Russische Bevölkerung wird zunehmend kriegsmüde
Die Mobilmachung und militärische Rückschläge dämpfen die Unterstützung für den russischen Angriffskrieg. Die Gefechte um Bachmut nutzen vor allem der Ukraine.
1. Dezember 2022, 10:07 Uhr
Die Unterstützung in der russischen Bevölkerung für den Angriffskrieg gegen die
Ukraine sinkt. Das zeigen aktuelle Umfragen. So befürworten 55 Prozent der Russen demnach Friedensgespräche mit der Ukraine, nur ein Viertel der Bevölkerung sprach sich zuletzt dafür aus, den Krieg fortzusetzen. Diese Zahlen stammen aus internen Umfragen aus dem Kreml, die das
regierungskritische Nachrichtenportal Meduza veröffentlichte.
Ähnliche Umfragewerte veröffentlichte auch das unabhängige Umfrageinstitut Lewada.
57 Prozent der Befragten sind demnach für Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien, rund ein Drittel von ihnen sprach sich für eine Fortsetzung des Krieges aus. Die Unterstützung für Friedensgespräche mit der Ukraine sei laut Lewada-Chef Denis Wolkow mit Verkündung der Teilmobilmachung in
Russland enorm gewachsen. Auch die Unruhen im Zusammenhang mit der Mobilmachung und militärische Misserfolge Russlands in der Ukraine hätten die Unterstützung für den Angriffskrieg gedämpft. Im Juli hätten sich noch 57 Prozent der Befragten laut kremlinterner Umfragen für ein andauerndes Kriegsg
eschehen ausgesprochen.
Die Teilmobilmachung geht unterdessen nach Angaben ukrainischer und russischer Quellen weiter – trotz ihres offiziell verkündeten Endes. In einem
Mitschnitt aus einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Mobilmachungshotline gibt diese zu, dass die Mobilmachung so lange weitergehe, wie mobilisierte Einheiten in der Ukraine kämpften. Das berichtet das Institute for the Study of War (ISW) in seinem
täglichen Lagebericht.
Kreml versucht Kritik an Kriegsführung zu unterdrücken
Die russische Regierung hat in den vergangenen Tagen neue Gesetze verabschiedet, die die Definition des russischen Rechtsbegriffs "ausländischer Agent" ausweitet, wie die Analystinnen und Analysten des ISW berichten. Wen die Regierung in Moskau und ihre Verwaltungsbehörden auf Basis willkürlicher und politisch motivierter Kriterien als solchen bezeichnen, der muss mit Strafverfolgung rechnen. Das Gesetz wurde erstmals 2012 eingeführt und seitdem ausgeweitet. Es wird insbesondere gegen Kritikerinnen und Kritiker des Regimes in Moskau angewendet, darunter Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/kart...bewegungen