Zitat:Deutschland als Rückzugsraum für militante Somalier
exklusiv
Bürgerkrieg in Somalia
"Zieht in den Krieg!"
Stand: 04.07.2025 13:22 Uhr
Somalische Geflüchtete stacheln aus Deutschland den Bürgerkrieg in ihrer Heimat an. Das zeigen Recherchen von Kontraste und der Deutschen Welle. Sie hetzen, sammeln Spenden und reisen ins Kriegsgebiet.
Von Heiner Hoffmann und Daniel Donath, RBB
"Nehmt die Gewehre und kämpft. Geht auf die Dächer und schießt auf alle in Uniform", ruft ein somalischer Influencer in einem Video seine Landsleute auf. Dann fordert er: "Wer euch nicht in sein Haus lässt, wird erschossen. Jagt ihm ein Loch direkt ins Gesicht."
Der Mann vor der Kamera heißt Ayub A. Er ist einer der einflussreichsten somalischen Influencer auf TikTok mit über einer halben Million Followern. Gepostet wurde das Video im Dezember 2022, nicht etwa aus Somalia, sondern offenbar von Deutschland aus.
Influencer als Brandstifter
In seinen Videos hetzt Ayub A. verfeindete Clans gegeneinander auf und bietet finanzielle Unterstützung für den bewaffneten Kampf an. "Ich schwöre, ich gebe euch 20.000 Dollar, wenn ihr eine Miliz gründet."
Dabei bat der Somalier 2017 selbst um Asyl in Deutschland, sein Antrag wurde nach Kontraste-Informationen 2020 jedoch abgelehnt. Er erhielt eine Duldung, da eine Abschiebung wegen der Lage in Somalia nicht möglich war.
Trotzdem reiste er offenbar mehrmals in seine Heimat. Verschiedene Videos zeigen ihn im Umfeld somalischer Milizen, etwa 2023, als er unter anderem ein schweres Geschütz abfeuert. Die Aufnahmen stammen aus dem Norden Somalias, wo Milizen gegen eine autonome Regierung kämpfen.
Wie gefährlich die Aktivitäten von somalischen Influencern sein können, weiß der Sicherheitsexperte Moustafa Ahmed. Seiner Ansicht nach tragen diese maßgeblich zum Konflikt im Bürgerkriegsland bei: "Wir werden hier Zeugen einer digitalen Kriegsführung. Social-Media-Influencer heizen den Konflikt an, sie verbreiten Propaganda und befeuern die Gewalt."
Mitglied einer Piratengruppe
Doch nicht nur seine Propaganda-Videos machen den Fall Ayub A. brisant. Zu Beginn der 2010er-Jahre soll er nach Recherchen von Kontraste und Deutscher Welle eine bedeutende Rolle in der Piraterie am Horn von Afrika gespielt haben. Damals wurden in Somalia mehr als 90 Schiffe entführt, darunter die MV Iceberg 1. Die Geiselnahme dauerte fast drei Jahre und gilt als eine der längsten in der modernen Seefahrtsgeschichte.
In Ghanas Hauptstadt Accra findet Kontraste ein ehemaliges Besatzungsmitglied des Frachters MV Iceberg 1. Jewel Ahiable erinnert sich noch mit Schrecken an die Zeit der Geiselnahme.
"Ohne Zweifel ist der Mann auf dem Bild Ayub", sagt Ahiable, als Kontraste ihm ein Bild von Ayub A. zeigt. "Ayub war einer der acht Entführer unseres Schiffs. Er war der Jüngste, hatte aber damals viel Macht." Auch eine regierungsnahe Quelle in Somalia bestätigte auf Anfrage, dass Ayub A. damals zu den führenden Köpfen einer kleineren Piratengruppe gehörte.
Ein Geflüchteter mit einer mutmaßlich kriminellen Vergangenheit, der zwischen Deutschland und Somalia pendelt und hierzulande zum Kampf in Somalia aufruft - das interessiert inzwischen auch deutsche Sicherheitsbehörden. Nach Kontraste-Informationen sollen aktuell Ermittlungen gegen Ayub A. laufen. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg teilte auf Anfrage mit: "Hierzu können keine Auskünfte erteilt werden."
Spenden für den Krieg
Ayub A. ist nicht der einzige somalische Hass-Influencer, der aus Deutschland heraus agitiert. Kontraste stieß bei den Recherchen auch auf Yacqwub Siyaad. Allein auf Facebook folgen ihm mehr als 500.000 Accounts. In seinen Videos hetzt er unter anderem gegen Homosexuelle: "Tötet diese Viecher. Entfernt sie aus der Gesellschaft. Peitscht sie aus."
Ähnlich wie Ayub A. schürt auch Siyaad den Hass zwischen verfeindeten Clans. In Somalia kommt es häufig zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen ihnen, die Clanzugehörigkeit ist für viele Somalier identitätsstiftend. "Zieht in den Krieg!", ruft Siyaad. "Die Schweine gehören mir, ich werde sie aus ihren Höhlen treiben und töten und dann auf ihren Leichen tanzen!" Zugleich fordert er seine Follower auf, Geld für den bewaffneten Kampf zu spenden. All das verbreitet er mutmaßlich aus seiner Wohnung im Raum Neuss.
Derzeit prüft nach Kontraste-Informationen der Staatsschutz der Düsseldorfer Polizei eine mögliche Strafbarkeit wegen des Verdachts auf Hetze. Eine Anfrage dazu ließ Siyaad unbeantwortet.
Auch Siyaad soll ursprünglich als Geflüchteter nach Deutschland gekommen sein. Trotzdem reiste er 2023 nach Somalia zurück, wo ihn Videos mit Milizen in Puntland zeigen. Anschließend reiste er wieder nach Deutschland. Die Behörden hierzulande prüfen derzeit seinen Aufenthaltsstatus. Derweil wurde er laut Medienberichten in Somalia in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt, wegen islamistischer Online-Propaganda.
Ayub A. hingegen hielt sich in den vergangenen Wochen wohl dauerhaft in Somalia auf. Er soll einen hohen Beraterposten in der autonomen Region Puntland übernommen haben. Doch am vergangenen Dienstag veröffentlichte er ein Video, das ihn auf einer Autobahn in Frankreich zeigt. Die Anfragen von Kontraste und der Deutschen Welle ließ er unbeantwortet.
Zitat:Einen Video-Beitrag von Kontraste dazu können Sie in der ARD-Mediathek sehen:
Deutschland als Rückzugsraum für militante Somalier.
https://www.ardmediathek.de/video/kontra...GljYXRpb24
https://www.tagesschau.de/investigativ/k...d-100.html
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