Video zeigt Drohnentechnik aus Deutschland
"Das hat nichts mit guter Kriegsführung zu tun"
Von Lars Wienand, Hanna Klein und Adrian Röger
Aktualisiert am 12.06.2022 - 12:09 Uhr
Ein kleines Unternehmen aus der Eifel ist Weltmarktführer bei der Erkennung von Drohnen. Die deutsche Technologie spielt in der Ukraine eine große Rolle. t-online erhielt einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen der Firma.
Die Idee, mit der er nun sogar Weltmarktführer ist, hielt Thorsten Chmielus anfangs für eine Spinnerei. Es ist zehn Jahre her, da wollte ein Kunde nicht nur die Position von Drohnen bestimmen können, sondern auch ihre präzise Flughöhe. Chmielus' Unternehmen Aaronia, das damals auf Abschirmung und Messtechnik spezialisiert war, machte sich an die Arbeit.
Heute kann keine Firma auf der Welt Drohnen so genau erkennen. Und noch nie war die Technologie so gefragt wie derzeit. Denn im Ukraine-Krieg setzen beide Seiten auf das Know-how aus
Deutschland. Oder genauer gesagt: auf das Wissen aus der
Eifel........
Ausrüster für Flughäfen außerhalb Deutschlands
.......Doch die Produkte, die Sicherheit bieten, können natürlich auch in einem Krieg eingesetzt werden – als Waffe. "Drohnendetektion bietet hohe Missbrauchsmöglichkeiten", räumt Chmielus ein. "Eine Ausleitung der genauen Position des Ziels für eine Waffe liefern wir nicht mit und lehnen wir ab. Wir sagen, wir sind ein passives System." Dass es in der Praxis anders genutzt werde und auch
Russland die Technik in seinem Angriffskrieg auf die
Ukraine einsetze, könne er jedoch nicht verhindern...........
Litauer spendeten Millionen für Drohne
..........In der Ukraine seien schon früh Lkw-Ladungen voller Supermarkt-Drohnen angekommen, sagt Chmielus, während er in seinem Konferenzraum in der Zentrale sitzt. Der chinesische Marktführer DJI hat Ende April den Missbrauch seiner Technik beklagt und einen Verkaufsstopp für die Ukraine und Russland verhängt.......
.......Chmielus sagt: "Solche Drohnen kann man kilometerlang fliegen lassen und damit praktisch den Gegner ausspähen, ohne dass er das merkt, weil die so hoch fliegen können und auch so leise sind und so klein, dass er das gar nicht mitbekommt, wenn er nicht gezielt danach Ausschau hält." Damit bekomme zum Beispiel die Artillerie Informationen, wohin sie schießen muss. Aber auch die kleinen Drohnen sind nicht nur zum Ausspähen unterwegs. "Da lässt sich auch irgendeine Handgranate oder was auch immer dranmachen, die man dann abwerfen kann", so Chmielus...........
Markt wächst um 20 bis 30 Prozent
Er spricht von einer neuen Art der Kriegsführung. "Drohnen sind der große Gamechanger in der Ukraine. Das ist der große Unterschied zu früher: Drohnen spionieren praktisch alles vorher aus und man weiß ganz genau, wo der Gegner ist." Drohnendetektion sei darüber zum "must have" geworden. "Heutzutage hat jeder ein Drohnendetektionssystem und jeder hat ein Drohnenabwehrsystem."....
Wie groß der Weltmarkt ist, ist nicht ganz klar. Chmielus geht von zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr aus, wobei er ein jährliches Wachstum von 20 bis 30 Prozent prognostiziert. In der Ukraine sei an Drohnen "praktisch alles im Einsatz, was man sich vorstellen kann"........
Russische Drohnen mit Motor aus Hanau
.........Besonders verbreitet sind unter den Drohnen auf der russischen Seite "Orlans" (Adler). Sie fliegen bis zu 600 Kilometer – und das mit Motoren aus der hessischen Stadt
Hanau. Firmenchef Kai Weinhold weiß davon nach eigenen Angaben nur aus den Medien. Er habe "keine Kenntnisse", wie die Motoren nach Russland gelangt seien...........
Aaronie denkt über Satelliten nach
Denn das ist das Aber. "Die Möglichkeiten der Detektion über Funk enden bisher, wenn die Drohne gar keine Signale sendet oder nicht Richtung Boden, sondern an Satelliten", erklärt Chmielus. Deshalb ist sein Unternehmen inzwischen auch in Gesprächen, selbst Satelliten zu mieten. Es geht darum, die Signale, die Drohnen Richtung Himmel senden, aufzuspüren...........
"Büchse der Pandora wurde geöffnet"
Es werde vermutlich nicht mehr allzu lang dauern, warnt Chmielus, da könne man Drohnen losschicken, um jeden zu eliminieren, der zum Beispiel ein "Z" auf der Uniform hat. "Da ist jetzt die Büchse der Pandora geöffnet worden und die muss sofort wieder geschlossen werden. Wir haben nicht nur ABC-Waffen, die verboten gehören, geächtet gehören ABCD-Waffen – und das D steht für Drohnen."
Entsprechend düster blickt der Weltmarktführer aus der Eifel auf die Zukunft: Eines nicht mehr fernen Tages könne auch "irgendwer Mini-Fliegen bauen. Und dann schmeißt er Millionen davon ab, die alle Menschen aufspüren, die schwarz sind und tötet sie." Ja, das klinge absurd. Aber Spinner werde es schließlich immer geben, und die Technik werde immer einfacher, schneller und billiger. Und was derzeit eigentlich das Schlimmste sei: "Es findet gar keine Diskussion über die riesigen Gefahren statt."..........
https://www.t-online.de/digital/internet...-tun-.html