(04.04.2022, 07:56)Praeriebaer schrieb: Wenn es denn irgendeinen Weg gäbe, sich mit der Ukraine zu solidarisieren ohne Moskau restlos wegzubomben, dann wäre ich dabei. Den gibts aber nicht und der stand auch nicht zur Debatte. Wir haben hier Staatsmänner, die beide bereit sind ihr volles Humankapital zu opfern statt die weiße Fahne zu schwenken obwohl die Profiterwartung auf beiden Seiten gleich Null ist. Wer auch immer nach 2 bis 7 Jahren noch als Sieger auf dem Platz steht wird nüschts davon haben.
Der erste Satz ist wichtig und hätte ich so nicht erwartet. Hut ab. Das es den nicht gibt, bin ich auch bei dir. Das ist das Dilemma.
Ich glaube aber auch, es ist aktuell der Punkt gekommen, an dem man hinterfragen kann, ob der Westen und die Ukraine
ggf. bisher doch nicht so falsch reagiert und agiert haben. Rein und wirklich nur von den Fakten her.
War es nicht am Anfang dieses Krieges so, das nahezu Jeder der Meinung war, das die Ukraine keine Chance hat und den Krieg
verlieren wird und ist es nicht mittlerweile so, das sich Russland - zumindest temporär - "nur noch" um den Bereich Dombass und die Krim
kümmern möchte ?
Hat Putin nicht eher die Intention eines "Blitzkrieges" verfolgt mit der Einnahme der ganzen Ukraine ? Wo steht er jetzt ?
Wenn du von einer Profiterwartung auf
beiden Seiten gleich Null sprichst, kann ich das aus ukrainischer Sicht nicht teilen.
Sie haben eine reelle Chance, das weite Teile des Landes souverän und in Freiheit leben können. Ich kann da sehr wohl erkennen, das sich das kämpfen
bis hierhin aus
deren Sicht durchaus gelohnt hat.
Ob es das
"wert" war oder ist, vermag ich nicht zu beurteilen, ich bin bisher nie in einer solchen Situation gewesen und glaube darüber hinaus,
das die entschlossene Reaktion der Ukraine, aber auch des Westens dazu bei getragen hat, das das hoffentlich so bleibt.
Aus meiner persönlichen Sicht sind hier wichtige rote Linien für Russland/Putin markiert worden.
Ich bin in Summe weder Pro Ukraine, noch Pro Russland und kann die Art und Weise wie sich sowohl Selensky, als auch Melnyk hier präsentieren,
nur noch schwer ertragen. So richtig verübeln kann ich es den beiden aber auch nicht, denn da gibt es noch die menschliche Seite in mir,
mir fehlt Gott sei dank die Emotion zu dem, was die derzeit erleben müssen.
Ich für meinen Teil weiss nicht, wie ich mit diesen Bildern in meinem Land umgehen würde. Ich glaube, da ginge mir jede Menge Rationalität
verloren und ich würde ähnlich "überreagieren", wenn ich mir die Bilder vom Wochenende in Butscha anschauen müsste.
Die Folgen für uns sind aktuell noch überschaubar, klar das wird sich ändern, wenn Putin das Gas abdreht. Bei Öl und Kohle wird unterm Strich
bereits kurzfristig nicht viel passieren.
Das ist eine reale Gefahr und unser "Einsatz" in diesem Spiel. Ob sich das dann für uns gelohnt hat am Ende,
ist ebenso wenig absehbar wie für die Ukraine. Aber noch - und das muss eben mal klar gesagt werden - geht es für uns "nur" um einen massiven
Verlust von Wohlstand und das würde uns noch sehr lange beschäftigen.
Aber wir fürchten nach wie vor noch nicht um unser Leben und dürfen sogar in einem solchen Forum oder in der Öffentlichkeit schreiben was wir wollen.
Alles in allem kann ich für mich zum
jetzigen Zeitpunkt nur feststellen, das die Situation in Summe bisher besser verlaufen ist als anfänglich befürchtet.
Meiner persönlichen Meinung nach wird in einer "Pro" Putin Argumentation immer der Fehler begangen, das man ihn für einen integren
Menschen hält und ihm nicht den Kriminellen sieht, der er eigentlich ist. Also geht man irgendwie automatisch davon aus, das wir ihn einfach
die Ukraine hätten einnehmen lassen können und dann wäre er fertig gewesen. Ich glaube das nicht, von Anfang an habe ich gesagt, das er
austestet wie weit er gehen kann und wie schwach der Westen wirklich ist. Damit kann ich falsch liegen, keine Frage - aber was wenn nicht ?
Das ist es was ich mit roten Linien meinte und auch wenn man Putin in vielen Punkten verstehen möchte, es gibt nach wie vor
nichts was
diesen Angriffskrieg rechtfertigt in meinen Augen.