Das wird immer Planwirtschaftlicher:
Dürre in Frankreich:Ein bisschen Wasser für Tomaten, ein bisschen für Atomkraft
Frankreich befindet sich im klimatischen Ausnahmezustand und streitet ums Wasser: Das Grundwasser versiegt, die Proteste eskalieren. Eine neue Strategie soll beruhigen.
Von Annika Joeres
22. April 2023
Dass sich Frankreich in einem klimatischen Ausnahmezustand befindet, erfuhren die Bewohnerinnen und Bewohner von vier südfranzösischen Kommunen vor wenigen Tagen per SMS. Diese enthielt eine Warnung, das Leitungswasser zu trinken – es könne gesundheitsgefährdend sein. Das Grundwasser ist in der Winterdürre so tief gesunken, dass es nicht mehr aus der üblichen Bohrstelle entnommen werden konnte. ...
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich am Lac de Serre-Ponçon, dem größten Stausee Frankreichs, nicht weit von den Feuern entfernt, seinen nationalen Wasserplan vorgestellt. Er ist der Erste seiner Art in Frankreich. Macron sparte dabei nicht an eindringlichen Worten: "Wir hatten eine außergewöhnliche Dürre im vergangenen Sommer, mit 2.000 Kommunen, die um ihr Trinkwasser fürchten oder es sogar nicht mehr zur Verfügung stellen konnten", sagte er. "Aber diese Dürre wird in Zukunft nicht außergewöhnlich sein – nichts deutet darauf hin, dass sich die Situation verbessern wird." Aufgrund der Klimakrise stünde Frankreich im Jahr 2050 bis zu 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung. "Daher müssen wir nun vorsorgen, allein schon, um über den nächsten Sommer zu kommen."...
Tatsächlich prophezeite Macron sogar, dass in Zukunft noch mehr Felder künstlich beregnet werden müssten als bislang. Mit neuen Techniken, etwa der sparsamen Tröpfchenbewässerung, ließe sich der Konsum insgesamt zwar auf gleichem Niveau halten. Doch Reghezza ist das zu wenig ambitioniert. "Wir kommen mit kleinen Gesten und neuen Technologien allein nicht weiter", sagt sie. ...
Landesweit sollen Bürgerinnen und Bürger weniger Geld bezahlen für die ersten Kubikmeter Wasser, die sie nutzen. Diese sollen ausreichen, um den Grundbedarf zu decken – um zu trinken, zu kochen, zu duschen und Wäsche zu waschen. Für alle weiteren Verbräuche, die Macron als "Komfort-Konsum" bezeichnete, sollen dann höhere Tarife gelten.
Tatsächlich prophezeite Macron sogar, dass in Zukunft noch mehr Felder künstlich beregnet werden müssten als bislang. Mit neuen Techniken, etwa der sparsamen Tröpfchenbewässerung, ließe sich der Konsum insgesamt zwar auf gleichem Niveau halten. Doch Reghezza ist das zu wenig ambitioniert. "Wir kommen mit kleinen Gesten und neuen Technologien allein nicht weiter", sagt sie. ...
In der Landwirtschaft müssten andere Sorten genutzt werden, die Böden müssten bedeckt und damit besser vor Verdunstung geschützt und das vielversprechende Modell der Agroforstwirtschaft flächendeckend eingeführt werden: In diesem werden Bäume – etwa Walnuss- oder Apfelbäume – auf Feldern gepflanzt, spenden so Schatten und bringen zusätzliche Erträge. "Wir müssen größer denken – und die Transformation finanziell, juristisch und steuerlich ermöglichen." ...
Wer hat Vorrang? Sind es die Golfplätze, die Touristen anziehen? Oder doch eher Landwirte und Landwirtinnen, die Tomaten und Pfirsiche kultivieren? Schon jetzt gelten in der touristischen Region der Alpes-Maritimes, die sich von Saint-Tropez bis zur französisch-italienischen Grenzstadt Menton am Mittelmeer entlang zieht, strenge Regeln: Bauern und Bäuerinnen dürfen nur noch zwischen zwanzig Uhr abends und acht Uhr morgens bewässern....
Auch die Atomkraftwerke, die zu den größten Wassernutzern im Land zählen, sollen sparsamer Strom produzieren. Bestimmte Baulinien geben das meiste Wasser wieder zurück an die Flüsse, erwärmt durch den Kühlungsprozess im Reaktor. Bei anderen entweicht es als Wasserdampf unwiederbringlich in die Luft. Beides wird in trockenen Zeiten große Probleme bei der Energieversorgung bereiten: Das Land ist zu rund 70 Prozent von Atomstrom abhängig. Das für sie verfügbare Flusswasser wird in der Klimakrise weniger werden und das von den Kraftwerken erwärmte Wasser, das in die Flüsse zurückgeleitet wird, belastet bei Hitze zusätzlich die Ökosysteme....
Fachleute gehen davon aus, dass die Rhône, der größte Fluss Südfrankreichs mit fünf angesiedelten Kernkraftwerken, bis 2050 im Schnitt bis zu 40 Prozent weniger Wasser tragen wird. "Wir müssen unsere Atomkraftwerke an diese Bedingungen anpassen und sie umbauen", sagte Macron dazu in seiner Rede. Viele Experten bezweifelten jedoch daraufhin, dass sich der Verbrauch der AKW so leicht verringern ließe. Ein Mitarbeiter des Umweltministeriums wird in einem Artikel des Magazins Le Point mit den Worten zitiert, es sei kein Geld für mögliche Umbauten eingeplant – denn die Kosten wären "exorbitant und der Nutzen gering"....
https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-0...ettansicht
Dürre in Frankreich:Ein bisschen Wasser für Tomaten, ein bisschen für Atomkraft
Frankreich befindet sich im klimatischen Ausnahmezustand und streitet ums Wasser: Das Grundwasser versiegt, die Proteste eskalieren. Eine neue Strategie soll beruhigen.
Von Annika Joeres
22. April 2023
Dass sich Frankreich in einem klimatischen Ausnahmezustand befindet, erfuhren die Bewohnerinnen und Bewohner von vier südfranzösischen Kommunen vor wenigen Tagen per SMS. Diese enthielt eine Warnung, das Leitungswasser zu trinken – es könne gesundheitsgefährdend sein. Das Grundwasser ist in der Winterdürre so tief gesunken, dass es nicht mehr aus der üblichen Bohrstelle entnommen werden konnte. ...
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich am Lac de Serre-Ponçon, dem größten Stausee Frankreichs, nicht weit von den Feuern entfernt, seinen nationalen Wasserplan vorgestellt. Er ist der Erste seiner Art in Frankreich. Macron sparte dabei nicht an eindringlichen Worten: "Wir hatten eine außergewöhnliche Dürre im vergangenen Sommer, mit 2.000 Kommunen, die um ihr Trinkwasser fürchten oder es sogar nicht mehr zur Verfügung stellen konnten", sagte er. "Aber diese Dürre wird in Zukunft nicht außergewöhnlich sein – nichts deutet darauf hin, dass sich die Situation verbessern wird." Aufgrund der Klimakrise stünde Frankreich im Jahr 2050 bis zu 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung. "Daher müssen wir nun vorsorgen, allein schon, um über den nächsten Sommer zu kommen."...
Tatsächlich prophezeite Macron sogar, dass in Zukunft noch mehr Felder künstlich beregnet werden müssten als bislang. Mit neuen Techniken, etwa der sparsamen Tröpfchenbewässerung, ließe sich der Konsum insgesamt zwar auf gleichem Niveau halten. Doch Reghezza ist das zu wenig ambitioniert. "Wir kommen mit kleinen Gesten und neuen Technologien allein nicht weiter", sagt sie. ...
Landesweit sollen Bürgerinnen und Bürger weniger Geld bezahlen für die ersten Kubikmeter Wasser, die sie nutzen. Diese sollen ausreichen, um den Grundbedarf zu decken – um zu trinken, zu kochen, zu duschen und Wäsche zu waschen. Für alle weiteren Verbräuche, die Macron als "Komfort-Konsum" bezeichnete, sollen dann höhere Tarife gelten.
Tatsächlich prophezeite Macron sogar, dass in Zukunft noch mehr Felder künstlich beregnet werden müssten als bislang. Mit neuen Techniken, etwa der sparsamen Tröpfchenbewässerung, ließe sich der Konsum insgesamt zwar auf gleichem Niveau halten. Doch Reghezza ist das zu wenig ambitioniert. "Wir kommen mit kleinen Gesten und neuen Technologien allein nicht weiter", sagt sie. ...
In der Landwirtschaft müssten andere Sorten genutzt werden, die Böden müssten bedeckt und damit besser vor Verdunstung geschützt und das vielversprechende Modell der Agroforstwirtschaft flächendeckend eingeführt werden: In diesem werden Bäume – etwa Walnuss- oder Apfelbäume – auf Feldern gepflanzt, spenden so Schatten und bringen zusätzliche Erträge. "Wir müssen größer denken – und die Transformation finanziell, juristisch und steuerlich ermöglichen." ...
Wer hat Vorrang? Sind es die Golfplätze, die Touristen anziehen? Oder doch eher Landwirte und Landwirtinnen, die Tomaten und Pfirsiche kultivieren? Schon jetzt gelten in der touristischen Region der Alpes-Maritimes, die sich von Saint-Tropez bis zur französisch-italienischen Grenzstadt Menton am Mittelmeer entlang zieht, strenge Regeln: Bauern und Bäuerinnen dürfen nur noch zwischen zwanzig Uhr abends und acht Uhr morgens bewässern....
Auch die Atomkraftwerke, die zu den größten Wassernutzern im Land zählen, sollen sparsamer Strom produzieren. Bestimmte Baulinien geben das meiste Wasser wieder zurück an die Flüsse, erwärmt durch den Kühlungsprozess im Reaktor. Bei anderen entweicht es als Wasserdampf unwiederbringlich in die Luft. Beides wird in trockenen Zeiten große Probleme bei der Energieversorgung bereiten: Das Land ist zu rund 70 Prozent von Atomstrom abhängig. Das für sie verfügbare Flusswasser wird in der Klimakrise weniger werden und das von den Kraftwerken erwärmte Wasser, das in die Flüsse zurückgeleitet wird, belastet bei Hitze zusätzlich die Ökosysteme....
Fachleute gehen davon aus, dass die Rhône, der größte Fluss Südfrankreichs mit fünf angesiedelten Kernkraftwerken, bis 2050 im Schnitt bis zu 40 Prozent weniger Wasser tragen wird. "Wir müssen unsere Atomkraftwerke an diese Bedingungen anpassen und sie umbauen", sagte Macron dazu in seiner Rede. Viele Experten bezweifelten jedoch daraufhin, dass sich der Verbrauch der AKW so leicht verringern ließe. Ein Mitarbeiter des Umweltministeriums wird in einem Artikel des Magazins Le Point mit den Worten zitiert, es sei kein Geld für mögliche Umbauten eingeplant – denn die Kosten wären "exorbitant und der Nutzen gering"....
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Kinder wollen nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln entzündet werden.