(06.12.2021, 12:45)saphir schrieb: Die Linken waren ganz gewiss nicht die Antreiber.
Diese Diskussion läuft letztlich auf die Frage hinaus:
"Was ist links?" Das ist eine politische Frage, keine wirtschaftliche mehr und damit in diesem Forum unerwünscht. Was ich verstehen kann.
Nur eine abschließende Frage:
Denkst du, dass ein konservativer Politiker eine linke Wirtschaftspolitik machen kann?
Ich würde diese Frage bejahen, daher ist es für mich nicht zwingend ein Widerspruch.
saphir schrieb:In der Praxis hat sich Trump auch als Anwalt des kleinen Mannes ausgegeben und wollte keinesfalls, dass die Wirtschaft ins Straucheln gerät und hat deswegen getobt als die FED die Zinsen angehoben hat. Von Strenge in Punkto Zinspolitik also keine Spur.
In dem Punkt sind wir einer Meinung.
saphir schrieb:Ein Professor hat hier keine Ideologie zu verbreiten.
Das ist die private Meinungsäußerung eines Professors. Zudem mir bekannt ist, dass viele Professoren ihre Meinung sehr deutlich sagen.
(06.12.2021, 16:59)saphir schrieb: Natürlich gibt es auch quantitative Effekte. Z.B. sind die Universätsausbildungskosten in den USA unglaublich stark angestiegen, schon länger.
Die Universitäten in den Die Hochschullandschaft in den USA ist meines Wissens völlig anders aufgebaut. Die Universitäten haben dort zum Teil eigene Steuern, eigene Polizei und viele private Unis in den USA haben eigene Aktienstocks, aus denen sie sich finanzieren.
Der Anstieg der Preise für die Studenten hat meines Wissens auch damit zu tun, dass die Unis eben weniger durch den Markt einnehmen und viel mehr junge Leute studieren wollen.
saphir schrieb:Nach linken Konzept, würden ein Teil der Vermögen abgeschöpft und damit die Staatsfinanzen stabilisiert.
Was der Hr. Professor angreift ist ja die MMT, die ein ursprünglich linkes Konzept ist und die auch Trump propagiert hat.
In dieser Theorie ist es so, dass der Staat quasi Geld drucken kann wie er will und die Steuern nur dazu dienen, die Bürger dazu zu zwingen, auch die staatliche Währung zu verwenden, weil sie ja darin Steuern abführen müssen. Die Staatsfinanzierung kann durch die Druckerpresse erfolgen.
Diese Idee halte ich für
unwahrscheinlich.
Selbst wenn, wird hier das Gleichgewicht zwischen Güter- und Geldmenge vollständig ignoriert.
saphir schrieb:Und was die Qualität des Zentralbankgeldes anbelangt, gibt es unterschiedliche Erkenntnisse aus der Geschichte. Japan macht den Staatsanleihenkauf seit Jahrzehnten ohne desaströse Folgen für den Yen.
Mehrere Hundert Yen sind normale Preise im Supermarkt und Japan befindet sich seit Jahrzehnten in einer Art Dauerkrise, in der die Leute sich eingerichtet haben.
Die Folgen sind nicht katastrophal per se, aber die Rahmenbedingungen Japans lassen sich nicht unbedingt 1:1 auf Europa oder die USA übertragen, fürchte ich.
saphir schrieb:Und der ist wiederum auf die vielen hochwertigen Unternehmen die wir haben zurückzuführen und auf unsere Konsumzurückhaltung.
Diesen Erfolg hat in Europa im Wesentlichen nur Deutschland und das auch nur deshalb, weil es sehr viele kleine Firmen hat, die z. T. hoch dynamisch sind.
Die aktuelle Wirtschaftspolitik läuft, soweit ich es sehe, darauf hinaus, diese kleine Firmen verschwinde zu lassen zugunsten großer Platzhirsche, die dann fette staatliche Subventionen erhalten.
Meines Erachtens wird das so nicht funktionieren. Deutschland profitiert durch seine "hidden champions".
saphir schrieb:Noch eines fehlt: Es gibt ja Leute (wie z.B. Cathy Wood) die meinen die Digitalisierung wird zu erheblichen Senkungen der Produktionskosten und damit stark deflatorischen Effekte führen. Es ist schon nicht unwahrscheinlich dass ohne die Geldflut die Entwicklung noch lange nicht so weit wäre.
Das ist jetzt ein weites Feld.
Es gibt Experten, die die Produktivitätszuwächse durch die Digitalisierung sogar komplett in Zweifel ziehen.
Zudem wir den Effekt der abnehmenden Grenznutzen berücksichtigen müssen.
Digitalisierung ist kein Selbstzweck.
(06.12.2021, 18:19)Ste Fan schrieb: Fuer Lagarde ist ja mittlerweile schon Klimapolitik NB-Mandat
Was meines Erachtens auch nur geht, weil der EuGH das Thema nicht bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet hat. Von den Verträgen her wäre die EZB dazu verpflichtet, von solchen Dingen abstand zu nehmen.
Ste Fan schrieb:Konservativ waere in diesem Zusammenhang Geldpolitik im Sinne von Mises und Kumpane....
Mises, Hayek und Co. sind Wirtschaftstheoretiker, keine Propheten.
Es ist inzwischen zwar in manchen Kreisen populär, ihre Theorien als die einzig richtigen anzusehen, aber das ist meines Erachtens genauso unwahrscheinlich wie die umgekehrte Meinung.
Ste Fan schrieb:Ist die nicht nachhaltige Geldmengenausweitung (mit den Folgen fuer die Vermoegensverteilung) seitens des Staates jetzt ein linkes oder konservatives Konzept?
Eine unideologische Perspektive wäre meines Erachtens die Frage: "
Ist die Geldmengenausweitung ein gutes Mittel zum Zweck?"
Wenn man jetzt irgendwo auf der Welt einen neuen Staat gründen würde, dann könnte man sich vielleicht darauf einigen, dass die
Geldmenge konstant bleiben oder per Geld gedeckt sein muss.
De Facto leben wir in einer Welt, in der das nirgendwo der Fall ist. Weder in den USA, noch in Europa, noch in Japan und China.
Der Wirtschaftspraktiker muss also entweder abwarten, bis irgendwo ein neuer Staat entsteht (oder die Revolution ausbricht, was aufs selbe hinausläuft), oder auf dieser unperfekten Welt das Beste rausholen.
(06.12.2021, 19:02)Ventura schrieb: Falls das nicht gelingt , kann es ungemütlich werden.
Erinnert an Argentinien 2002 und anderes.
In dem Zusammenhang bin ich auf die Entwicklung in der Türkei gespannt.
Pleite sind die Staaten ja de Facto nicht. Nur die Währung und das System der Geldbeschaffung ist eine offene Frage.
Ich bin deshalb, wie Professor Rieck ja auch, der Meinung, dass wir rein strategisch durchaus eine seichte Währungspolitik fahren sollten. Nicht, weil diese Politik eine grundsätzlich gute Idee ist, sondern weil wir eh "mitgefangen, mitgehangen" spielen werden und vom System nur bestmöglich profitieren, indem wir selbst uns so stark verschulden wie es geht.
Für das Geld sollten wir dann Infrastruktur aufbauen, aber bitte solche, die unbestreitbar auch hilft.
(06.12.2021, 21:17)Vahana schrieb: In einer Welt voller Schuldner ist es die schlechteste aller Ideen der einzige Gläubiger zu sein.
Grundsätzlich absolute Zustimmung, aber es ist im Falle Deutschlands noch ein paar Schleifen komplizierter, wegen den Rentensystem, das wir jetzt die nächsten 10 Jahre irgendwie vor dem Kollaps retten müssen.
Ich sehe da schmerzhafte Entwicklungen auf uns zukommen. Vor allen Dingen viele junge Menschen erkennen ihre Möglichkeiten...
Vahana schrieb:Man kann 100x eher kritisieren dass das Geld falsch ausgegeben wird, aber die expansive Geldpolitik tut uns allen gut.
Bin ich anderer Meinung.
Vahana schrieb:Wen soll man denn bemitleiden? Denjenigen der sein Erspartes auf dem Konto hat oder in irgendwelchen festverzinslichen Anlagen?
Die Entwicklung nach der Finanzkrise zeigt uns seit über 10 Jahren wo die Reise hingeht. Wer so zäh ist in Finanzfragen der muss auch mal auf die Fresse fliegen.
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