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Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen
Notiz 

RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen

Zitat:Durch Wandel abgehängt
Chinas Probleme werden deutschen Firmen gefährlich


Stand: 15.01.2025 06:27 Uhr

Das mäßige Wachstum der chinesischen Wirtschaft bekommen auch deutsche Konzerne wie Volkswagen zu spüren. Chinesische Unternehmen passen sich schneller an - und bedrohen auch die Märkte in Europa.

Von Ingo Nathusius, HR


"Passt gut auf", warnt Volkswirtin Julia Haes bei einer Veranstaltung des "Sino-German Centers" der Frankfurt School of Finance, "die Bedingungen für deutsche Unternehmen bleiben schwierig". Haes' Urteil: "In manchen Sektoren bedienen deutsche Hersteller die Bedürfnisse chinesischer Konsumenten nicht so schnell wie chinesische Hersteller." Die Volkswirtin betreibt das "China Institut für die deutsche Wirtschaft" in Tutzing.

Allen voran bekommt das Volkswagen zu spüren: Zuwächse in einigen kleineren Märkten und in Amerika reichen bei weitem nicht aus, um die immer schwächer werdenden Absatzzahlen im zweitgrößten VW-Markt China auszugleichen. Einst Marktführer in China, verkauften die Wolfsburger dort 2024 nur noch 2,9 Millionen Autos. Das sind gut 300.000 weniger als im Jahr zuvor.



Chinas Wirtschaftsentwicklung

Im Großen und Ganzen betrachtet, wächst die chinesische Wirtschaft massiv. Nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds überholte Chinas Wirtschaftsleistung die deutsche Leistung im Jahr 2007. Ende 2024 registrierte der Internationale Währungsfonds (IWF) ein Bruttoinlandsprodukt von 18 Billionen US-Dollar. Das ist mehr als viermal so viel wie das deutsche BIP. "China hat das Potenzial, ein weltweit führender Innovator zu werden", sagt Julia Haes vom China-Institut.


Doch seit der Pandemie stottert die chinesische Wirtschaft. Das Wachstum betrug 2024 nach Angaben des IWF 4,8 Prozent - zu wenig, um 1,4 Milliarden Chinesen zu versorgen. Die chinesische Bevölkerung wächst seit fünf Jahren nicht mehr und altert massiv. Der Konsum ist seit langem schwach. Haes berichtete von Beamten, die seit sechs Monaten keine Gehälter bekommen. "Das wird das Vertrauen in die Regierung nicht stützen."



Der Staat greift ein

Nachdem diverse Staatsprogramme verpufft sind, hat das Politbüro der kommunistischen Einheitspartei im Dezember laut amtlicher Nachrichtenagentur Xihua eine "proaktive Fiskalpolitik und eine angemessen lockere Geldpolitik" beschlossen. Das sei eine große Veränderung, sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank in China, Yi Xiong, bei der Frankfurt School.


"Die Dinge sind noch nicht sehr gut", urteilt Yi, "aber sie werden besser". Yi erwartet Subventionen, wenn Chinesen chinesische Autos kaufen. Neben Konsumgütern könnte die Wirtschaftsleistung auch durch mehr Kinderbetreuung angefacht werden, meint Haes.



Trumps Zölle rücken Europa ins Visier

"Wir Deutsche mögen Wandel nicht so sehr, aber es gibt keine Alternative", sagt Haes. Sie nennt als exotisches Beispiel die Schweinewirtschaft: Vor wenigen Jahren verkauften europäische Züchter massenhaft Schweinefleisch nach China. Investoren bemerkten den Warenstrom und bauten die chinesische Schweinewirtschaft auf. Der Import des begehrten Schweinefleischs ist eingebrochen. Man müsse sehr aufmerksam sein, warnte Haes, "selbst wenn Sie in einem wenig innovativen Geschäft tätig sind".


Yi und Haes rechnen unter der neuen amerikanischen Regierung mit höheren Zöllen der USA auf chinesische Importe. "China wird versuchen, alles, was nicht in die USA exportiert werden kann, in andere Länder zu exportieren", sagte Haes. Mangels anderer Abnehmer dürften die Preise sinken, etwa für Solarpanels. "Warum nutzen wir nicht chinesische Subventionen, um unserem Energiemarkt zu helfen?", regt Haes an.


https://www.tagesschau.de/wirtschaft/deu...a-100.html

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Notiz 

RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen

Zitat:Zehntausende Stellen in Gefahr?
Trumps Zollpläne bedrohen deutsche Arbeitsplätze


Stand: 15.01.2025 08:56 Uhr

Die vom designierten US-Präsidenten Trump angekündigten Zölle könnten laut einem Bericht in Deutschland Tausende Arbeitsplätze bedrohen. Denn viele Arbeitsplätze hier hängen an Exporten in die USA.


Die vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Strafzölle auf Importe in die USA drohen in der Bundesrepublik schweren wirtschaftlichen Schaden anzurichten. Nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) könnten in Deutschland 300.000 Jobs verloren gehen, sollte Trump seine Zollpläne umsetzen und andere Länder mit Gegenzöllen antworten. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung.


Sebastian Dullien vom IMK-Institut verdeutlicht den Wegfall von 300.000 Jobs mit folgendem Beispiel: Das sei, als würden doppelt so viele Jobs verschwinden, wie der größte deutsche Autohersteller Volkswagen hierzulande Mitarbeiter beschäftigt. In einem zweiten Szenario, in dem Trump die Zölle am unteren Rand seiner bisherigen Ankündigungen umsetzt, würden laut IMK in Deutschland immer noch 200.000 Jobs verschwinden.



Pharmabranche besonders betroffen

Das liegt vor allem daran, dass in Deutschland laut einer Studie des Prognos-Institut rechnerisch 1,2 Millionen Arbeitsplätze von Exporten in die USA abhängig sind, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Das seien zehn Prozent aller zwölf Millionen Arbeitsplätze, die direkt und indirekt von Ausfuhren abhängig seien. Sollte Trump seine Schutzzölle wie angekündigt umsetzen, könnten deutsche Exporte laut Lisandra Flach, Leiterin Außenwirtschaft beim Münchner ifo-Institut, um 15 Prozent schrumpfen.


Besonders wichtig sind die Exporte in die USA laut der Süddeutschen Zeitung in der Pharmabranche, in der allein 28 Prozent der Jobs hierzulande an den Ausfuhren hängen. Auch Branchen wie Maschinen, Fahrzeuge und die Chemieindustrie exportieren im großen Maß in die USA.



Neue Zollbehörde am Tag der Amtseinführung

Trump will mit höheren Zöllen das Handelsdefizit der USA senken und dabei alle Länder ins Visier nehmen, die "uns seit Jahren abzocken", wie er sagt. Davon besonders betroffen sein dürfte auch Deutschland, denn die Bundesrepublik exportierte zuletzt pro Jahr für 90 Milliarden Euro mehr Produkte in die USA, als sie aus den USA kaufte. "Mit keinem anderen Land hat Deutschland einen so hohen Handelsbilanzüberschuss", so ifo-Expertin Flach zur Süddeutschen Zeitung.

Im Wahlkampf hatte Trump von Zöllen in Höhe von mindestens zehn Prozent auf alle Importe, 60 Prozent auf chinesische Produkte und sogar 200 Prozent auf Auto-Importe aus Mexiko gesprochen. Einen ersten Schritt zur Umsetzung seines Vorhabens kündigte der designierte US-Präsident bereits gestern an: Er werde die "External Revenue Service" per Dekret gleich am Tag seiner Amtseinführung erschaffen, teilte der Republikaner auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social mit.

"Die amerikanische Wirtschaft hat der Welt durch lasche und erbärmlich schwache Handelsabkommen Wachstum und Wohlstand beschert, während wir uns selbst besteuert haben", schrieb er. Es sei Zeit, dass sich das ändere. Nun würden diejenigen belastet, die an den USA verdient hätten. Sie würden "endlich ihren gerechten Anteil zahlen".


https://www.tagesschau.de/wirtschaft/wel...e-100.html

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Notiz 

RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen

Teil I
Zitat:Analyse der Wachstumsschwäche
Anatomie der deutschen Stagnation – Teil 1: strukturelles Schattenboxen
Auch wenn Deutschlands Unternehmen zu Recht über strukturelle Probleme klagen, können sie nicht die Stagnation seit 2022 erklären.

André Kühnlenz
Publiziert: 03.01.2025,

In Kürze:
  • Die deutsche Wirtschaft leidet unter strukturellen und konjunkturellen Problemen.
  • Die Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen und Haushalte scheint verkraftbar.
  • Ein Abbau der Bürokratie und Deregulierung versprechen keine schnelle Hilfe.
  • Die Arbeitskosten sind real zuletzt gesunken, doch auch die Gewinne gehen zurück.
Zwei Blogbeiträge zum Jahresanfang sollen beleuchten, wie sehr strukturelle und konjunkturelle Ursachen die Wirtschaftsschwäche Deutschlands erklären können. Im ersten Teil geht es um die strukturellen Probleme im Inland: angefangen bei den staatlichen Ausgaben und Steuern, der Bürokratie bis hin zu den Arbeits- und Materialkosten der Unternehmen. Der China-Schock des Preisdumpings, der Deutschlands Exporteuren derzeit auf den Weltmärkten zu schaffen macht, kommt im zweiten Teil vor, wenn es um die Nachfrage geht.

Zu den Ursachen der dreijährigen Stagnation in Deutschland gehen die Meinungen auseinander. Der breite Konsens der Ökonomen besagt, dass die «deutsche Volkswirtschaft sowohl von konjunkturellen als auch von strukturellen Problemen ausgebremst wird». Dabei kommt der Anpassungsdruck sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland.

Konjunkturell heisst, dass zum Beispiel ein langer Zyklus von mehreren Jahren mit einer «normalen» Rezession, also einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung, zu Ende geht. Dies kommt im Kern daher, dass eine Volkswirtschaft über Jahre mehr in Maschinen, Geräte, Gebäude oder Software investiert, als sie am Ende an Einkommen erwirtschaftet hat. Oder aber es treten Schocks und Ungleichgewichte auf, die eine Wirtschaft plötzlich lähmen oder eine zyklische Krise verschärfen.

Die Deutsche Bundesbank nennt folgende Gründe für die aktuelle Stagnation: die Energiepreisschocks der Jahre 2021 und 2022, die grüne Transformation sowie den demografischen Wandel. Zudem hätten Umfragen gezeigt, dass ein hoher regulatorischer Aufwand die Unternehmen vom Investieren abhält. Zur Wirtschaftsschwäche trage auch die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik bei. Zugleich wachse die Konkurrenz Chinas auf den Weltmärkten in wichtigen Exportbranchen des Landes.

Auffällig ist, dass einige wenige, meist ordoliberale Ökonomen die Folgen des Energiepreisschocks auf die Nachfrage komplett ausblenden. Ihrer Ansicht nach hat das Zurückbleiben der deutschen Wirtschaft fast ausschliesslich strukturelle Ursachen. Allerdings ändern sich in den seltensten Fällen strukturelle Rahmenbedingungen so plötzlich, dass sie eine langanhaltende Wirtschaftsschwäche auslösen.

Die Intention ist dagegen klarer: Dogmatisch halten sich gerade ordoliberale Ökonomen an jeden Buchstaben der Schuldenbremse. Für eine Notlage, die Ausnahmen auch aus konjunkturellen Gründen erlaubt, legen diese Fachleute sehr strenge Massstäbe an. Drei Jahre Stagnation mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote um mehr als einen Prozentpunkt reichen ihnen dafür nicht aus. Dahinter steht die Sorge, dass der Staat eine zu grosse Rolle in der Wirtschaft spielt und sie damit langfristig ausbremst.

Anderen, auch eher liberalen Ökonomen, ist die Rolle des Staates dagegen aktuell zu klein. So zum Beispiel im wirtschaftsnahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Sie fürchten, dass der Staat sich durch kurzfristige Nachfrageprogramme die Chancen für ein riesiges Investitionsprogramm in Höhe von Hunderten Milliarden Euro nach der Bundestagswahl verbaut: vor allem für Infrastruktur, Bildung und Verteidigung.

[Bild: Cs5OsnsQKWeAoiLZoqQTGS.png?op=ocroped&va...fApD6d4P0M]
Für den privaten Fachdienst Kiel Economics, der sich 2009 aus dem Kieler Institut für Weltwirtschaft ausgegründet hat, ist eins allerdings kristallklar (vgl. Grafik oben): «Die Botschaft, die die Daten zur Kapazitätsauslastung im produzierenden Gewerbe vermitteln, ist eindeutig: Der wesentliche Teil der derzeitigen Krise ist konjunktureller Natur.» Demnach liegt es also nicht an strukturellen Gründen, die zum geringen Angebot oder zu den geringen Kapazitätsauslastungen führen, sondern an der Nachfrage (vgl. Grafik unten).

[Bild: 1RIcjygQKIy8DR6rQqm6Su.png?op=ocroped&va...eHI8_0WR6E]
Wenn sich strukturelle Gründe jedoch in der Realität nicht wirklich von konjunkturellen trennen lassen, so können sie doch immer noch einzeln betrachtet werden. Schliesslich kann so ersichtlich werden, was an den strukturellen Problemen nicht Ursache, sondern auch Folge der Konjunkturschocks ist, die Deutschland 2021/22 getroffen haben.

Falsche Sorgen vor dem starken Staat
Aktuell treibt einige Ökonomen einmal mehr die Furcht vor einem ausufernden Staat um. Die Parlamente hätten die Ausgaben angeblich nach der Pandemie nicht wieder zurückgefahren. Dabei würden hohe Subventionen an die Unternehmen angeblich die Regierung von ihren Kernaufgaben abhalten oder sogar die grüne Transformation behindern, so die These. Ein Blick auf staatliche Transfers an die Unternehmen offenbart jedoch, dass davon keine Rede sein kann (vgl. Grafik unten).
[Bild: 7b3PT70G4nl8ZcsvFogHHP.png?op=ocroped&va...stBYqJDfUU]
Für diesen Vergleich werden hier die Transferzahlungen am Umsatz der Volkswirtschaft gemessen (vgl. Grafik oben). Denn wenn die Unternehmen die staatlichen Transfers ausgeben, entsteht erst einmal Umsatz. Für Einkommen (Löhne oder Gewinne), wie es das Bruttoinlandprodukt (BIP) misst, müssen vom Umsatz noch die Kosten für die Vorprodukte abgezogen werden: für Rohstoffe, Strom, Bauteile usw. Deshalb führt der übliche Vergleich der Transferzahlungen mit dem BIP in die Irre.

Gemessen am Umsatz liegt die Transferquote aktuell bei 4,2%, das ist etwas mehr als vor der Pandemie, als sie 3,8% ausmachte. Dass der Staat mit seinen Subventionen private Aktivitäten ausbremst, scheint unplausibel. Erst recht fallen sie als Ursache für die Stagnation aus. Auch ein Blick auf die gesamte Staatsausgabenquote gemessen am Umsatz hinterlässt keinen beunruhigenden Eindruck.
[Bild: 6d2veLna496BgafNBOKt2N.png?op=ocroped&va...SwqcJreK7Q]

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Notiz 

RE: Deutschland - Wirtschaftsnachrichten, Analyen, Prognosen

Teil II
Zitat:Wie bei den Transfers sollten auch die gesamten Staatsausgaben am Umsatz eines Landes und nicht am BIP gemessen werden, wenn man die Rolle des Staates in der Wirtschaft halbwegs erfassen will (vgl. Grafik oben). Dabei zeigt sich, dass der Schub nach der Pandemie längst abgebaut ist. Zuletzt sind offensichtlich die Subventionen zur Förderung der grünen Transformation sowie die Sozialhilfen durch die steigende Arbeitslosigkeit gestiegen.

Steuer- und Abgabenlast ist für Deutschland moderat
Die Grösse des Staatshaushalts spricht aber nicht unbedingt dagegen, dass die privaten Investitionen, wie in den USA, noch stärker über die (grünen) Subventionen gefördert werden könnten: falls es denn nach der Wahl politisch gewollt ist. Die Belastung der Unternehmen und Privathaushalte durch Steuern und Abgaben könnte zwar niedriger sein – gerade im Vergleich zur Schweiz. Aber als Ursache für die Stagnation fällt auch sie aus.

[Bild: AxOiYvKoawJBUb9cRfbT0k.png?op=ocroped&va...yKUByuReg4]
Die deutsche Volkswirtschaft scheint jedenfalls an die hohe Last gewöhnt zu sein, denn sie hat auch 2012 bis 2019 nicht das Wachstum abgewürgt: Mit 40,2% liegt die Steuer- und Abgabenlast gemessen am BIP-Einkommen aktuell sogar auf dem Niveau von 2017 (vgl. Grafik oben). Allein die Steuerquote der Unternehmen und Haushalte liegt mit 22,9% des Bruttoinlandprodukts auf dem Niveau von Ende 2012.

Ein Blick auf die Unternehmen an sich liefert zudem die Bundesbank in der Regel immer zum Ende eines Jahres in ihrem Monatsbericht. Darin analysiert sie die veröffentlichten Unternehmensbilanzen und rechnet die Werte auf die Volkswirtschaft hoch (vgl. Grafik unten). Für 2023 haben die Unternehmen demnach 17,4% der Vorsteuergewinne an den Staat abgeführt. Das war deutlich weniger als die 22,7% ein Jahr zuvor.

[Bild: FhdzHF-iKdcBN5BvXpgC1c.png?op=ocroped&va...aXL5_lrrWg]

Die Jahre 2021/22 waren allerdings auch dadurch geprägt, dass die Unternehmen den Kostenschub in den Verkaufspreisen weitergegeben und die Inflation angeheizt haben. Die Gewinnmargen am Umsatz blieben zwar weitgehend stabil, was gegen die These der «Gierflation» spricht. Aber der Gewinnanteil am Einkommen stieg trotzdem, während der Lohnanteil sank: Die Folge war eine von den Profiten getriebene Inflation, die sich möglicherweise in einer höheren Steuerlast niederschlug.

Fakt ist jedenfalls, dass die erheblich gesunkene Steuerlast 2023 nicht zu einer Erholung der Investitionen geführt hat. Wer hier grosse Hoffnungen auf die nächste Bundestagswahl und die nächste Regierung hegt, sollte diese wohl eher begraben. Was allerdings beachtet werden muss: Bei der Analyse der Unternehmensbilanzen werden auch Geschäfte ausserhalb Deutschlands berücksichtigt.

Abbau der Bürokratiekosten wirkt erst nach Jahren
Die Bundesbank verweist in ihrer jüngsten Prognose auch auf eine Umfrage des Ifo-Instituts im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen aus dem Jahr 2023 (vgl. Grafik unten). Demnach sagt die Mehrheit, dass sie die Regulierungsdichte und Bürokratie als wichtigsten Dämpfer für ihre Investitionen sieht. Wie bei den Steuern dürfte aber auch hier gelten, dass dies kaum der Auslöser für die Stagnation war.

[Bild: BWkKVLFv4fqBzADbuW3vcf.png?op=ocroped&va...95sht1A1pI]

Das Ifo-Institut hat gerade erst im Herbst eine Studie veröffentlicht, in der es einen eigenen Bürokratieindex präsentiert hat (vgl. Grafik unten). Dieser basiert auf der «Doing Business»-Umfrage der Weltbank und soll die Bürokratielast umfassender abbilden als nur die direkten Kosten, die Bundesgesetze mit sich bringen: zum Beispiel auch den Aufwand für Genehmigungen, Steuererklärungen oder den Export und Import.

[Bild: DjarVh9D4t0A7coaiyqkqm.png?op=ocroped&va...hNJSa9aDLQ]

Die Ifo-Forscher kommen zu dem überraschenden Schluss, dass sich von 2006 bis 2022 nicht viel verändert hat in Deutschland: «Darüber hinaus stagniert der Bürokratieaufwand in Deutschland in den letzten fünfzehn Jahren, im Gegensatz zu anderen OECD-Ländern, die eine signifikante Reduktion über die Zeit aufweisen», schreiben sie.

Die Ifo-Ökonomen erhoffen sich auf Basis ihrer Modellrechnung, dass eine ähnlich gross angelegte Reform wie in den anderen Ländern nach einigen Jahren einen einmaligen Schub von fast 150 Mrd. € Wirtschaftsleistung bringen wird: Um diesen Betrag wäre jedes Jahr das BIP höher.

Auf das Wachstum selbst wirkt der Bürokratieabbau also wie eine Steuersenkung: Im Zweifel also nur einmalig, denn die Entlastung steigt ja nicht jedes Jahr um die rund 150 Mrd. €. Klar ist: Niemand sollte sich eine schnelle Lösung für ein Ende der Stagnation durch den Bürokratieabbau erhoffen.

Keine Übertreibung bei den Arbeitskosten
Oft werden auch die Arbeitskosten angeführt, die die Unternehmen ausbremsen würden. Real, also inflationsbereinigt, liegen sie jedoch pro Stunde auf dem Niveau von 2015 und sogar wieder deutlich unter der Produktivitätsentwicklung (vgl. Grafik unten): Das heisst, tatsächlich stabilisieren die Lohnkosten die Unternehmen, nicht umgekehrt.

[Bild: CuVmItliaT4AvHs7Q0t1l_.png?op=ocroped&va...jbHkvie8E4]

In Zeiten schrumpfender Betriebsgewinne (also des volkswirtschaftlichen Cashflows) sind allerdings alle Kosten zu hoch (vgl. Grafik unten). Das ist der eigentliche Grund, warum die Unternehmen gerade beginnen, ihre Stellen zu streichen: um die Arbeitskosten zu senken. Und genau das ist das Wesen einer Konjunkturkrise, keiner Strukturkrise.

[Bild: 6BBtBrb64gvBKNiGPlE2AX.png?op=ocroped&va...OQ-f-0MFsk]

Allein gemessen am Umsatz zeigt die Lohnsumme ebenfalls keine übermässigen Übertreibungen (vgl. Grafik unten). Und das, obwohl die Arbeitnehmer die Kaufkraftverluste mit hohen Lohnsteigerungen aufgeholt haben. Der Umsatzanteil der Löhne spricht also keinesfalls für dringenden Handlungsbedarf, wenn denn die schrumpfenden Gewinne nicht wären. Aber auch das geht einmal vorbei.

[Bild: FSEkMOTZq9R9dJUv8Qh7bM.png?op=ocroped&va...vS0TlqWR1I]

Was die Unternehmen immer noch deutlich belastet, sind die hohen Kosten für Vorprodukte wie Energie und Materialien (vgl. Grafik oben). Und das in Zeiten, in denen die Kostenschübe nicht mehr an die Preise weitergegeben werden können, weil die riesigen Ersparnisse aus der Pandemie jetzt fehlen. Schlussendlich verschlechtert dies die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf den Weltmärkten, genau wie das Preisdumping der Chinesen.

Da die Wirtschaftsschwäche jedoch stärker aus dem Inland als aus dem Ausland kommt, könnte die Wirtschaftspolitik tatsächlich helfen, die Konjunktur anzukurbeln, wie Teil 2 dieser Serie zeigen wird. Denn eins hilft am Ende immer gegen steigende Kosten: höhere Investitionen und Gewinne. Diese brauchen aber in erster Linie Nachfrage, sonst helfen kurzfristig auch die beste Angebotspolitik oder die besten Abschreibungsbedingungen nichts mehr.

https://www.fuw.ch/deutschland-anatomie-...7885525073

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