Der Grund ist, daß ich vor zweieinhalb Jahrzehnten eine Grundsatzentscheidung getroffen hatte, als ich damals als gescheiterter Spekulatius - nicht Daytrader, das kannte ich noch nicht so bzw. hatte es nicht praktiziert - beschloß, die Börsenwelt fortan von der anderen Seite zu bearbeiten, nämlich von der professionellen, der die ganzen Spekulanten ihre Entscheidungen treffen lässt und sich selber da vollkommen raushält und diesen nur bei der Umsetzung ihrer Entscheidung im Handel behilflich ist. Ich war damals nicht mehr in der Lage, selber noch irgendeine Anlageentscheidung - egal welcher Zeithorizont - zu treffen. Das war die Zeit der großen Übertreibung und des Neuen Marktes. Also sagte ich mir im Geiste zu den anderen, dann spekuliert mal schön und dann sehen wir, was am Ende dabei rauskommen wird. Ich halte mich raus. Und was rausgekommen ist, wissen wir: die große Pleite für alle. War ich dann also in guter Gesellschaft.
Zum Daytrading bin ich durch einen Zufall gekommen. Ich hatte meinen mäßig bezahlten Job gerade gekündigt und war auf der Suche nach einem neuen, als genau zu dieser Zeit Handelsplattformen für binäre Optionen aufgebaut wurden. Und da MUSSTE man Daytrader sein, weil diese Optionen nur sehr kurze Laufzeiten von maximal 24 Stunden oder weniger hatten. Ich war dort in sehr kurzer Zeit sehr erfolgreich und lernte nun nolens volens den Markt von seiner kurzfristigen Seite kennen, um die ich mich bis dato relativ wenig gekümmert hatte.
Das Schicksal wollte es, daß diesen Handelsplattformen kein sehr langes Leben beschieden war. Nach etwa dreieinhalb Jahren waren sie alle eingegangen und mir die Geschäftsgrundlage entzogen.
Also suchte ich mir wieder einen neuen Job als Händler. Denn für den Handel mit anderen Instrumenten fühlte ich mich noch nicht so recht qualifiziert und hatte auch keinerlei track record vorzuweisen. Die binären Optionen waren von der Preisbildung her eine ganz eigene Geschichte und mit anderen Instrumenten nicht zu vergleichen.
Erst nach und nach kam ich parallel zu meinem Händlerjob wieder zum Trading zurück. Zunächst Swingtrading mit bescheidenem Erfolg, und weil das nicht lief, dann Daytrading. Das lief und läuft zu meiner Überraschung, der sich selbst nie (zu Unrecht?) in der Vergangenheit für einen tauglichen Daytrader hielt, erstaunlich gut, um nicht zu sagen: es war und ist das einzige, was dauerhaft überhaupt gut läuft.
Aber jetzt bin ich nur noch wenige Jahre von der Rente entfernt, und meinen Job aufzugeben macht keinen Sinn mehr. Die paar wenigen Jährchen halte ich noch durch und mache das Trading nebenher.