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RE: EZB | 12.03.2020, 19:10
(12.03.2020, 18:58)saphir schrieb: So ganz verstehe ich aber nicht wieso man etwas fiskalisches tun sollte, da davon doch am meisten die Unternehmen profitieren die die höchsten Gewinne machen. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung sollte man vor allem dort helfen wo es zu so heftigen Gewinneinbrüchen kommt, dass die Existenz gefährdet ist. Und dort vielleicht Steuerboni verteilen, ok ist auch fiskalisch. Und abwarten bis sich eine gewisse Routine in den Schutz-Maßnahmen eingestellt hat.
Ich glaube das so eine Unterscheidung nur begrenzt Sinn macht. Klar kannst Du sagen Apple mit seinen 200Mrd. Cash brauch man nicht helfen, die können sich für 10 Jahre selber helfen. Aber allgemeine würd ich sagen das sehr viele Firmen (je kleiner um so mehr) ohne Finanzpolster für Monate unterwegs sind. Die können nicht für Monate ohne Umsatz existieren. Und wenn ein Reisebüro oder ein Hotel oder eine andere ernsthaft betroffene Firma keine Einnahmen hat pflanzt sich das sehr schnell fort auf andere Bereiche weil Leute die nix verdienen ganz schnell radikal an allem was nicht überlebensnotwendig sparen müssen. Das gilt es möglichst zu vermeiden.
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RE: EZB | 12.03.2020, 19:22
(12.03.2020, 19:10)jf2 schrieb: Ich glaube das so eine Unterscheidung nur begrenzt Sinn macht. Klar kannst Du sagen Apple mit seinen 200Mrd. Cash brauch man nicht helfen, die können sich für 10 Jahre selber helfen. Aber allgemeine würd ich sagen das sehr viele Firmen (je kleiner um so mehr) ohne Finanzpolster für Monate unterwegs sind. Die können nicht für Monate ohne Umsatz existieren. Und wenn ein Reisebüro oder ein Hotel oder eine andere ernsthaft betroffene Firma keine Einnahmen hat pflanzt sich das sehr schnell fort auf andere Bereiche weil Leute die nix verdienen ganz schnell radikal an allem was nicht überlebensnotwendig sparen müssen. Das gilt es möglichst zu vermeiden. Ja ok, wenn du als Ausgleich dafür bereit bist eine höhere Einkommensteuer zu bezahlen und Leuten zu helfen die keine Hilfe brauchen, dann von mir aus. Ansonsten bin ich im Moment eher "Schwabe".
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RE: EZB | 12.03.2020, 19:25
Die Frage ist ob das gut ist. Wenn die komplette Wirtschaft gelähmt wird wirst Du nichts gespart haben.
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RE: EZB | 13.03.2020, 00:26
(12.03.2020, 19:22)saphir schrieb: Ja ok, wenn du als Ausgleich dafür bereit bist eine höhere Einkommensteuer zu bezahlen und Leuten zu helfen die keine Hilfe brauchen, dann von mir aus. Ansonsten bin ich im Moment eher "Schwabe". Naja, das es allgemein die nächsten Monate schwierig wird, steht wohl ausser Frage. Geld zu verschenken ist natürlich nicht die Lösung des Problems. Ein paar Entscheidungen würden aber schon gut tun, um die aktuelle Situation für an sich gesunde Unternehmen etwas zu lindern. Dazu gehören Steuerstundungen, das erleichterte Kurzarbeitergeld und anderes. Firmen und Gewerbe, die eh schon "auf Naht gerechnet" leben, werden natürlich aussortiert werden.
Konjunkturprogramme seitens der Politik find ich im Moment auch schwachsinnig. Für die Branchen, die am meisten leiden, fällt mir nix dazu ein, wie das aktiv seitens des Staates stimuliert werden kann. Ich bin aktuell in der Hotel und Restaurant-Branche. Wenn jemand nicht reisen will, will er nicht. Ob das Doppelzimmer dann regulär 89.- oder 45.- kostet, ist egal. Emotion schlägt Sachlage...
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RE: EZB | 15.03.2020, 20:52
Christine Lagarde entschuldigt sich dafür, dass die Kommunikation der neuen EZB-Strategie so sehr in den Sand gesetzt hat.
Zitat:Christine Lagarde has apologised to other members of the European Central Bank’s governing council for her botched communication about its new monetary policy strategy which triggered a bond market sell-off last week.
https://t.co/Ts4wFhh214?amp=1
Sowas passiert halt, wenn man eine Juristin zur obersten Währungshüterin macht.
RE: EZB | 05.05.2020, 11:20
Bundesverfassungsgerichtsurteil Anleihekaufprogramm der EZB teilweise verfassungswidrig
Der Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) verstößt teilweise gegen das Grundgesetz, weil Bundesregierung und Bundestag die EZB-Beschlüsse nicht geprüft haben. Dieses Urteil verkündete das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Damit stellt es sich gegen eine vorherige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
https://www.tagesschau.de/eilmeldung/urt...en-101.htm
Kann Karslruhe überhaupt diese Allmacht der EZB stoppen??l
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RE: EZB | 13.05.2020, 06:52
(05.05.2020, 11:20)Sportler schrieb: Kann Karslruhe überhaupt diese Allmacht der EZB stoppen??l Rein rechtlich dürfte das eigentlich nicht möglich sein, da der EuGH die Handlungen der EZB als rechtlich in Ordnung eingestuft hat.
In etwas ist das so, als ob das Verfassungsgericht ein Urteil schon gesprochen hat und dann ein Landesgericht sagt, das Urteil war rechtlich falsch.
Eigentlich ist es auch ein wirtschaftliches Problem. Die Handelsungleichgewichte führen zu Finanzierungsproblemen. Da könnte man den Deutschen vorwerfen zu sehr Exportorientiert zu sein und den Importländern zu wenig versteckten Protektionismus zu betreiben oder sagen wir einen zu wenig erfolgreichen.
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RE: EZB | 14.05.2020, 19:10
(13.05.2020, 06:52)saphir schrieb: Rein rechtlich dürfte das eigentlich nicht möglich sein, da der EuGH die Handlungen der EZB als rechtlich in Ordnung eingestuft hat.
Das Bundesverfassungsgericht sieht das offensichtlich anders.
saphir schrieb:In etwas ist das so, als ob das Verfassungsgericht ein Urteil schon gesprochen hat und dann ein Landesgericht sagt, das Urteil war rechtlich falsch.
Petitio Principii!
Du jetzt einen der strittigen Gegenstände einfach voraus.
Das Bundesverfassungsgericht hat immer klargestellt, dass das Grundgesetz auch wegen seiner Menschenwürdegarantie einen nicht-übertragbaren Souveränitätskern enthält und das Verfassungsgericht deshalb das Recht hat, das Handeln der EU-Organe zu prüfen.
Zudem weise ich darauf hin, dass Europa kein Bundesstaat ist, es eine europäische Verfassung nicht gibt und das BVerfG in seiner Rechtssprechung bisher recht konsequent war.
Wenn das BVerfG aufgrund von rechtlicher Abwägung zu der Schlussfolgung gekommen ist, dass die EZB über die ihr erteilte Ermächtigung hinausgegangen ist, dann ist das ernst zu nehmen.
saphir schrieb:Eigentlich ist es auch ein wirtschaftliches Problem. Die Handelsungleichgewichte führen zu Finanzierungsproblemen. Da könnte man den Deutschen vorwerfen zu sehr Exportorientiert zu sein und den Importländern zu wenig versteckten Protektionismus zu betreiben oder sagen wir einen zu wenig erfolgreichen.
Ist es nicht zynisch, den Deutschen vorzuwerfen zu erfolgreich zu sein?
Auf Export ist Europa insgesamt angewiesen.
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RE: EZB | 14.05.2020, 21:10
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.05.2020, 21:21 von saphir.)
(14.05.2020, 19:10)Skeptiker schrieb: Das Bundesverfassungsgericht hat immer klargestellt, dass das Grundgesetz auch wegen seiner Menschenwürdegarantie einen nicht-übertragbaren Souveränitätskern enthält und das Verfassungsgericht deshalb das Recht hat, das Handeln der EU-Organe zu prüfen.
Zudem weise ich darauf hin, dass Europa kein Bundesstaat ist, es eine europäische Verfassung nicht gibt und das BVerfG in seiner Rechtssprechung bisher recht konsequent war.
Wenn das BVerfG aufgrund von rechtlicher Abwägung zu der Schlussfolgung gekommen ist, dass die EZB über die ihr erteilte Ermächtigung hinausgegangen ist, dann ist das ernst zu nehmen.
Nach meiner Kenntnis geht es im Kern darum: Das Verfassungsgericht sagt, die EZB überschreitet seine Kompetenz indem sie Wirtschaftspolitik und nicht nur Währungspolitik betreibt.
Der EuGH sieht es so: Die EZB darf unabhängig Währungspolitik betreiben. Welche Werkzeuge sie dabei einsetzen darf, ist gesetzlich geregelt.
Nun sagt wiederum die EZB, dass z.B. das Verbot der Staatsfinanzierung dadurch gewahrt bleibt, dass sie Staatsanleihen nur am Sekundärmarkt kauf, also nicht direkt von Staaten, sondern vom Kapitalmarkt. Und dort auch nur bis zu einer gewissen Grenze, mit Verzögerung und es wird nicht angekündigt wann sie aktiv wird. Dadurch sieht sie sicher gestellt, dass der Markt nicht übergangen wird, also keine verbotene Staatsfinanzierung statt findet.
Das EuGH hat das bisher auch so bestätigt.
Im Grunde prüft der EuGH dabei nur die Verfahrensweise, zumindest hat er das bisher so gemacht. Das Verfassungsgericht wiederum sieht welche praktischen Auswirkungen dabei passieren und sagt, dass es de fakto eben doch Staatsfinanzierung und Wirtschaftspolitik ist was die EZB macht.
Und auf dieser Basis, sieht es dann wohl den EU-Vertrag und unsere Verfassung gebrochen. Das wird man ernst nehmen. Unsere Verfassung wohl insofern, dass es sagt, dass unserer Verfassung zu Rechtsstaatlichkeit zu Grunde gelegt ist. Das finde ich auch sehr gewagt. Das ist wohl der Affront gegen den EuGH.
Trotzdem hab ich meine Zweifel. Denn: Im Grunde wendet die EZB ein Schlupfloch an. Dies passiert aber ständig in unserem Rechtssystem und zwar so lange bis der Gesetzgeber das Schlupfloch schließt, unabhängig davon ob es die Absicht vom Gesetzgeber nicht war, ein Schlupfloch zu benutzen, sondern natürlich der Intension des Gesetzes zu folgen.
Von daher, vermute ich wird es schwer da juristisch etwas zu erreichen. Im Grunde müsste der EU-Vertrag geändert werden. Gleichzeitig hat der EuGH wohl Spielraum, also er könnte wohl auch der EZB stärkere Grenzen setzten. Was er bisher nicht tut.
Zitat:Ist es nicht zynisch, den Deutschen vorzuwerfen zu erfolgreich zu sein?
Auf Export ist Europa insgesamt angewiesen.
Finde ich nicht. Ich finde es eher zynisch einen Wirtschaftsraum zu schaffen, wo das Problem der Handelsungleichgewichte nicht geregelt ist. Wenn nun dauerhaft ein Teilnehmer Überschüsse erwirtschaftet entstehen gleichzeitig Zahlungsverpflichtungen beim anderen und natürlich steigend. Wo soll das enden? So zumindest wollen es einige, nämlich dass aus den Targetsalden und auch der EZB-Aktivität Schuldverbriefungen werden. Und zwar zwischen den Nationalstaaten.
Das würde die EU zerbrechen, vermute ich.
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Karlsruhe zum EZB-Programm | 18.05.2020, 08:12
(14.05.2020, 21:10)saphir schrieb: Nach meiner Kenntnis geht es im Kern darum: Das Verfassungsgericht sagt, die EZB überschreitet seine Kompetenz indem sie Wirtschaftspolitik und nicht nur Währungspolitik betreibt.
Richtig. Und Karlsruhe schreitet jetzt ein, um die demokratischen Mitbestimmungsrechte von uns Bundesbürgern zu schützen.
saphir schrieb:Der EuGH sieht es so: Die EZB darf unabhängig Währungspolitik betreiben. Welche Werkzeuge sie dabei einsetzen darf, ist gesetzlich geregelt.
Die Frage lautet, ob diese "gesetzlichen Regelungen" im Rahmen von Ermächtigungen erfolgten, die völkerrechtlich abgesichert sind.
saphir schrieb:Dadurch sieht sie sicher gestellt, dass der Markt nicht übergangen wird, also keine verbotene Staatsfinanzierung statt findet.
Ich persönlich halte diese Argumentation für problematisch. Mag sein, dass der einzelne EU-Staat nicht weiß, ob das EZB morgen seine Papiere kaufen wird, aber wenn ein Anleihenkaufprogramm läuft, dann wissen das die Marktakteure und das wiederum wirkt sich auf deren Handlungsweise aus. Es findet also eine Marktverzerrung statt.
Das führt dann dazu, dass Papiere teils über ihren Wert verkauft werden können.
saphir schrieb:Das Verfassungsgericht wiederum sieht welche praktischen Auswirkungen dabei passieren und sagt, dass es de fakto eben doch Staatsfinanzierung und Wirtschaftspolitik ist was die EZB macht.
Ich glaube, du hast das recht gut zusammengefasst.
saphir schrieb:Was er bisher nicht tut.
Was vielleicht auch mit der personellen Zusammensetzung zusammenhängen könnte.
saphir schrieb:Das würde die EU zerbrechen, vermute ich.
Das strukturelle Problem des Euros wurde von Ökonomen schon vor der Einführung erkannt und bemängelt. Es hat nur niemand darauf gehört.
Ich halte die Argumentation für logisch nachvollziehbar, dass es sich beim Euro um einen Kooperationskiller handeln könnte. Das wird so oder so langfristig zum Problem werden.
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