RE: Video: Golddeckung und FIAT-Money vom 05.09.2021
| 05.09.2021, 18:01 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.09.2021, 18:02 von saphir.)(05.09.2021, 15:22)Skeptiker schrieb:
Es stellt sich natürlich die Frage, was insgesamt besser ist (10:33), ein extern gebundenes oder ein "freies" Geldsystem?
Der Professor gibt eine weise Antwort. Es kommt auf die Situation an. Wenn es gut läuft, dann ist es besser neues Geld schaffen zu können. Läuft es schlecht, ist eine externe Bindung eine vertrauensfördernde Maßnahme.
Interessant ist natürlich die "utopische" Frage danach, was passiert, wie wir eine neue Währung aufsetzen würden (13:04). Für mich ein wenig erschreckend, aber genau betrachtet doch logisch, ist das Argument, dass die anderen Währungen langfristig kein sicherer Hafen sein können, weil sich die Geldsysteme heute einfach zu sehr ähneln. Hier kommt allerdings etwas ins Spiel, dass der Professor leider kaum diskutiert. Es gibt offenbar in der derzeitigen Weltordnung keine echte Systemkonkurrenz. Es wäre doch interessant zu erfahren, was passieren würde, wenn ein wirtschaftlich signifikanter Währungsraum eine Golddeckung hätte, ein anderer vielleicht klassisches FIAT-Geld, wieder ein anderer experimentiert mit Digitalgeld oder irgendwelchen politischen Zielvorgaben. Würde in diesen Szenario das "werthaltigere" Geld das "schlechtere" Verdrängen oder würde es zu krassen Schwankungen der Wechselkurse kommen?
Die plausible Selbstbindung (14:53) erinnert mich unwillkürlich an einen Vorschlag, den cubanpete mal gemacht hat. Juristisch verbindliche, an Messgrößen gekoppelte Mechanismen für Zentralbanken.
Der Aussage zu digitalen Währungen (15:59) möchte ich aus zwei Gründen einfach widersprechen. Erstens ist es natürlich sehr wohl möglich, dass Staaten eine öffentlich einsehbare Krpyto-Blockchain vereinbaren. In dem Szenario würden die Zentralbanken und normale Banken sich im Grunde gegenseitig überwachen. Wenn jede Transaktion und jede Geldschöpfung durch alle Akteure nachvollziehbar bleibt, gibt es schon einen Druck auf solides Arbeiten.
Zweitens denke ich, dass diese Art des Geldes wahrscheinlich der beste Weg ist, auf dem Bitcoin funktioniert. Man hat dann zwar eine normale Blockchain im Hintergrund, aber im Alltag nutzt man Wertmarken, die von vertrauenswürdigen Institutionen gegen Bitcoin ausgegeben werden. Exakt diese Rolle hat der Staat in den Jahrhunderten der Golddeckung ja gespielt. Er hat das Geld, so jedenfalls auch die Meinung der Fürsten und Adeligen selbst, nicht etwa erzeugt, sondern er garantierte mit seinen Stempel nur dafür, dass auch tatsächlich so viel Gold oder Silber in den Münzen enthalten war. Deswegen wurde Falschmünzerei unter anderen mit dem Tode bestraft und deshalb sind dann Münzen mit überdurchschnittlichen Edelmetallgehalt (Feingehalt) schnell aus dem Umlauf verschwunden, weil man sie besser eingießen konnte. Vergleichbare Entwicklungen würde es wohl auch beim BTC geben.
Was denkt ihr darüber, Stammtischler?
Ich stelle auch mal ein paar Thesen auf:
1. Vertrauen in die Währung kommt insb. durch eine stabile Wirtschaftslage und weniger durch die Geldmenge.
2. Dass die Notenbanken mit besonderen Massnahmen bestimmte Wirtschaftszweige fördern, wie hier beim Klimaschutz, ist nicht neues sondern eher Usus. Jahrzehntelang hat man das in den USA bei Immobilienkrediten so mehr oder weniger erfolgreich praktiziert. Oder z.B. auch bei der Förderung von Banken. Und insb. kommt dem ganzen Kapitalmarkt die besondere Pflege der Notenbanken seit jeher zu Gute.
3. Das große Problem ist nicht die Geldmenge, sondern die Blasenbildung. Weil von dort die Risiken das ganze Wirtschaftssystem durchzuschütteln herrühren. Diesem Problem müsste man sich eigentlich widmen und tut man auch (immer nach dem Platzen einer Blase). Natürlich hängt dies mit der Geldmenge zusammen.
4. Frage zum Bitcoin: Wäre es nicht theoretisch möglich die Regeln des Bitcoins irgendwann aufzuweichen? Also könnte man nicht die Anforderungen zur Herstellung von Bitcoin verringern? Oder geht das nicht, da ansonsten die ganze Abwicklung einfach zu rechenintesiv (da noch mehr Bitcoin im Umlauf wären) werden würde? Also ist die selbst geschaffene Grenze dazu da, das ganze funktionstüchtig zu halten?
5. Eine an feste Regeln gebundene Geldauweitung hat etwas für sich. Haben sich damals auch einige bei der Förderung von Solaranlagen gewünscht. Die Subevention immer weiter abzubauen, so dass eine relativ gleichmässiges Wachstum aufrecht erhalten wird. Also genauso wie bei der Geldmenge, die ja auch eine (dauerhafte) Subvention des ganzen Wirtschaftssystems darstellt.
6. Bisher ist noch jedes goldgedecktes System gescheitert. Muss es auch wenn man Freihandel und damit einhergehend Handelsungleichgewichte, möchte. Das ist ja auch auch der Grund warum der Euro so Probleme hat. Im Grunde wirkt er eben auch begrenzend auf den innereropäischen Handel. Oder zumindest würde er, wenn man die Targetsalden begrenzen würde.
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Kinder wollen nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln entzündet werden.