Motto: Die ganze Welt ist Schachbrett
und alle Menschen bloß Figuren
Herumgeführt, ohne ihr Wissen
zu für sie unbekannten Zielen
und alle Menschen bloß Figuren
Herumgeführt, ohne ihr Wissen
zu für sie unbekannten Zielen
Erstmal
Liebe Stammtischschwestern und -brüder und sonstige,
unter dem Titel "Video: Rieck über die Anschläge auf North Stream" habe ich auf die Analyse von Professor Rieck über die Sprengungen in den Nordstream-Pipelines hingewiesen. Inzwischen kann über dieses Thema auch in einem anderen Thread spekuliert werden.
Nach meiner Einschätzung war die Analyse von Rieck in diesem Video nicht spieltheoretisch, jedenfalls nicht rein spieltheoretisch. Er hat keine Output-Matrizen untersucht oder Zufallsverteilungen und anderen Auswirkungen auf die Konsequenzen, sondern hat einfach Pro- und Conta-Argumente in eine Tabelle einsortiert.
Das ist sicherlich schon mal rationaler als das, was die meisten Medienkommentatoren getan haben. Es ist damit aber keine Spieltheorie. Das nur mal gesagt. Wir haben es hier sozusagen mehr mit dem Deutschunterricht und strukturierter Erörterung als mit einer Mathevorlesung zu tun. Was den Wert so einer Erörterung nicht reduziert.
Nachdem diese Kritik im letzten Abschnitt geklärt wurde, möchte ich noch den Zusatz schreiben, um den es mir eigentlich geht. Der Professor hat nämlich inzwischen zwei weitere Videos rausgebracht, in denen er auf Kritik an seinem ersten Video eingeht und seine Analyse korrigiert.
Ich habe das starke Gefühl, es wäre einfach unfair ihn gegenüber, nicht noch mal darauf hinzuweisen.
Das erste der beiden Videos korrigiert die Analyse unter den hinzugekommenen Wissen, dass eine der beiden Röhren noch steht. Am Ende kommt er zu dem Ergebnis, dass Amerikaner und Russen ungefähr gleich wahrscheinlich sind. Das widerspricht zwar meiner Einschätzung, aber damit kann ich leben.
Meine Einschätzung ist auch nicht rein spieltheoretisch, sondern speist sich letztlich aus Menschenkenntnis und meiner subjektiven Einschätzung.
Das zweite der beiden Videos ist wesentlich interessanter, denn es geht in die spieltheoretischen Vollen.
In der Tat ist es wichtig zu berücksichtigen, dass die Interessenlage und damit auch das zweckrationale Kalkül verschiedener Akteure unterschiedlich ist. Viele Kommentatoren interpretieren Ereignisse durch eine stark ökonomische Brille. Dies ist aber bei militärischen Feldherren vielleicht nicht unbedingt vorauszusetzen.
Die denken vielleicht ausschließlich daran, den "Feind" endlich zu besiegen oder sowas. Man kann jetzt ökonomisch oder utilitaristisch einwenden, dass es für das langfristige Wohl auch der Sieger besser ist, wenn gewisse Infrastruktur unbehelligt bleibt. Wenn sie aber in der Hand des Feindes liegt und diesem hilft, dann kann es schon logisch erscheinen, sie zu zerstören.
Ich persönlich denke nach wie vor, dass man folgendes in Erwägung ziehen muss:
Die Zerstörung richtete sich in erster Linie an die unentschlossenen oder Putins Regime ablehnenden Russen. Den Russen selber soll einfach signalisiert werden, dass die "Brücke nach Westen" abgebrochen werden muss. Das scheint mir da sehr symbolträchtig. Da hat jemand ein Gespür für Bilder.
Soweit ich weiß wurde der russischen Öffentlichkeit das Ganze natürlich anders verkauft, aber das ist kein großer Schaden. Die potenzielle russische Opposition wird den dortigen Medien sowieso misstrauen, sonst wären sie nicht in der Opposition, sondern pro-Putin.
In zweiter Linie wendet sich das Signal an die westlichen Entscheidungsträger, insbesondere Spitzenpolitiker, Geheimdienste, aber auch z. B. Bürgermeister und CEOs. Eben alle Leute, die kritische Entscheidungen treffen. Man will seine Entschlossenheit einfach unmissverständlich klar machen, nachdem Russland von dieser Seite schon Sanktionen usw. erfahren hat.
Das irgendwelche Leute im internationalen Internet jetzt die USA verdächtigen, das nimmt man als angenehme Nebenwirkung mit, ist aber nicht die Hauptwirkung.
Die Amerikaner sind allerdings auch potenzielle Kandidaten. Von ihrer Interessenlage her wäre es für sie von Vorteil, wenn die Europäer auf ihr Fracking-Gas angewiesen wären und die Geschichte zeigt, dass die US-Außenpolitik zu so etwas durchaus fähig wäre.
Dennoch halte ich die russische Regierung für den plausibleren Kandidaten.
So, schönes Wochenende, das wars erstmal.
Ich will noch am Montag was schreiben über den "Nobelpreis für Wirtschaft".