Ich finde es immer wieder witzig wenn jemand sagt das Indikatoren nicht funktionieren oder einer solchen Aussage zustimmt.
Weil das einfach falsch ist. Indikatoren sind nichts anderes als Werkzeuge fürs Traden. Beim langfristigen Anlegen können diese
natürlich auch bei der Anlageentscheidung helfen, haben aber bei weitem nicht die Wichtigkeit wie sie es beim (kurzfristigen)
Traden haben.
Was sind Indikatoren eigentlich? Der Begriff "Indikator" kommt aus dem latainischen ("indicare") und bedeutet nichts anderes
als "anzeigen". Indikatoren sind Hilfsmittel (Werkzeuge) die den aktuellen Zustand anzeigen, beschreiben, messen. Nicht mehr
aber auch nicht weniger. Siehe auch -> https://de.wikipedia.org/wiki/Indikator
Indikatoren in der Chartanalyse sind alle Werkzeuge die den aktuellen Zustand beschreiben -> Trendlinien, Kanäle, Widerstände,
Oszillatoren, Pivot-Points, etc. pp.
Wer denkt das er irgendwas davon einfach nimmt und danach traden kann liegt vollkommen daneben. Der Knackpunkt bei der
Geschichte ist, daß Indikatoren NUR den aktuellen Zustand anzeigen. Dieser basiert auf Daten der Vergangenheit.
Es gibt keinen Indikator der die Zukunft anzeigt. Von daher gibt es meiner Meinung nach auch keine "Kauf-" oder "Verkaufssignale"
die von Indikatoren (zu denen auch die Oszillatoren gehören) generiert werden können. Es gibt nur die Möglichkeit den aktuellen
Zustand mit Hilfe der Werkzeuge zu interpretieren und dann für sich selbst zu entscheiden ob dies für einen selbst ein Kauf- oder
Verkaufssignal ist.
Standardaussagen wie z.B. "wenn die Stochastik aus dem überverkauften Bereich nach oben geht und die 20er-Linie überwindet
ist das ein Kaufsignal" sind einfach nur für die Tonne. Warum? Weil dies nur ein einzelner Anzeiger des aktuellen Zustands (auf
Grundlage von Daten aus der Vergangenheit) in einem bestimmten Zeitfenster ist, der alleine für sich betrachtet nichts wert ist.
Es kann und wird funktionieren danach zu handeln. Aber je nachdem wie die GANZE Situation aussieht wird das GARANTIERT
mindestens genauso oft nicht funktionieren.
Die "Kunst" ist es für sich selbst ein "Gesamtkonstrukt" zu erschaffen, welches funktioniert. Das geht nicht einfach so indem man
irgendwelche Indikatoren in irgendwelche Charts klatscht und dann glaubt danach traden zu können. Das wird nicht funktionieren.
Zumindest nicht auf Dauer. Mit Glück und Zufall kann sowas kurzfristig tatsächlich funktionieren. Aber nicht auf Dauer.
Es ist eine wirklich extrem zeitintensive Arbeit ein solches "Gesamtkonstrukt" zu erschaffen. Vor allem dann wenn es um den extrem
anspruchsvollen kurzfristigen Intraday-Bereich geht.
Ein Anfänger der einen Chart nimmt und ein oder mehrere Indikatoren einsetzt, sieht dann noch nicht mal die Spitze der Spitze des
Eisbergs an Arbeit die noch vor ihm liegen würde. Da gibt es so viele Details auf die es ankommt die einem erstmal bewusst werden
müssen um an diesen arbeiten zu können. Details die in keinem der Bücher die ich gelesen habe auch nur erwähnt wurden.
Es geht nicht nur um Charts. Es geht auch um die eigene Psyche. Da ist es auch wichtig und unausweichlich sich selbst analysieren
zu müssen. Was wirkt wie auf einen selbst? Und dementsprechend muss man z.B. auch herausfinden welche Farben und Linienstärken
man im Chart auswählen muss. Das wird bei jedem anders sein. Vieles muss so aufgebaut werden, das es sich von selbst erklärt und
man nicht darüber nachdenken muss was man wie sieht und gewichtet. Eine dicke rote Linie hat auf die Psyche oder das Unterbewusstsein
einen anderen Einfluss als eine dünne gelbe Linie. Es kostet viel Zeit auch dies (neben vielen anderen Parametern) für sich selbst richtig
einzustellen. Wenn Du mit den Charts arbeitest und dies oder das einfügst musst Du erstmal nur beobachten was sich wie verhält und
bewegt.
Dein Unterbewusstsein erkennt vieles bevor Du es erkennst. Das ist dann so ein Gefühl wie "es liegt mir auf der Zunge, aber ich kann
es nicht sagen". Du weißt einfach das bestimmte Dinge gut oder schlecht sind. Aber es ist für Dich (noch) nicht greifbar was genau dies
oder das ist. Mit sehr viel Geduld und Zeit kristallisiert sich immer wieder etwas heraus was dann greifbar ist. Genau daran arbeitest
Du dann. Du arbeitest genau an diesem Puzzleteil auf das Du Dich jetzt seitdem es greifbar ist voll konzentrieren kannst. Du passt den
Rest Deines aktuellen Konstrukts an dieses Puzzleteil an. Dann beobachtest und analysierst Du wieder. Mit der Zeit wird sich Dein
Unterbewusstsein wieder melden. Irgendwas ist da.... Bis es dann wieder greifbar wird und Du das nächste Puzzleteil hast. Dann passt
Du das ganze wieder an. Usw. usf. Wie gesagt. Extrem viel zeitintensive Arbeit.
Wie sah das bei mir aus? Als ich vom langfristigen Anlegen zum Traden gewechselt bin genau so. Bin genauso wie wohl praktisch jeder
auf die Indikatoren reingefallen. Weil ich gar nicht wusste was ich da eigentlich habe und wie ich es einsetze. Wenn ich die letzten
20 Jahre aus heutiger Sicht Revue passieren lasse dann würde ich das so zusammen fassen...
Als langfristiger Anleger (Anlagehorizont > 12 Monate) habe ich in einer fruchtbaren Phase mehr oder weniger blind und mit viel Glück
gehandelt. Nach dem Platzen der Internetblase Frühjahr 2000 habe ich im Grunde genauso weiter gemacht. Dann ohne Glück und mit
vielen Verlusten bis ich das gestoppt habe. Mir war klar das ich nichts konnte und nichts wusste. Das war dann der eigentliche Startpunkt
für mich. 2 Jahre lang habe ich mich nur mit Grundlagen, Börsenbüchern, Börsenbriefen, etc. pp. beschäftigt und auf diesen Grundlagen
Standardstrategien getestet und angewendet. Für mich haben alle nicht auf Dauer funktioniert. Vieles war viel zu anstrengend und in der
damaligen Abwärtsphase nach platzen der Internetblase nur durch striktes Risiko- und Moneymanagement überhaupt einigermassen profitabel.
Ich denke es war ungefähr im Jahr 2003 als ich angefangen habe über den "Standard-Tellerrand" zu blicken und eine erste Idee für eine
wirklich eigene Strategie hatte. Die Geburt meines "Grundgerüsts". Ich habe seitdem an diesem Grundgerüst gearbeitet und es stetig weiter
entwickelt. Unterbewusstsein und Psyche haben mich dazu gebracht eigene Werkzeuge zu entwickeln. Auch wieder "Idee", "Geburt",
"Weiterentwicklung". Ich würde meine Werkzeuge als einzelne "Waffen" bezeichnen, in denen ich verschiedenes miteinander zu einem
Ganzen zusammengefügt habe.
Das Chartfenster selbst ist eine Waffe. Der Subframe dieses Charts ist eine weitere Waffe. Mit der Zeit habe ich insgesamt 7 verschiedene
Waffen entwickelt. Jede Waffe einzeln betrachtet funktioniert alleine für sich auch wieder nur mit viel Anstrengung und striktem Risiko- und
Moneymanagement. Der Knackpunkt ist es die einzelnen Waffen miteinander zu "Waffensystemen" zu kombinieren. Je nachdem um welches
Zeitfenster es geht kombiniere ich dabei verschiedene Chartfenster mit unterschiedlich aufgebauten Subframes. Das alles wird sich für die
meisten viel zu abstrakt und wenig nachvollziehbar anhören. Es ist einfach nur so wie ich es "oberflächlich" beschreiben würde um es einem
Anfänger klar zu machen, daß wirklich viel Arbeit und Geduld in die Entwicklung eines "Gesamtkonstrukts" investiert werden muss.
Warum ist das so? Weil Indikatoren nur die Vergangenheit zeigen und nur dabei helfen können die aktuelle Situation zu analysieren um
die Zukunft antizipieren zu können. Du musst antizipieren. Es geht nicht anders. Einfach weil Indikatoren eine naturgegebene Trägheit
haben. Sie berechnen sich aufgrund von Daten der Vergangenheit. Wenn der Preis sich verändert, dann werden Indikatoren diese Änderung
je nachdem wie sie eingestellt sind und in welchem Zeitfenster sie eingesetzt sind, nur mit mehr oder weniger starker Verzögerung anzeigen.
Oder anders gesagt - wenn die Indikatoren sich bewegen und Du erst dann reagierst, bist Du eigentlich schon zu spät dran und rennst hinterher.
Meine Waffen sind nichts anderes als Standardindikatoren die ich für mich angepasst und kombiniert habe. Ich habe nichts vollkommen
eigenes selbst programmiert. Warum auch? Gibt so viel was schon vorhanden ist, dass das nicht nötig ist. Notwendig ist nur die vorhandenen Werkzeuge für die eigene Strategie (Grundgerüst, Gesamtkonstrukt) anzupassen und zu kombinieren und dadurch Waffen zu konstruieren.
Dann wirst Du die Indikatoren auch anders interpretieren. Ich bin mir ziemlich sicher dass ein Anfänger mit den gleichen Werkzeugen
(wie z.B. dem Stochastik-Oszillator), die er nackt, alleine für sich und unangepasst, unkombiniert einsetzt erst dann reingeht wenn ich schon
drinnen bin oder situationsabhängig schon wieder am glattstellen bin.
Aber auch wenn die Waffen wirklich gut entwickelt und die Interpretation der aktuellen Situation dadurch einfacher ist, hast Du keine Glaskugel
die Dir wirklich die Zukunft voraussagt. Deswegen ist und bleibt Risiko- und Moneymanagement einer DER tragenden Säulen für erfolgreiches
Trading.
Auch ein Punkt der wichtig ist - es gibt immer was zu verbessern und weiterzuentwickeln. Ich habe oft gedacht, mehr geht nicht. Aber es ist
einfach so, daß Dein Unterbewusstsein immer weiter arbeitet und Du immer wieder neue Erkenntnisse hast. Vor allem dann wenn Du der Du
Dich, Dein Denken, Deine Psyche weiterentwickelt hast, auch mal "alte" Werkzeuge oder Waffen mit oder an denen Du gearbeitet hast wieder
mal herauskramst und dann diese in Dein aktuelles "Gesamtkonstrukt" ein- oder anfügst. Dann können Werkzeuge mit denen Du "früher" nichts
anfangen konntest, plötzlich einen ganz anderen extrem positiven Effekt haben. Es ist dann natürlich wieder viel Arbeit das ganze Gesamtkontrukt
anzupassen. Ich nenne das wachsen und polieren.
Ich trade inzwischen sehr wenig, aber hocheffektiv. Ich mache mir keinen Stress sondern warte bis die Situationen kommen die ich konditioniert
ohne viel nachdenken traden kann. Das kann auch schon mal ein paar Stunden gehen bis so eine Situation sich entwickelt hat. In dieser Zeit,
wenn ich Lust und Muse dafür habe, mache ich einen neuen Workspace auf und spiele, kombiniere, experimentiere mit verschiedenen Werkzeugen,
Waffen, Timeframes herum. Oft kommt dabei gar nichts bzw. nichts besseres heraus. Aber oft sind es auch nur minimale klitzekleine Erkenntnisse,
Verbesserungen die ich dann auch in mein Gesamtkonstrukt übernehme.
Jetzt behaupte ich mal, dass viele die diesen Beitrag lesen mehr Zeit gebraucht haben um diesen zu lesen, als sie in die Entwicklung eigener
Werkzeuge investiert haben. Weil alles was sie gemacht haben, nichts anderes war als irgendeinen Indikator in den Chart zu klatschen und
diesen dann standardmäßig zu interpretieren und danach zu traden. Das wird nicht (auf Dauer) funktionieren. Insofern - wenn es so gemeint ist
dass Indikatoren nicht funktionieren, dann kann ich da nur zustimmen. Aber das ist eben nur die Spitze der Spitze des Eisbergs.
Zu guter Letzt...
Es gibt einige Bücher die ich gelesen habe. Viele ähneln sich und gehen nicht sehr viel weiter als das was ich als "Standardinterpretation"
bezeichnen würde. Am besten dann noch anhand von Charts in denen man im Nachhinein hätte, wäre, könnte sagt. Da sieht dann alles
ganz klar aus. Aber die Vergangenheit lässt sich nicht mehr handeln. Ich könnte bei jedem dieser "optimierten" "Danach-kann-das-jeder-
sagen-Charts" zig Charts zeigen die bis zu einem bzw. bis zu "diesem bestimmten Punkt" ähnlich aussahen, dann aber entgegen des optimierten
Charts das genaue Gegenteil von dem machten was sie im optimierten Chart gemacht haben. Auch deswegen kann man nur zustimmen wenn
es heißt Indikatoren funktionieren nicht.
Aber es gibt ein Buch, das sich hier für mich hervor hebt.
"Trading Full Circle: Das legendäre "Undergroundtrader"-System - erstmals vollständig enthüllt und für jeden anwendbar"
von Jea Yu
https://www.amazon.de/Trading-Full-Circl...3942888521
Es hat ein paar Ähnlichkeiten zu meinen eigenen Ansätzen und Strategien. Allerdings sind die Charts an sich für meine Bedürfnisse viel zu
unterentwickelt. Ich bin halt ein absoluter Chartfetischist und brauche das so wie ich es habe weil meine Psyche es sonst nicht kann.
Aber jeder muss selbst herausfinden was er braucht. Ich finde das Buch ist eine gute Basis um damit anzufangen. Das Buch liegt bei mir
auf dem WC. Wenn ich mal eine Sitzung habe und Lust habe dann nehme ich mir das, mache irgendeine Seite auf und schmöker ein
bisschen darin herum. Mir hat es auch immer wieder mal Inspiration für neue, alte oder andere Ideen gebracht. Aber ich bin kein Anfänger und
auch schon lange nicht mehr auf der Suche nach irgendwas. Für mich ist es einfach nur Spass an der Sache, deswegen habe ich mir das
auch mal gekauft. Ein Anfänger wird da sicher einiges zu knabbern haben, vieles (noch) nicht verstehen und viel Zeit investieren müssen
um zu lernen die "Dinge" einzusetzen, zu interpretieren, zu antizipieren und vor allem auch zu konditionieren. Ein Buch das gerade Anfänger
mehrere Male immer wieder lesen müssen und sollten, bevor sie es wirklich verstehen werden können.
Aber am Ende geht es vor allem um Risiko- und Moneymanagement und die richtigen Dinge auf die für einen selbst richtige Art und Weise
zu kombinieren. Erst durch die Kombination und Konfiguration der einzelnen Werkzeuge entstehen Waffen für das Trading. Das als Waffen
zu bezeichnen stammt übrigens auch aus diesem Buch. Ich finde das eine ziemlich treffende Beschreibung und habe mir erlaubt das so zu
übernehmen.
Schönes Wochenende noch Jungs und Mädels!
Weil das einfach falsch ist. Indikatoren sind nichts anderes als Werkzeuge fürs Traden. Beim langfristigen Anlegen können diese
natürlich auch bei der Anlageentscheidung helfen, haben aber bei weitem nicht die Wichtigkeit wie sie es beim (kurzfristigen)
Traden haben.
Was sind Indikatoren eigentlich? Der Begriff "Indikator" kommt aus dem latainischen ("indicare") und bedeutet nichts anderes
als "anzeigen". Indikatoren sind Hilfsmittel (Werkzeuge) die den aktuellen Zustand anzeigen, beschreiben, messen. Nicht mehr
aber auch nicht weniger. Siehe auch -> https://de.wikipedia.org/wiki/Indikator
Indikatoren in der Chartanalyse sind alle Werkzeuge die den aktuellen Zustand beschreiben -> Trendlinien, Kanäle, Widerstände,
Oszillatoren, Pivot-Points, etc. pp.
Wer denkt das er irgendwas davon einfach nimmt und danach traden kann liegt vollkommen daneben. Der Knackpunkt bei der
Geschichte ist, daß Indikatoren NUR den aktuellen Zustand anzeigen. Dieser basiert auf Daten der Vergangenheit.
Es gibt keinen Indikator der die Zukunft anzeigt. Von daher gibt es meiner Meinung nach auch keine "Kauf-" oder "Verkaufssignale"
die von Indikatoren (zu denen auch die Oszillatoren gehören) generiert werden können. Es gibt nur die Möglichkeit den aktuellen
Zustand mit Hilfe der Werkzeuge zu interpretieren und dann für sich selbst zu entscheiden ob dies für einen selbst ein Kauf- oder
Verkaufssignal ist.
Standardaussagen wie z.B. "wenn die Stochastik aus dem überverkauften Bereich nach oben geht und die 20er-Linie überwindet
ist das ein Kaufsignal" sind einfach nur für die Tonne. Warum? Weil dies nur ein einzelner Anzeiger des aktuellen Zustands (auf
Grundlage von Daten aus der Vergangenheit) in einem bestimmten Zeitfenster ist, der alleine für sich betrachtet nichts wert ist.
Es kann und wird funktionieren danach zu handeln. Aber je nachdem wie die GANZE Situation aussieht wird das GARANTIERT
mindestens genauso oft nicht funktionieren.
Die "Kunst" ist es für sich selbst ein "Gesamtkonstrukt" zu erschaffen, welches funktioniert. Das geht nicht einfach so indem man
irgendwelche Indikatoren in irgendwelche Charts klatscht und dann glaubt danach traden zu können. Das wird nicht funktionieren.
Zumindest nicht auf Dauer. Mit Glück und Zufall kann sowas kurzfristig tatsächlich funktionieren. Aber nicht auf Dauer.
Es ist eine wirklich extrem zeitintensive Arbeit ein solches "Gesamtkonstrukt" zu erschaffen. Vor allem dann wenn es um den extrem
anspruchsvollen kurzfristigen Intraday-Bereich geht.
Ein Anfänger der einen Chart nimmt und ein oder mehrere Indikatoren einsetzt, sieht dann noch nicht mal die Spitze der Spitze des
Eisbergs an Arbeit die noch vor ihm liegen würde. Da gibt es so viele Details auf die es ankommt die einem erstmal bewusst werden
müssen um an diesen arbeiten zu können. Details die in keinem der Bücher die ich gelesen habe auch nur erwähnt wurden.
Es geht nicht nur um Charts. Es geht auch um die eigene Psyche. Da ist es auch wichtig und unausweichlich sich selbst analysieren
zu müssen. Was wirkt wie auf einen selbst? Und dementsprechend muss man z.B. auch herausfinden welche Farben und Linienstärken
man im Chart auswählen muss. Das wird bei jedem anders sein. Vieles muss so aufgebaut werden, das es sich von selbst erklärt und
man nicht darüber nachdenken muss was man wie sieht und gewichtet. Eine dicke rote Linie hat auf die Psyche oder das Unterbewusstsein
einen anderen Einfluss als eine dünne gelbe Linie. Es kostet viel Zeit auch dies (neben vielen anderen Parametern) für sich selbst richtig
einzustellen. Wenn Du mit den Charts arbeitest und dies oder das einfügst musst Du erstmal nur beobachten was sich wie verhält und
bewegt.
Dein Unterbewusstsein erkennt vieles bevor Du es erkennst. Das ist dann so ein Gefühl wie "es liegt mir auf der Zunge, aber ich kann
es nicht sagen". Du weißt einfach das bestimmte Dinge gut oder schlecht sind. Aber es ist für Dich (noch) nicht greifbar was genau dies
oder das ist. Mit sehr viel Geduld und Zeit kristallisiert sich immer wieder etwas heraus was dann greifbar ist. Genau daran arbeitest
Du dann. Du arbeitest genau an diesem Puzzleteil auf das Du Dich jetzt seitdem es greifbar ist voll konzentrieren kannst. Du passt den
Rest Deines aktuellen Konstrukts an dieses Puzzleteil an. Dann beobachtest und analysierst Du wieder. Mit der Zeit wird sich Dein
Unterbewusstsein wieder melden. Irgendwas ist da.... Bis es dann wieder greifbar wird und Du das nächste Puzzleteil hast. Dann passt
Du das ganze wieder an. Usw. usf. Wie gesagt. Extrem viel zeitintensive Arbeit.
Wie sah das bei mir aus? Als ich vom langfristigen Anlegen zum Traden gewechselt bin genau so. Bin genauso wie wohl praktisch jeder
auf die Indikatoren reingefallen. Weil ich gar nicht wusste was ich da eigentlich habe und wie ich es einsetze. Wenn ich die letzten
20 Jahre aus heutiger Sicht Revue passieren lasse dann würde ich das so zusammen fassen...
Als langfristiger Anleger (Anlagehorizont > 12 Monate) habe ich in einer fruchtbaren Phase mehr oder weniger blind und mit viel Glück
gehandelt. Nach dem Platzen der Internetblase Frühjahr 2000 habe ich im Grunde genauso weiter gemacht. Dann ohne Glück und mit
vielen Verlusten bis ich das gestoppt habe. Mir war klar das ich nichts konnte und nichts wusste. Das war dann der eigentliche Startpunkt
für mich. 2 Jahre lang habe ich mich nur mit Grundlagen, Börsenbüchern, Börsenbriefen, etc. pp. beschäftigt und auf diesen Grundlagen
Standardstrategien getestet und angewendet. Für mich haben alle nicht auf Dauer funktioniert. Vieles war viel zu anstrengend und in der
damaligen Abwärtsphase nach platzen der Internetblase nur durch striktes Risiko- und Moneymanagement überhaupt einigermassen profitabel.
Ich denke es war ungefähr im Jahr 2003 als ich angefangen habe über den "Standard-Tellerrand" zu blicken und eine erste Idee für eine
wirklich eigene Strategie hatte. Die Geburt meines "Grundgerüsts". Ich habe seitdem an diesem Grundgerüst gearbeitet und es stetig weiter
entwickelt. Unterbewusstsein und Psyche haben mich dazu gebracht eigene Werkzeuge zu entwickeln. Auch wieder "Idee", "Geburt",
"Weiterentwicklung". Ich würde meine Werkzeuge als einzelne "Waffen" bezeichnen, in denen ich verschiedenes miteinander zu einem
Ganzen zusammengefügt habe.
Das Chartfenster selbst ist eine Waffe. Der Subframe dieses Charts ist eine weitere Waffe. Mit der Zeit habe ich insgesamt 7 verschiedene
Waffen entwickelt. Jede Waffe einzeln betrachtet funktioniert alleine für sich auch wieder nur mit viel Anstrengung und striktem Risiko- und
Moneymanagement. Der Knackpunkt ist es die einzelnen Waffen miteinander zu "Waffensystemen" zu kombinieren. Je nachdem um welches
Zeitfenster es geht kombiniere ich dabei verschiedene Chartfenster mit unterschiedlich aufgebauten Subframes. Das alles wird sich für die
meisten viel zu abstrakt und wenig nachvollziehbar anhören. Es ist einfach nur so wie ich es "oberflächlich" beschreiben würde um es einem
Anfänger klar zu machen, daß wirklich viel Arbeit und Geduld in die Entwicklung eines "Gesamtkonstrukts" investiert werden muss.
Warum ist das so? Weil Indikatoren nur die Vergangenheit zeigen und nur dabei helfen können die aktuelle Situation zu analysieren um
die Zukunft antizipieren zu können. Du musst antizipieren. Es geht nicht anders. Einfach weil Indikatoren eine naturgegebene Trägheit
haben. Sie berechnen sich aufgrund von Daten der Vergangenheit. Wenn der Preis sich verändert, dann werden Indikatoren diese Änderung
je nachdem wie sie eingestellt sind und in welchem Zeitfenster sie eingesetzt sind, nur mit mehr oder weniger starker Verzögerung anzeigen.
Oder anders gesagt - wenn die Indikatoren sich bewegen und Du erst dann reagierst, bist Du eigentlich schon zu spät dran und rennst hinterher.
Meine Waffen sind nichts anderes als Standardindikatoren die ich für mich angepasst und kombiniert habe. Ich habe nichts vollkommen
eigenes selbst programmiert. Warum auch? Gibt so viel was schon vorhanden ist, dass das nicht nötig ist. Notwendig ist nur die vorhandenen Werkzeuge für die eigene Strategie (Grundgerüst, Gesamtkonstrukt) anzupassen und zu kombinieren und dadurch Waffen zu konstruieren.
Dann wirst Du die Indikatoren auch anders interpretieren. Ich bin mir ziemlich sicher dass ein Anfänger mit den gleichen Werkzeugen
(wie z.B. dem Stochastik-Oszillator), die er nackt, alleine für sich und unangepasst, unkombiniert einsetzt erst dann reingeht wenn ich schon
drinnen bin oder situationsabhängig schon wieder am glattstellen bin.
Aber auch wenn die Waffen wirklich gut entwickelt und die Interpretation der aktuellen Situation dadurch einfacher ist, hast Du keine Glaskugel
die Dir wirklich die Zukunft voraussagt. Deswegen ist und bleibt Risiko- und Moneymanagement einer DER tragenden Säulen für erfolgreiches
Trading.
Auch ein Punkt der wichtig ist - es gibt immer was zu verbessern und weiterzuentwickeln. Ich habe oft gedacht, mehr geht nicht. Aber es ist
einfach so, daß Dein Unterbewusstsein immer weiter arbeitet und Du immer wieder neue Erkenntnisse hast. Vor allem dann wenn Du der Du
Dich, Dein Denken, Deine Psyche weiterentwickelt hast, auch mal "alte" Werkzeuge oder Waffen mit oder an denen Du gearbeitet hast wieder
mal herauskramst und dann diese in Dein aktuelles "Gesamtkonstrukt" ein- oder anfügst. Dann können Werkzeuge mit denen Du "früher" nichts
anfangen konntest, plötzlich einen ganz anderen extrem positiven Effekt haben. Es ist dann natürlich wieder viel Arbeit das ganze Gesamtkontrukt
anzupassen. Ich nenne das wachsen und polieren.
Ich trade inzwischen sehr wenig, aber hocheffektiv. Ich mache mir keinen Stress sondern warte bis die Situationen kommen die ich konditioniert
ohne viel nachdenken traden kann. Das kann auch schon mal ein paar Stunden gehen bis so eine Situation sich entwickelt hat. In dieser Zeit,
wenn ich Lust und Muse dafür habe, mache ich einen neuen Workspace auf und spiele, kombiniere, experimentiere mit verschiedenen Werkzeugen,
Waffen, Timeframes herum. Oft kommt dabei gar nichts bzw. nichts besseres heraus. Aber oft sind es auch nur minimale klitzekleine Erkenntnisse,
Verbesserungen die ich dann auch in mein Gesamtkonstrukt übernehme.
Jetzt behaupte ich mal, dass viele die diesen Beitrag lesen mehr Zeit gebraucht haben um diesen zu lesen, als sie in die Entwicklung eigener
Werkzeuge investiert haben. Weil alles was sie gemacht haben, nichts anderes war als irgendeinen Indikator in den Chart zu klatschen und
diesen dann standardmäßig zu interpretieren und danach zu traden. Das wird nicht (auf Dauer) funktionieren. Insofern - wenn es so gemeint ist
dass Indikatoren nicht funktionieren, dann kann ich da nur zustimmen. Aber das ist eben nur die Spitze der Spitze des Eisbergs.
Zu guter Letzt...
Es gibt einige Bücher die ich gelesen habe. Viele ähneln sich und gehen nicht sehr viel weiter als das was ich als "Standardinterpretation"
bezeichnen würde. Am besten dann noch anhand von Charts in denen man im Nachhinein hätte, wäre, könnte sagt. Da sieht dann alles
ganz klar aus. Aber die Vergangenheit lässt sich nicht mehr handeln. Ich könnte bei jedem dieser "optimierten" "Danach-kann-das-jeder-
sagen-Charts" zig Charts zeigen die bis zu einem bzw. bis zu "diesem bestimmten Punkt" ähnlich aussahen, dann aber entgegen des optimierten
Charts das genaue Gegenteil von dem machten was sie im optimierten Chart gemacht haben. Auch deswegen kann man nur zustimmen wenn
es heißt Indikatoren funktionieren nicht.
Aber es gibt ein Buch, das sich hier für mich hervor hebt.
"Trading Full Circle: Das legendäre "Undergroundtrader"-System - erstmals vollständig enthüllt und für jeden anwendbar"
von Jea Yu
https://www.amazon.de/Trading-Full-Circl...3942888521
Es hat ein paar Ähnlichkeiten zu meinen eigenen Ansätzen und Strategien. Allerdings sind die Charts an sich für meine Bedürfnisse viel zu
unterentwickelt. Ich bin halt ein absoluter Chartfetischist und brauche das so wie ich es habe weil meine Psyche es sonst nicht kann.
Aber jeder muss selbst herausfinden was er braucht. Ich finde das Buch ist eine gute Basis um damit anzufangen. Das Buch liegt bei mir
auf dem WC. Wenn ich mal eine Sitzung habe und Lust habe dann nehme ich mir das, mache irgendeine Seite auf und schmöker ein
bisschen darin herum. Mir hat es auch immer wieder mal Inspiration für neue, alte oder andere Ideen gebracht. Aber ich bin kein Anfänger und
auch schon lange nicht mehr auf der Suche nach irgendwas. Für mich ist es einfach nur Spass an der Sache, deswegen habe ich mir das
auch mal gekauft. Ein Anfänger wird da sicher einiges zu knabbern haben, vieles (noch) nicht verstehen und viel Zeit investieren müssen
um zu lernen die "Dinge" einzusetzen, zu interpretieren, zu antizipieren und vor allem auch zu konditionieren. Ein Buch das gerade Anfänger
mehrere Male immer wieder lesen müssen und sollten, bevor sie es wirklich verstehen werden können.
Aber am Ende geht es vor allem um Risiko- und Moneymanagement und die richtigen Dinge auf die für einen selbst richtige Art und Weise
zu kombinieren. Erst durch die Kombination und Konfiguration der einzelnen Werkzeuge entstehen Waffen für das Trading. Das als Waffen
zu bezeichnen stammt übrigens auch aus diesem Buch. Ich finde das eine ziemlich treffende Beschreibung und habe mir erlaubt das so zu
übernehmen.
Schönes Wochenende noch Jungs und Mädels!
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