RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 30.12.2018, 20:32
(30.12.2018, 17:33)Vahana schrieb: Kuka ist das. Hier der vollständige Chart:
https://www.onvista.de/aktien/KUKA-Aktie-DE0006204407
Danke für die rasche und faire Antwort! Es ist immer einfach, das jetzt Folgende im Nachgang zu schreiben (ich habe aber so fair als möglich gespielt und den Chart wirklich nicht gecheatet), aber: Mich hat sehr schnell (wirklich sehr schnell, in aller Bescheidenheit) eine Tatsache fundamental dermassen nachhaltig verschreckt, dass ich - mit absoluter Sicherheit - nie reingegangen wäre. Ich möchte sie der Leserschaft nicht vorenthalten:
94,5% der Stimmen der (an sich sonst branchenmässig auf den ersten Blick integer wirkenden) Kuka hält eine gewisse Midea Group mit Sitz in der VR China, die selber, bis auf Dekorationsaktionäre, grösstmehrheitlich von weiteren VR-chinesischen Gesellschaften oder Personen beherrscht wird. Dazu zwei Sachen: Ich investiere nie in ein Unternehmen, wo Publikumsaktionäre nicht allermindestens 20 Prozent der Stimmen haben (wenn dieser Anteil nur knapp über 20% ist, bin ich übrigens schon misstrauisch und mache weitere Abklärungen). Und ich investiere nie, gar nie, in eine mehrheitlich von Unternehmen oder Personen beherrschte Gesellschaft, die ihren Sitz oder Wohnsitz in Staaten ohne hinreichende rechtsstaatliche Garantien haben. Wer dieses Kriterium doof findet, darf das. Soll mir jetzt noch einer sagen, Xeno achte nur auf Charttechnik...! Die Übernahme durch "die Chinesen" war übrigens im August 2016 abgeschlossen, d. h., wesentlich für die Argumentation hier, klar und deutlich vor der Kursexplosion 2017 erfolgt, und insbesondere waren die erwähnten Eigentumsverhältnisse damals längst marktbekannt. Noch kurz zum Zusammenhang zwischen zu kleinem Streubesitz und komischem Chart: Es ist einfach so, dass (zu) wenige Papiere aufm freien Markt zu (in extremis dramatischen) Kursübertreibungen (in beide Richtungen!) führen können, oder anders: Der Chart erzählt einen Stiefel. Man kann das übrigens durchaus mit viel finanzmathematischem Gedöns und tollen Fremdwörtern belegen, aber man muss nicht. Wer will, kann natürlich bei solchen Lotterien mitmachen. Ich nicht. Ein Einstieg spottet jeder langfristigen Anlagestrategie.
Damit ist die Frage, ob ich Ende 2017 reingegangen hinreichend und begründet negativ beantwortet. Auch noch interessant ist übrigens das andere Problem, was man denn hätte tun sollen, wenn man schon vor August 2016 drin gewesen wäre. Eigentlich kennt Du ja meine Antwort aber: Immer mit -40% sichern (also nicht etwa sofort raus, es ist fast immer falsch nur wegen falsch gewordenen Fundamentaldaten rauszugehen, so wie es aber eben auch falsch ist, bei falschen seienden Fundamentaldaten reinzugehen). Das hätte dann zum Verkauf bei 150 € etwa Anfang November 2017 geführt. Im schlechtesten Fall, nämlich bei einem Einstieg gerade um die Gerüchte der China-Übernahme Ende Juli 2016 herum zu maximal 110 €, hätten 40 € oder 36% Gewinn in etwa 15 Monaten herausgeschaut. Jeder frühere Einstiegspunkt würde das Resultat (erheblich) verbessern, jeder spätere wäre nie geschehen.
Danke für die Aufgabe, die IMHO schon sehr anschaulich widerlegt, was für ein Widersinn reine Charttechnik für langfristig orientierte Anleger produzieren kann.
Lg X.
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 30.12.2018, 20:33
Vielleicht eine Rubrik "Meine persönliche Strategie".
Ich finde das übrigens elitärer wenn sowas nur Leute lesen können die ihr eigenes Thema dazu eröffnet haben.
Sowas hätte Charme.
Sonst schreiben 5 Leute, 100 zerreißen es und 1000 halten die Klappe.
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 30.12.2018, 20:40
RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 30.12.2018, 21:24
(30.12.2018, 17:33)Vahana schrieb: https://www.onvista.de/aktien/Nvidia-Aktie-US67066G1040
Nvidia ist ein schön kritisches Beispiel. Zuerst die für meine Strategie schlechteste Konstellation: Die wäre, wenn Du Anfang Oktober für nahezu 290$ gekauft hättest, mit Signal zum Verkauf bei 174 $. Dieses Signal wäre ausgelöst, und zwar kurz vor Mitte November. -40% in etwa 45 Tagen: Gib zu, dass das bei einem renommierten Unternehmen die Ausnahme ist! Wer das (allerdings schon sehr grosse, dazu gleich) Pech gehabt hat bei 290$ zu kaufen, hätte die 40% verloren. Ein Wiedereinstieg ist nicht in Sicht (aktueller Kurs bei 134$, also -54%). Zu meinen Bedingungen für den Kauf einstweilig fallender Aktien müsste ich mal etwas detaillierter schreiben; hier steht aber sowieso fest, dass sie um Welten nicht erfüllt sind. Vor solchen Verlusten schützen Dich nur zwei Börsengrundsätze: Diversifizierung und Langfristigkeit. Der erste schützt Dich vor singulärem Absturz einzelner Papiere, der zweite fordert Dich zum Wiedereinstieg auf, worst case nach realisierten Verlusten. So ist das Leben!
Beachte trotzdem: Gross ist die Wahrscheinlichkeit schon nicht, dass Du just Anfang Oktober eingestiegen bist. Niemand wusste damals, was passieren wird. Jeder Einstieg vor etwa September 2017 (also etwa 14 Monate vorm Nvidia-Crash) hätte trotz Verkauf zu noch mindestens 174 $ im November 2018 eine Rendite garantiert, und bei jedem Einstieg nach September 2017 wäre der Verlust unter 40%. Wärst Du 5 Jahre vorm Crash eingestiegen (Anfang Oktober 2013 also), hättest Du die Papiere um 10$ herum bekommen. Die Rendite beim Ausstieg bei 174$ wäre, ähem, gigantisch. Dieses Szenario ist natürlich nicht wahrscheinlicher als der Einstieg bei 290$, aber, neckischerweise, auch nicht weniger wahrscheinlich.
Lg X.
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 31.12.2018, 00:36
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 31.12.2018, 00:38 von mmmmmax.)
(30.12.2018, 16:06)Xeno schrieb: (30.12.2018, 11:21)mmmmmax schrieb: Du hättest schon 2008 verkauft und deine ganze astronomische Rendite wäre an dir vorbei gegangen - das meinte ich...
Nein. Denn natürlich muss man wieder neu einsteigen, wenn ein heftiger Kursrutsch später wieder durch einen "definitiven" Aufwärtstrend abgelöst wird! Der Kauf bei (zudem zunächst sogar) fallenden Kursen war bisher nicht das Thema. Im Falle von Apple in der Finanzkrise von 2008 sieht es so aus:
Die Kurse fielen von 30 $ auf 15 $ (alles gerundet), was den Verkauf auslöst, nämlich bei etwa 18 $. Der Wiedereinstieg wäre allerspätestens Anfang 2010 erfolgt, bei allerhöchstens 30 $ (in Wirklichkeit etwas früher zu etwas niedrigerem Preis, aber das müsste ich jetzt noch ausführen; diese Vereinfachung ist jedenfalls zu Gunsten Deiner Kritik und zu Ungunsten meiner Prinzipien). Die Abrechnung ergibt für den aus meiner Sicht sehr ungünstigen Fall des ersten Einstiegs erst Ende 2007 zu etwa 30 $ Folgendes: Zunächst 12 $ Verlust zufolge Verkaufs 2008. Dann bis heute (Ende 2018) 126 $ Gewinn (aktueller Kurs von 156 $ minus "neuer" Einstandspreis von 30 $), macht netto Gewinn von 114$. Es folgt eine Rendite von etwa 380 Prozent über 11 Jahre (Ende 2007 bis heute). Dein Einwand wäre dann richtig, wenn man eine einmal verkaufte Aktie nie mehr anrührt. Das ist als Prinzip IMHO völliger Unsinn. In der bisherigen Diskussion war aber der Einstieg und Wiedereinstieg gar nicht das Thema, nur der Ausstieg, fairerweise für alle Beteiligten gesagt. Wenn es keine sehr ernsthaften (fundamentalen) Gründe für einen Nichtwiedereinstieg gibt, ist es IMHO reine Emotion nie mehr einzusteigen. Reine Emotion an der Börse? Aus meiner festen Überzeugung lieber nicht!
Ich halte Deine Contras übrigens argumentativ für seriös, auch dann, wenn ich sie nicht teile!
Lg X.
Stumpfes buy and hold haette dir also eine bessere Rendite gebracht, ein nachkaufen statt dem Verkauf haette deine Rendite sogar noch entscheidend gesteigert.
(30.12.2018, 16:14)Xeno schrieb: (30.12.2018, 11:21)mmmmmax schrieb: Wenn ich mir natürlich einen 10 jährigem bullenstarke angucke, in dem sogar der Index teilweise Monate- und jahrelang nicht mal 10% korrigiert, fällt es schwer sich ein Szenario auszudenken, mit dem man mit dieser Regel kein Geld verdient haette.
Das stimmt. Die Beispiele kamen aber nicht von mir. Und Korrekturen über "meinen" -40% sind historisch die grosse Ausnahme, erst recht indexbezogen, und das ist ein Grund für die Regel.
Lg X.
Ich halte einen Verkauf bei 40% für grundsätzlich weniger empfehlenswert, gerade vor dem Hintergrund deiner Argumentation, dass es sehr selten entsprechende Abschläge gibt. Wenn ein Index nur selten korrigiert, warum verkaufe ich dann, wenn es dazu kommt und mich die Vergangenheit lehrt, dass diese Situation eine (willkommene und) seltene Ausnahme ist?
Meine strategie sieht vor, bei starken abschlagen der Indizes ordentlich Geld auszupacken und Aktien einzuladen. Verkaufen macht für mich mehr Sinn, bevor der Wert sinkt - da ich diesen Zeitpunkt jedoch nur schlecht voraussagen kann, verlasse ich mich zunächst auf meine Überlegungen.
Mir gefallen deine Argumente aber auch, ich will damit ebenfalls nicht sagen, dass ich alles falsch finde, es widerspricht nur meinen Ideen - aber spannend zu lesen.
(30.12.2018, 16:20)Xeno schrieb: (30.12.2018, 11:21)mmmmmax schrieb: Setz mal deinen hypothetischen kaufpunkt im September diesen Jahres an und schau genau in einem Jahr nochmal, wie viel Geld man mit der Regel verdient hat.
Von Apple? Kein ernstzunehmendes Depot besteht aus nur 1 Titel, und nach meiner Strategie sind Anlagehorizonte unter 5 Jahren Unsinn. Wer unter diesem Zeithorizont Geld an der Börse verdienen will, muss andere Strategien fahren. Die gibt es ja wie Sand am Meer, diese anderen Strategien.
Ne, von mir aus von einem ganzen Depot. Wenn der Index um 40% abschmiert im nächsten Jahr verdienst du damit Ja auch kein Geld
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 31.12.2018, 00:51
(30.12.2018, 19:11)inter-face schrieb: Frage an die Moderatoren:
hier findet eine sehr schöne Strategiediskussion statt. Im Erzählstrang, wäre es aber imo hilfreich, wenn die erst später kommen würde, damit sich die User nicht durch den ganzen Thread wühlen müssen.
Ich fände es gut wenn dieser Thread in generelle Tipps / Erfahrungen und Strategien sozusagen dahinter kommen würden - ist sowas möglich???
Das setzt natürlich auch das Einverständnis der Strategie-Diskutanten voraus - wie sieht das bei euch aus?
Oder hat jemand noch eine bessere Idee, wie man das hier übersichtlicher lösen kann) Oh, sorry.
Bin den Thread chronologisch durchgegangen :)
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 31.12.2018, 08:16
RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 15.01.2019, 22:16
(29.12.2018, 07:54)inter-face schrieb: Irgendwo hier im Board habe ich es schon angedeutet:
Ich bin ein reiner Feierabend-Freizeit-Trader und habe durch Börsenforen und natürlich anderen Informationsquellen viel von dem Wissen anderer profitiert.
Davon will ich etwas zurückgeben und euch Börsenfrischlingen oder solchen, die sich überlegen Geld an der Börse zu investieren, aus meiner Fehlerschatzkiste zu berichten, oder Tipps zu geben, die aus meiner Sicht hilfreich sind, um einen Börsenstart nicht im finanziellen Fiasko enden zu lassen.
Alle die schon länger an der Börse Erfahrung gesammelt haben, sind natürlich auch herzlich eingeladen, ihre Erfahrung hier zur Verfügung zu stellen.
Zu mir: Ich bin erstmals in meiner „späten Jugend“ mit der Börse in Kontakt gekommen. Da gab es noch kein PC, geschweige denn Internet. Damals hatte ich ab und zu ein Börsenmagazin gekauft – (aus meiner Erinnerung hieß es der Aktionär und wenn ich das jetzt hier so schreibe, kommt mir der Name „Bernecker“ in den Sinn – ich glaube das war der Herausgeber) jedenfalls habe ich da ab und zu, nach den Tipps aus dem Magazin Aktien in sehr bescheidenem Umfang gekauft. Meine erste Aktie war die Lufthansa, die ich dann auch über Jahrzehnte behalten habe. Damals musste ich zu Fuß zur Bank laufen und habe tatsächlich am Schalter dann meine Order aufgegeben – ich muss gerade richtig grinsen, wenn ich daran denke – unvorstellbar, aus heutiger Sicht.
Dann gab es im Fernsehen vormittags eine Börsensendung – die habe ich ab und zu verfolgt, um mitzubekommen, wo der aktuelle Kurs meiner Aktien steht. Eine weitere Aktie, an die ich mich noch erinnern kann war Norsk Hydro, die ich aber nur wenige Jahre hatte.
Während der Familienphase und als dann die Kinder kamen, habe ich die Börse ziemlich aus dem Blick verloren, da einfach gar keine Zeit dafür übrigblieb. Nur die Lufthansa – Aktien schlummerten im Depot und warfen, zumindest ab und zu, Dividende ab.
Als die Kids dann aus dem Gröbsten raus waren und mir auch immer klarer wurde, dass ich durch ehrliche, normale Arbeit niemals zu wirklichem Reichtum kommen würde, kam mir wieder die Börse in den Sinn, von der ich (bis heute) annehme, dass zumindest die Chance besteht, auf legalem Weg zu mehr Geld zu kommen……….
Moment mal…. wozu überhaupt Reichtum und mehr Geld????
Ja, dieser Frage sollte man sich wirklich mal stellen: für was strebe ich nach mehr Geld, was ist meine Motivation dahinter – ich denke es lohnt sich darüber wirklich im Klaren zu sein!
Ich selbst sehe im materiellen Reichtum kaum Vorteile, da Glück von Reichtum nicht abhängig ist. Mir ist es z.B., völlig egal, ob ich einen Mercedes oder einen, was weiß ich …. Renault, fahre, ob ich zur Miete wohne oder ein eigenes Haus habe, ob ich im Schwarzwald zelten gehe oder im 50 Sterne Hotel in Dubai logiere – davon hängt mein persönliches Glück jedenfalls nicht ab.
Mir ist wichtig, dass meine Existenz (Familie, essen, wohnen, schlafen Punkt) gesichert ist – das ist schon mehr als den allermeisten Menschen zur Verfügung steht. Warum also mehr Geld, da ich einem durchaus akzeptablen Job nachgehe?
Ich merke ich will unabhängig sein. Ich würde gerne, das machen was ich wirklich machen will und nicht genötigt sein 40-50 Std in der Woche genau diese Arbeit, in dieser Zeit, an diesem Ort, in dieser Art und Weise zu tun. Mir ist das alles zu unflexibel, zu starr und irgendwo auch zu stupide.
Außerdem, kann ich es nicht einsehen, wieso ich für meinen AG Geld scheffele und ich nur ein paar „Krümel“ abbekomme. Das wiederstrebe meinem Gerechtigkeitssinn.
Ein weiterer Punkt ist, dass es doch auch Dinge gibt, die ich mir nicht einfach mal so kaufen kann. Nicht, dass ich denke, dass davon mein Glück abhängt, aber es gibt Dinge, die ich einfach Unterstützens wert finde. Z.B. aktuell ist es so, dass ich mir einen Tesla nicht leisten könnte, wie Bloom das kann, bzw. es in keinem Verhältnis zu meinem Einkommen steht.
Also zwei Gründe für mich für mehr Reichtum: Unabhängigkeit, das zu tun was meinem Herzenswunsch entspricht, und doch mal einfach etwas Kaufen zu können, was mir einfach wichtig wäre. (Das ist natürlich jammern auf allerhöchstem Niveau)
……. Als ich vor ca. 15 Jahren wieder anfing, mich mit Börse zu beschäftigen - inzwischen gab es Internet, bin ich auf das Aktienboard gestoßen. Mit Hilfe von Tipps und Erfahrungen von verschiedenen Usern dort, habe ich dann begonnen, aktiver an der Börse zu agieren.
So, jetzt ist aber genug geredet – kommen wir zum eigentlichen Thema:
(werde das nur abhängig von meinen zeitlichen Möglichkeiten weiterführen können)
Schön geschrieben, dann will ich mal meinen Senf aus meinem Leben dazu geben.
Ich habe mich, da eine Seite meiner Großeltern ein Geschäft besaßen, schon immer im Bereich Wirtschaft wohl gefühlt, da ich meiner Oma immer bei der Buchhaltung zusehen durfte und den allgemeinen Betriebsablauf praktisch ständig mitbekam wenn ich dort war. Lieferanten und Vertreter gingen ein und aus, Kundschaften riefen an und es wurden Mitarbeiter beschäftigt, deren Stundenzettel geführt usw, was halt so alles passiert im Mittelstand.
Zudem jammerte die andere Seite meiner Großeltern immer dass alles so hart wäre und man ständig sparen müsse, während die Großeltern mit der Firma ein glückliches und zufriedenes Leben führten... Also lag es doch nahe, dass da irgendwo ein Unterschied sein musste, wenn beide Großeltern das gleiche Schicksal teilten, Kriegsteilnehmer und Flüchtlinge, mit so gut wie nichts angefangen.
Ich erinnere mich auch, dass meine Mutter bei einem zahntechnischen Labor arbeitete, und dort werden ja Mengen von diversem Gold für die Zahnprotesen verwendet, dann meinte der Chef da er anscheinend für meine Leidenschaft von wertvollem glitzernden Material erfuhr ob ich nicht Lust hätte die Bestände immer auf den neuesten Stand zu bringen, also immer zu Wiegen und Aufzuschreiben wieviel von welcher Sorte Gold noch da war, wieviel verbraucht wurde usw.
Ich erinnere mich auch, dass ich vor meinem zwölften Geburtstag immer schon den Goldpreis im damaligen Teletext begutachtete, also war der Weg zur Börse nicht mehr weit, wenn sich schon eines der Spekulationsobjekte praktisch ständig in meinem breit gemacht hat.
In der Schule gab es dann jeweils in der RS und der BOS ein Börsenspiel und jeweils einen börsenverrückten Lehrer, durch den man praktisch sehr viel lernen konnte, und während der Ausbildung wurde mir Mitte der Neunziger ziemlich schnell eingebläut dass a) die Renten nicht sicher wären und b) wenn ich schon hart für mein Geld arbeite, dann auch mein Geld hart für mich arbeiten sollte.
Mein erstes Buch zum Thema Börse war dann "Aktien für Einsteiger" von Werner Schwanfelder (mit etwa 16 oder so).
Da ich während meiner Lehrzeit in den ersten beiden Jahren ungefähr 20.000 Mark aufwärts zusammengespart hatte, mein 18. Geburtstag vollendet war und ich meinen obligatorischen Termin beim "Wertpapierberater" der Spaßkasse hinter mir hatte, wurde auch sogleich das Depot eröffnet (DAX damals bei etwa 2500 Punkten) als sie merkten ich habe erstens Ahnung von dem Thema und zweitens den Willen das mit den Aktien durchzuziehen und es bringt nix mir Fonds oder Bausparer geschweige denn Kapitallebensversicherungen andrehen zu wollen.
Aus den gut 20.000 wurden dann etwa 35.000, und ich las weiter fleissig Bücher, zum Glück war gleich Anfangs ein gewisser André Kostolany dabei den ich sogleich in mein Herz schloss, dies hat mich womöglich vor der großen Gier und der Unvernunft der meisten Marktteilnehmer damals und Investitionen in Neuen Markt sowie der Internetblase bewahrt.
Bereits 1998 als das erste Mal die 6000 beim DAX fiel, wurde mir das ganze zu heikel (DAX mehr als verdoppelt in zwei Jahren, mein Depot ungefähr 70% plus) und einer meiner Onkel der sich gern mit Aktien beschäftigte in der Freizeit unterhielt sich auch oft mit mir, sah zwar die Chancen aber er und meine Tante (war auch voll dabei) war auch Kosto Fans, sie mahnten ebenso, man weiß ja nicht wies weiter geht, also verkaufte ich und umschiffte die beiden Crashs 98 und 2000.
Durch das Fachabi 97/98 und die damals noch bestehende Wehrpflicht bekam ich 98/99 mit wie sie alle "börsennarrisch" wurden, Mobilcom, EM.TV, Yahoo und wie sie alle hießen gingen in den Klassenzimmern und Barrasstuben herum, ich war damals schon skaptisch wegen der KGVs und wahnsinnigen Bewertungen, aber interessierte niemand solange es nach oben ging. Irgendwie denkt man sich dann "bin ich eigentlich der einzige der hier skeptisch ist und nix verdient?" aber man ruft sich wieder ins Gedächtnis dass es immer schon Blasen gab, die völlig illusorische Bewertungen hervorbrachte (Tulpenmania, roaring Twenties...) also drauf geschissen. Freilich wäre man bei einer Neuemmission gern dabei gewesen, die 400% auf einen Tag brachte wie bei Jenoptik oder so, aber da man eh nie welche bekam und mein Fokus auf dem Bestehen der Fachabis und meinem bevorstehenden Studium lag, vergaß ich das ganze bis 2002...
Da änderte sich die Lage, da ich meine Exfrau kennenlernte, sie hatte ein paar unbedeutende Schulden und etwas Guthaben, das dache ich mir das kann man optimieren und wesentlich besser anlegen, also begann ich wieder mich mit den Finanzmärkten und der Wirtschaft zu befassen.
Der Bausparer wurde liquidiert, die Schulden getilgt, die VL in einen Aktienfonds gesteckt.
Seitdem bin ich wieder aktiv dabei, die Krise 2007/08 umschiffte ich relativ gut, da ich mir wieder Kostos Leitsätze in Erinnerung rief, wenn die Spargroschen der Leute zur Börse geholt werden, die Anfänger und Neulinge dazu ermutigt werden in Aktien und Fonds anzulegen, dann ist es Zeit raus zu gehen.
So geschehen Ende 2008, als meine Großmutter von jener Spaßkasse angeschrieben wurde, sie möge doch mal in die Bank auf ein Beratungsgespräch kommen, um ein Depot zu eröffnen und die Vorzüge der Aktienanlage zu besprechen...
Was ich den Börsenneulingen rate:
1. Lernt von den Fehlern der alten Hasen und aus der Geschichte, sie wiederholt sich immer
2. Macht selbst Fehler und sammelt dadurch Erfahrung
3. Investiert in eure Bildung
4. Kauft nur Werte von denen ihr was versteht, und seht zu dass ihr zu vernünftigen Preisen investiert
5. Kauft Werte die Erträge bringen, keine reinen Spekulationsobjekte
6. Handelt antizyklisch, das verspricht die größten Gewinne
7. Schaut nicht auf die Steuer
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 11.07.2019, 10:16
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RE: An alle Börsennewbies und die, die es werden wollen | 11.07.2019, 10:43
(11.07.2019, 10:16)Ca$hmandt schrieb:
Tja, wer nicht spanisch kann...der Mann schwafelt was von einer Paella die er kurz am Strand liess um sich umzuziehen und dazwischen kam die Flut...
Ich liebe freie Uebersetzungen.
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