zuhörst, dann denkst du auch, da unterhalten sich Weltranglistenspieler, so sehr -meinen sie- haben sie das Tennisspiel "verstanden und beherrschen es in allen Facetten".
Dann realisierst du aber, dass sie "nur" Bezirksklasse spielen.
Im Bereich Finanzen ist es doch nicht anders:
Jeder ist davon überzeugt, "das richtige" zu tun.
Die Führung von Lehman Brothers war überzeugt davon ihr Business richtig und mit dem angemessenen Risiko zu betreiben.
Deswegen hat mich vom Anfang meines Interesses für Börse fasziniert, dass man im Internet so viele kostenlose Information finden konnte.
Wobei klar sein sollte, dass jegliche Information eine Meinung ist und nichts alleine "die Wahrheit" (allerdings hat diese Erkenntnis auch einige Zeit benötigt)
Danach muss man für sich die individuell richtigen Bausteine zusammensuchen.
Was mich etwas "traurig macht" ist, dass sowohl in der "echten Welt" als auch im Internet die Menge derjenigen, die sich ausgiebig und fundiert mit Aktien auseinander setzten und diese dann diskutieren geringer wird (bzw im direkten Kontak mit Gesprächspartnern nicht existent ist)
Denn sein wir doch mal ehrlich, natürlich ist die Auswahl einer Aktie (oder jeder Anlageform) aus technischer Sicht oder aus fundamentaler Sicht individuell und ganz besonders, wenn dann noch das jeweilige Risikoprofil dazu kommt.
Ich nehme mal den Bereich Dividenden:
A) hat keine Aktien, will auch nie welche
B) hat Dividendenaktien in einem ETF
C) wählt Dividendenaktien nach Punktebewertung eines free oder paid Service
D) analysiert Dividendenaktien und entscheidet aufgrund seiner Analyse
A ist die Mehrheit in Deutschland und kein Diskussionspartner
B und C wären Diskussionspartner, gehen im Zweifelsfall aber nur soweit in die Tiefe wie möglich, können dir also die ETFs oder Aktien nennen, die sie ausgewählt haben, aber nicht mehr. Das Interesse ist da, aber es gibt "nichts zu diskutieren"
D ist der einzige mit dem man ausgiebig diskutieren könnte, wenn er es denn will. Welche Aktien werden analysiert, warum, welche Kriterien, welche Gewichtung usw, usw. Aber wie man ja auch im Forum hier sieht, die Menge dieser inhaltlich sehr spezielen und tiefgehenden Diskussionen ist an wenigen Fingern ablesbar. Und die hunderten "passiven" Forennutzer zeigen alle Interesse "haben aber nichts beizutragen" und ich schreibe mal provokativ dazu "weil sie sich mit nichts wirklich selber beschäftigen"
Im Bereich Bundesliga wissen die Diskussionspartner zumindest wenigstens die wahrscheinliche Mannschaftsaufstellung der Teams und die Form.
Bei Dividendenaktien kennt die Mehrheit nicht mal das Geschäftsfeld der gekauften Aktien oder die Gewinnerwartung im nächsten Quartal, weil einfach die Top-Aristokratenaktie aus der Tabelle hinzugefügt wurde.
Was das Ganze noch schwieriger macht, ist dass je mehr man selber an Wissen angesammelt hat, der Gesprächspartner ja nicht viel weniger haben darf.
Denn man führt das Gespräch ja nicht, um nur Wissen abzugeben (was dann häufig auch nicht positiv rüber kommt "Besserwisser"), sondern möchte ja selber auch frischen Input.
Das ist im direkten Kontakt wahrscheinlich nur in Börsentreffen oder in Forentreffen möglich, oder der gesamte Freundeskreis ist im Investmentbanking tätig.
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Zitat:“In trading you have to be defensive and aggressive at the same time. If you are not aggressive, you are not going to make money, and if you are not defensive, you are not going to keep money.” - Ray Dalio