(03.03.2022, 16:40)Vahana schrieb: 1) Ich habe bis heute auch noch nicht verstanden warum alle so geil darauf sind das die Ukraine in die Nato kommt, oder die EU.
Der Preis den wir dafür bezahlen ist schon ziemlich teuer geworden. Also muss das ja was richtig tolles sein.
2) Normalerweise könnte man einfach auf Putin seine Argumente verweisen, aber als Putin-Versteher ist man ja verbrannt.
Wie das so üblich ist zweifelt man schon an seiner Zurechnungsfähigkeit, an seinem Mensch-Sein sowieso.
Mörder, Kindermörder, Kriegsverbrecher nennt man ihn.
Es ist nicht mehr möglich ihn zu zitieren ohne selbst als Verbrecher da zu stehen.
3) Du bist wahrscheinlich auch nicht bereit etwas mehr zu opfern als deine Worte.
4) Wahrscheinlich nichts davon. Aber du erwartest von anderen das sie das tun. Erwartest das sie nicht aufgeben, Putin nicht nachgeben.
Und jeden Tag den das weiter geht kostet es die Leute an der Front wirklich viel von alledem.
5) Wenn die Ukrainer heute die Waffen fallen lassen ist das Endresultat mit einigen Jahren Abstand betrachtet genau das gleiche als wenn sie die Waffen in 6 Wochen fallen lassen.
Nur mit mehr Elend zwischendurch.
Und immer mit dem Risiko behaftet das der Konflikt inzwischen auf andere Länder ausgeweitet wird.
Also erstmal vorweg, danke das du dir die Mühe gemacht hast zu antworten und deine Gedanken so klar zu formulieren.
Das ist viel besser als wegzulaufen oder Menschen zu ignorieren, wenn die Meinung nicht mehr passt oder einem die
Argumente ausgehen
Ich finde das alleine deswegen schon sehr spannend, weil ich dich jetzt viel besser verstehen kann, und wie so oft basieren
unsere Meinungsverschiedenheit auf einem kleinen Punkt, den du falsch interpretiert hast.
zu 1) Ich - und ich glaube viele andere hier - sind überhaupt nicht scharf darauf oder der Meinung das die Ukraine in die Nato/EU gehört.
Dafür fehlen denen alleine schon eine Menge an Kriterien zur Aufnahme. Für mich gehört die Ukraine - Stand Heute - nicht in die Nato und
die EU. Punkt. Das ist aber für mich überhaupt nicht die Fragestellung in diesem Konflikt. Ich kämpfe nicht für eine Aufnahme in die
Bündnisse sondern darum das die autark bleiben können, so wie man es ihnen zugesichert hat.
zu 2) Das was du da beschreibst sehe ich eben so, das ist in der heutigen Zeit so und gilt nicht nur für Putin/Russland. Ich habe auch schon
gesagt, das ich Putins Sicherheitsbedürfnis an sich zum Teil verstehen kann und natürlich läuft man dann Gefahr als Putinversteher zu gelten.
Fehler sind auf beiden Seiten gemacht worden in diesem Prozess und das nicht zu knapp. Man agiert schon lange nicht mehr auf Augenhöhe,
Russland spielt wirtschaftlich keine Rolle mehr im Weltgeschehen und wenn die Rohstoffe versiegen ist Russland am Ende - das weiss man dort
und hier hat man das nur all zu gern ausgekostet wie mir scheint.
zu 3) nein - bin ich nicht - ich versuche im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen, morgen kaufe ich Hilfsmittel ein und bringe die zu einer
Sammelstelle bei uns hier in Flensburg, von dort gehen die Sachen an die Grenze in Polen für die Erstaufnahmen. Selber nehme ich kein Gewehr in die
Hand - nein. Ich bin im Kern pazifistisch veranlagt und werde wohl dann der erste sein, der sein Leben lässt wenn eine Armee irgendwann bei uns hier
vor der Tür steht. Das ist dann so und dann sterbe ich aus tiefster Überzeugung - in den Augen vieler dann als dummer Mensch. Damit kann ich
bis zu diesem Zeitpunkt leben.
zu 4) nein - auch das erwarte ich nicht. Hier verrennst du dich meiner Meinung nach total in etwas. Ich könnte es absolut nachvollziehen, wenn die die Waffen
niederlegen und sich ergeben, wie in 3) schon beschrieben halte ich das sogar für das sinnvollste und würde so agieren, weil es in einem Krieg NIE auch nur einen
Sieger geben kann. Es verlieren immer alle, das war so - ist so - und bleibt für immer so.
Jetzt kommt aber das große ABER - ich unterstütze die Ukraine und bewundere diese Menschen, weil sie für etwas kämpfen, was wir nicht verstehen können, weil
wir den Verlust selbiger nie erlebt hast - die kämpfen für Freiheit an sich, gegen die Unterdrückung und freie Meinungsäusserung und der Möglichkeit sich in
ihrem Rahmen eigenständig entwickeln zu können. All das will ein Herr Putin grade mit aller Gewalt unterbinden. Das und nur das ist für mich der Grund,
warum ich sämtliche Unterstützungen im Moment für richtig erachte. Ja, auch mit dem Risiko einer atomaren Auseinandersetzung, bei der niemand gewinnen kann.
Wir gehen nämlich auch dann alle zu Grunde, wenn eine Macht auf diesem Planeten nach eigenem Gutdünken Kriege führen kann um sein eigenes Reich zu erweitern.
Diese Zeiten müssen ein für alle mal vorbei sein.
Um nichts anderes geht es für mich aktuell. Das ist wie gesagt ein Angriff auf die Demokratie, die du hier lebend wie selbstverständlich in Anspruch nimmst und dir vielleicht nie Gedanken
drüber machst, womit du das verdient hast und was es eigentlich bedeutet wenn du, deine Familie und dein Freunde das nicht mehr in Anspruch nehmen können.
Dieser Krieg basiert auf der Annahme/Angst von Putin das ihm "der Westen" gefährlich werden kann. Die Ukrainer waren bereit sich zu entmillitarisieren, in dem Sie bspw.
Atomwaffen abgegeben haben. Darauf hin hat Russland die Ukraine anerkannt. Wie willst du diese "Friedensmission", "Entmillitarisierung" und "Entnazifizierung" in einem Land mit
einem jüdisch stämmigen Präsidenten jetzt noch rechtfertigen ?
Du sprichst ja immer davon, das wir verblendet sind und von den Medien weich gewaschen sind usw. Bei all deiner Kritik am Westen und an uns, da muss
dir doch zumindest auch etwas "komisch" vorkommen, oder nicht ?
Weder die Ukraine will befreit werden, man empfängt ihn eben nicht mit "offenen Armen", noch will sein eigenes Volk von der Gefahr der Ukraine befreit werden,
all das ist doch nun mehr als offensichtlich ?
zu 5) Damit hast du vollkommen Recht. Das ist so. Trotzdem siehst du ja aber das Putin aktuell nicht nur gegen die Armee der Ukraine kämpft, sondern gegen 40 Millionen
Einwohner der Ukraine. Wie bewertest du das ? Im Gegensatz zu mir - Stand Heute, ich war ja noch nie in so einer Situation - sind sie bereit für die Freiheit zu sterben.
Ob das schlau ist, darüber lässt sich streiten. Aber ich kann es akzeptieren, das die bereit sind diesen langen und schlechteren Weg für den Versuch in Freiheit leben zu können
in Kauf nehmen. Spielt das für dich gar keine Rolle ?
Die düstere Stimmung, die hier generell zum Thema atomarer Zerstörung herrscht, kann ich (noch) nicht teilen. Beiden Seiten ist bekannt, das keiner unterm Strich
überleben kann. Es wird schon irgendwann einen Weg aus der Nummer heraus geben und wenn nicht, dann ist das auch ok so und wir haben
das als Menschheit auch nicht anders verdient. Aber um diese Gefahren wissen wir alle zusammen nicht erst seit heute.
Diese Diskussion erinnert mich an die Frage Atomkraft ja/nein. Direkt nach Fukushima war man sich endlich klar drüber, das wir das dauerhaft nie 100 % beherrschen werden.
Tschernobyl war da noch nicht Warnung genug. Heute ist das schon wieder kein Thema und wir bauen und betreiben die munter weiter. Bei der atomaren Bedrohung wissen wir
das auch schon lange, hat die letzten 15 Jahre aber niemanden interessiert, weil alle dachten wir wären jetzt durch die politischen Entwicklungen "safe". Nun findet das nächste
Wettrüsten statt. Da kann man schon mal auf die Idee kommen, das wir das tatsächlich nicht besser verdient haben.
Abschließend siehst du, das wir da in in einigen Punkten gar nicht so weit auseinander sind, Ukraine gehört nicht in die Nato/EU. Dies bedarf viel mehr Zeit und
irgendwann eine Regierung auf russischer Seite, die nicht die Gedanken es 19. Jahrhunderts und die Beweggründe des kalten Kriegs auf immer und ewig konservieren
will.
Wir werden das wohl nicht mehr erleben - so oder so nicht.