Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 14:10
Hallo,
beim Hedging geht es darum, eine Position abzusichern. Ich muss sagen, dass mir noch nicht klar geworden ist, wozu man Hedging wirklich braucht.
In einem Fachbuch habe ich das folgende Beispiel gelesen:
Zitat:Ein Trader hält einen Dax-CFD long. Er vermutet, dass der Dax bald gegen Süden geht. Darum geht er eine weitere Position ein, nämlich einen Dax-CFD als Short-Position, um die bestehenden Long-Position abzusichern. Nachdem die Long-Postion sich wieder erholt hat, d.h. der Dax wieder gegen Norden geht, wird die Short-Position wieder aufgelöst, da deren Zweck (Hedging) ja erfüllt ist.
Ich verstehe zwar, dass der Trader die Long-Position mit der Short-Position abgesichert hat und warum die Absicherung funktioniert, aber ich verstehe nicht, warum es diese Form der Absicherung (Hedging) überhaupt "bringt".
Konkret ergeben sich bei mir die folgenden Fragen:
1. Wenn der Trader vermutet, dass der Dax bald gegen Süden geht, und er will diesen Schwenk nicht mitmachen, wäre es dann nicht einfacher, die Long-Position aufzulösen, anstatt zusätzlich eine Short-Position einzugehen? Überdies würden dann auch die durch die Short-Position entstehenden Kosten entfallen.
2. Noch einfacher wäre es natürlich, einfach gar nichts zu machen, d.h. die Long-Position aufrecht erhalten, auf eine Short-Position zwecks Hedging jedoch verzichten, und warten bis der Dax eh wieder gegen Norden geht.
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Könnte mich freundlichst jemand darauf aufmerksam machen, wo gerade mein Denkfehler liegt? :)
Besten Dank und Grüße :)
KG608i
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 14:18
Mahlzeit,
Tante Gugel weiß zu berichten:
Hedging ist – richtig praktiziert – die konservativste Strategie im CFD-Bereich, da sie dazu dient, Risiken im Depot abzusichern (to hedge= engl. für absichern). Sie ist auch für konservative Anleger geeignet, da sie eine einfache Möglichkeit bietet, die bestehenden Risiken eines langfristig ausgerichteten Depots bei Bedarf flexibel zu minimieren. Mittels CFDs können Anleger das gesamte Risiko ihres Depots abdecken, sodass sie neutral positioniert sind („full hedge“), oder nur einen Teil, sodass ein Restrisiko bestehen bleibt. Verbreitet sind beispielsweise Short-Positionen auf ein komplettes Aktien- oder Fondsdepot oder auf Einzeltitel. Mit Short-Positionen spekulieren Anleger auf sinkende Kurse. Sie werden beim Hedging dann aufgebaut, wenn Anleger kurz- bis mittelfristig Korrekturen an den Märkten erwarten, aber nicht ihre langfristigen Depotpositionen verkaufen möchten. Diese Absicherung nennt man Short Hedge. Ohne den Einsatz von CFDs müssten Anleger Stop-Loss-Orders für die entsprechenden Positionen erteilen. Der Nachteil: Mühsam aufgebaute Depotstrukturen würden aufgelöst und die entsprechende Belastung durch Ordergebühren wäre sehr hoch.
Absicherung mit geringem Kapitaleinsatz
Wie genau funktioniert aber ein Hedge-Geschäft mittels CFDs? Auslands- und auch Rohstoffinvestments beispielsweise besitzen meist ein Währungsrisiko, da sie oft in US-Dollar notieren. Wollen Anleger dieses Risiko mittels einer Hedge-Strategie ausschließen, gehen sie mit einer CFD-Position auf das Währungspaar EUR/USD long und spekulieren damit auf einen schwachen Dollar. Ähnlich funktioniert der Hedge bei Aktien. Hier gehen Anleger mit CFDs short auf ihre Aktien. Die Positionsgröße und damit der Grad der Absicherung lassen sich bei CFDs sehr einfach einstellen. Mit dem eingesetzten Kapital bestimmen Anleger beim CFD den Hebel – je weniger Kapital, desto höher der Hebel. Hier wird der besondere Vorteil gegenüber anderen Absicherungsmethoden deutlich: Bereits mit sehr wenig Kapital lassen sich große Depots absichern. Möchte beispielsweise ein Anleger sein aus DAX-Blue Chips bestehendes Depot gegen fallende Kurse absichern, muss er lediglich in DAX-Kontrakten im selben Volumen short gehen. Da die deutschen Blue Chips zusammen nahezu eins zu eins mit der der Preisentwicklung des deutschen Leitindex korrelieren, wird bei fallenden Kursen jeder Euro Verlust aus dem Depot durch die Gewinne aus dem Hedge aufgefangen - und das bei einem Kapitalaufwand von gerade mal 60,00 EUR pro CFD-DAX-Kontrakt. Beim länger laufenden Hedge werden zwei weitere Vorteile von CFDs deutlich: die niedrigen Gebührenstrukturen und die einfache Preisberechnung. Ein Hedge darf langfristig nicht viel kosten, da ansonsten diese Kosten selbst wieder ein neues Risiko darstellen und eine Hedge-Strategie ad absurdum führen würden. Darüber hinaus ist bei CFDs keine Kenntnis von komplexen Parametern wie beispielsweise Alpha, Beta oder Delta notwendig, was bei Optionsscheinen der Fall wäre. Die Hedging-Strategie ist auch für strikt konservative Anleger von höchster Relevanz, da sie eine einfache Möglichkeit bietet, die bestehenden Risiken des langfristigen Depots bei Bedarf flexibel zu minimieren. Auch Positionen in physischen Edelmetallen lassen sich so absichern, ohne die hohen Auf- bzw. Abschläge für diese in Kauf nehmen zu müssen.
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 14:19
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.11.2020, 14:52 von lomo.)
1. Verkauf der Positionen aus dem Depot kann z.B. aus steuerlichen Sicht nicht gewünscht sein. Ausserdem kann es auch zeitaufwendiger und transaktionstechnsich teurer sein als Aufbau einer Short-Position.
2. Ggf. nimmt die Short-Exposure Volatilität aus dem Portfolio raus zu dem bestimmten Zeitpunkt, den der Investor als kritisch betrachtet. Aussserdem ist es etwa bei gehebelten Positionen keine Option "einfach gar nichts zu machen, d.h. die Long-Position aufrecht erhalten, auf eine Short-Position zwecks Hedging jedoch verzichten, und warten bis der Dax eh wieder gegen Norden geht."
P.S. Das mit dem Hedgen von DAX CFD's ist wahrscheinlich eher murks. So eine Art hochgestochenes Markettiming.
RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 14:50
Schau doch mal unter marktneutraler Handel oder marktneutrale Strategie, was du so findest.
Gibt es nicht nur bei Aktien, sondern beispielsweise auch im Währungshandel.
RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 15:11
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 17:32
(10.11.2020, 14:10)KG608i schrieb: Könnte mich freundlichst jemand darauf aufmerksam machen, wo gerade mein Denkfehler liegt? :)
Dein Denkfehler liegt darin solchen Büchern zuviel Aufmerksamkeit zu schenken.
Es gibt verschiedene Gründe einen Hedge einzugehen, aber CFD Long mit CFD Short aufgrund einer "Vermutung" abzusichern gehört unter Garantie nicht dazu.
Wenn ich Long bin und vermute das es gen Süden geht, dann nehme ich Teilverkäufe vor oder verkaufe alles.
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 10.11.2020, 19:05
Wenn du ein Portfolio mit 100 Werten hast und du denkst, dass es in den kommenden Tagen ungemütlich werden könnte. Dann macht doch ein Hedge Sinn. Dann muss ich nicht 100 Werte verkaufen und danach wieder neu kaufen.
Spart auch Ordergebühren...
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 11.11.2020, 09:33
Habe das bisher (und auch in Zukunft) auch nur mal rudimentär gestreift das Thema,
aber liegt nicht der eigentliche Vorteil oder auch Reiz in einem entsprechenden Hebel ?
Wenn ich ein großes Depot habe und als Hedge eine hoch gehebelte Absicherung nehme, kann
die zwar zu einem Totalverlust führen wenn das Ereignis nicht eintritt, durch den hohen Hebel
bei geringem Einsatz "spielt" es eben entweder quasi den Verlust des großen Depots im besten
Fall wieder mit ein oder geht komplett hopps - das ist dann wie eine Versicherungsprämie zu betrachten.
So habe ich es zumindest zum Teil auch verstanden - gibt da sicher noch deutlich bessere Wege.
RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 11.11.2020, 10:28
Na dann möchte ich mich mal an einem Beispiel versuchen, das zu erklären:
Angenommen ich habe einen DAX ETF im Depot, der ungehebelt long die Dax-Performance abbildet. Die Position hat eine Größe von z.B. 10% des Depotwertes und ist bereits 20% im Plus.
Ich gehe davon aus, dass es kurzfristig zu extremer Volatilität und Abschlägen von 5% im Dax kommen kann.
Ich kann nun mit kleiner Position einen Optionsschein suchen, der bekanntlich abhängig von der steigenden Vola, stark gehebelt und insbesondere kurzfristig überproportional von einer Abwärtsbewegung profitiert. Wenn ich also 0,5% des Depotwertes in einen entsprechenden Optionsschein stecke, der aber bei einer 5% Abwärtsbewegung im Dax um 500% steigt (und das ist nicht unrealistisch), dann habe ich verschiedene Effekte, die bereits gepostet wurden:
1. Ich muss die Dax-Position nicht verkaufen -> steuerlich interessant
2. Ich habe im Depot keinen oder einen wesentlich kleineren DrawDown in diesem Zeitraum
3. Im Verlustfall habe ich nur minimale Verluste, die auch noch steuerlich gegen zukünfitge Gewinne gerechnet werden können
4. Für den Fall, dass der Dax einfach weiter steigt: Wenn es ein Optionsschein ist, verfällt dieser nicht mal wertlos, sondern kann mit Restwert verkauft werden, so dass er nicht als Totalverlust gilt und wertlos ausgebucht wird (auch wieder steuerliches Thema)
CFDs und KO-Zertifikate sind für dieses Vorgehen nicht geeignet. Für das hedging von Long-Positionen empfehle ich Optionsscheine, da der Kurs Vola-abhängig berechnet wird.
Wichtig ist, dass ich ein Ziel definiere und dieses auch konsequent durchziehe. Z. B. den SL des Optionsscheins engmaschig nachziehen, damit ich den Ausstieg aus dem Hedge am Ende der volatilen Abwärtsbewegung nicht verpasse.
Ich habe dieses Verfahren schon mehrfach angewendet und es bisher nicht bereut.
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RE: Verstehe den Nutzen von Hedging nicht | 11.11.2020, 11:26
Wenn Du nicht weisst, warum, brauchst Du es auch nicht.
Ich nutze es z.B. wenn ich von einer Aufwärtsbewegung in einem Wert überzeugt bin, aber ein Abwärtsrisiko im Gesamtmarkt sehe. Also Long im Einzelwert und zur Absicherung ein Put auf den Index.
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