(27.02.2022, 09:11)Vahana schrieb: Was soll man von einem Staatsoberhaupt halten, der weiß das der Krieg sowieso verloren wird und dann die Zivilisten inkl Frauen mit Waffen ausrüstet?
Ein Zivilist hat gar keine Chance gegen ausgebildtete Kräfte und das weiß auch jeder.
Der verheizt seine Bevölkerung in der Hoffnung das ganz ganz schlimme Bilder entstehen und das dann doch noch Hilfe kommt.
Kein Held.
Das sehe ich tatsächlich elementar anders. Für Jeden, der das immer noch nicht verstanden hat, dies ist ein Angriffskrieg -
keine Friedensmission, kein Verteidigungskrieg seitens Russland. Ob diese Sicht zu 100 % gerechtfertigt ist mal außen vor
gelassen und dieser Krieg wird NICHT nur gegen die Ukraine geführt, sondern gegen eine Staatengemeinschaft und den
Wunsch der aller- allermeisten Menschen auf diesem Planeten. Es lohnt sich also sehr wohl, da genau hinzuschauen
und die Flinte nicht gleich ins Korn zu werfen. Der Paradigmenwechsel (Waffenlieferungen, teilweise Swift) usw.,
der auch grade von uns hier in DE durchgeführt wird, zeigt ja deutlich wie ernst die Lage diesmal ist.
Meines Erachtens sind wir deutlich näher am 3. Weltkrieg wie noch zur Kuba-Krise. Wir drängen Putin (aus meiner Sicht zu Recht !)
aktuell mit aller Macht in die Ecke und bei aller Rechtfertigung dafür, müssen wir auch über die Konsequenzen
mal nachdenken, die das nach sich ziehen kann. Denn diesmal wird das nicht irgendwo ausgetragen, sondern
schon jetzt bereits vor unserer Haustür und vielleicht sogar demnächst dahinter...
Jetzt dort nur "zuzuschauen" wäre ein fataler Fehler - in den kommenden Tagen/Wochen entscheidet sich
ein ziemlich großer Teil einer (neuen oder alten ?) Weltordnung. Putin wird nach der Ukraine nicht aufhören,
da muss man nur mal lesen und zuhören was der in den letzten Jahren von sich gegeben hat. Da hat das
noch keiner Ernst genommen. Jetzt hoffentlich schon.
Die Gegenmaßnahmen - wenn auch hier vielfach belächelt - sind jetzt schon viel extremer als ich - und
mit ziemlicher Sicherheit auch Putin - erwartet haben.
Das Selensky sich mit allem wehrt was er hat, kann ich nachvollziehen und sein Volk nimmt ihm das
in Gänze sicher nicht übel. Das man sich derzeit heroisch wehrt und so weiter ist aber auch nur
Propaganda, ebenso das Russland gedacht hätte das man viel schneller durch ist mit dieser
"Friedensmission". Kiew wird in den kommenden Tagen fallen und der Krieg (vorerst) beendet
werden.
Was das dann in den kommenden Wochen/Monaten für uns alle bedeutet ist im Moment nicht
absehbar.
Was ich derzeit faszinierend finde ist die hohe Bereitschaft auch der russischen Bevölkerung sich
gegen die eigene Regierung aufzulehnen, da findet aktuell ziemlich viel statt, sowohl auf den
Straßen, als auch intellektuell über Botschaften an den eigenen Präsidenten von Lehrern,
Wissenschaftlern usw. Die gehen enorme Risiken ein in irgend einem Arbeitslager zu
verschwinden, das zeigt ja wie wenig das Volk hinter seiner "Regierung" steht.
Lancelot hat das ja schon sehr gut heraus gearbeitet, wir kämpfen aktuell nicht gegen
den oder die "Russen", also nicht gegen das Volk, sondern gegen die Diktatur die Russland
seit knapp 20 Jahren unterdrückt. Für mich ein sehr wichtiger Unterschied - auch für eine
mögliche Zeit "danach".
Bevor das wieder kommt - nein wir oder die Amis sind in vielen Dingen nicht einen Deut besser,
in dem wie wir das Sicherheitsbedürfnis des Ostens in den letzten Jahrzehnten mit Füßen getreten
haben und tragen eine große Mitschuld an der jetzigen Eskalation.
Aber es ist und bleibt ein feiger und perfider Angriffskrieg auch auf uns als Gesellschaft, und da
sollte man Selensky eher dankbar sein, als ihm noch vorzuwerfen, sein Volk zu verheizen.
Sprich mal mit den Westukrainern, ob die sich verheizt fühlen und da nehme ich bewusst
die Klitschkos usw. mal aus. Auch das ist Propaganda. Nimm den kleinen Mann auf der Straße.
Die sind bereit zum äussersten, denn das was wir den oder dem "Russen" immer an Stolz zusprechen,
den haben die Ukrainer (logisch!) in selbem Maße und das KÖNNTE das sein was Putin auf die Füße fällt.
Ich denke Putin hat hier viele Dinge unterschätzt und seine strategischen Überlegungen haben
viele, wichtige Faktoren nicht richtig berücksichtigt. Egal wie das ausgeht, gewinnen kann er
auf seinen Lebenszyklus betrachtet nicht. Es werden sehr viel mehr Jahre vergehen müssen
um das wieder zu kitten.
Wir - also du und ich und jeder Andere hier, sitzen in unserem (noch) geheizten Zuhause und die meisten
denken immer noch, das wird schon alles demnächst enden, es gibt Gespräche und dann war das mal
ein sehr, sehrstarkes Säbelrasseln nach vielen Jahren Frieden. Ich glaube das nicht, da hat sich was sehr
elementares geändert. Auch die Zurückhaltung der Chinesen, die jetzt klar gesagt haben das sie keine der
Sanktionen unterstützen ist ein klares Indiz, das hier grade ziemlich viel doch sehr elementar auf dem
Prüfstand steht und die nächsten Jahre oder Jahrzehnte wir mit unseren Wohlstandswampen vielleicht
auch noch mal ganz anders über gewisse Dinge nachdenken müssen. Vielleicht sind Reisen oder der
nächste Kneipenbesuch oder die Börsenkurse dann gar nicht mehr so relevant, sondern viel
existenziellere Fragestellungen, die dann im Vordergrund stehen.
Nach Corona ist das die nächste Belastungsprobe die wir alle vor uns haben.